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Um die Wurst (German Edition)

Um die Wurst (German Edition)

Titel: Um die Wurst (German Edition)
Autoren: Michael Moritz
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Schon nach wenigen Bissen atmete er durch. Die Salami war gut, aber verdammt scharf. Er trank einen Schluck Riesling. Es war klar, dass er nicht so schnell nach Hause kommen würde, wie er geplant hatte.
    *
    Belledin nahm einen kräftigen Bissen von dem mit Bierschinken und Essiggurke belegten Brot, das Biggi ihm mit auf die Fahrt gegeben hatte. Sie wusste, dass er nach dem Sex immer Hunger hatte.
    Die Landstraße nach Breisach war jetzt leer, er konnte Gas geben. An der Art, wie er aufs Pedal trat, merkte er, dass die hormonelle Anspannung aus ihm gewichen war. Er raste nicht, er fuhr schnell. Und das mit Bedacht. Ebenso bedächtig würde er den brutalen Mord lösen.
    Und er freute sich darauf, in seiner ehemaligen Schule zu ermitteln. Einmal dort Fragen zu stellen, wo man selbst gelöchert und an den Pranger gestellt worden war. Oh nein, die Schule war für ihn kein Spaß gewesen. Er hatte zu kämpfen gehabt, in allen Fächern. Aber zum Lernen war kaum Zeit gewesen. Direkt nach der Schule war es in die Reben oder aufs Feld gegangen. Dass er überhaupt aufs Gymnasium gehen durfte, war schon Gunst genug gewesen. Dass er dafür aber noch Extrazeit zum Lernen bekam – unmöglich. Er, der Nachzügler, hatte mit anpacken müssen. Auf dem Hof ging nichts von selbst. Die Natur war unerbittlich. Die Lehrer waren es ebenfalls. Aber er hatte sich durchgebissen und war Hauptkommissar der Freiburger Kripo geworden, während Mitschüler von damals, die bessere Noten und günstigere Voraussetzungen gehabt hatten, auf der Strecke geblieben waren.
    Er überlegte, wer von den alten Paukern wohl noch im Schuldienst war. Mathelehrer Ripple würde er jetzt gerne in die Zange nehmen. Der Kerl, der ihn vor der ganzen Klasse bei komplexen Zahlen rundgemacht und ihm attestiert hatte, dass eher ein Huhn eine Kartoffel legen als Belledin das logische Denken erlernen würde. Das hatte ihn so beschäftigt, dass er tatsächlich hin und wieder auf dem Hof nachgesehen hatte, ob eines der Hühner nicht doch eine Kartoffel gelegt hatte.
    Er sah auf seine Armbanduhr. Viertel vor zwölf. Die sechste Schulstunde war um eins aus, da gingen die meisten Schüler nach Hause. Es wäre ruhiger, wenn er erst dann in der Schule vorbeisah.
    Er kramte den Ausweis des Opfers aus der Jackentasche und las die Adresse: Radbrunnenallee 13. Das war oben auf dem Münsterberg. Edle Alt-Breisacher Gegend. Sonst hatten die Lehrer eher ein Häuschen im Neubaugebiet.
    Belledin steckte den Ausweis zurück und drosselte am Ortsschild Breisach das Tempo auf knapp sechzig. Der Kreisverkehr zwang ihn, weiter zu verlangsamen.
    Der gehäutete Schädel von Erik Schwarz tauchte vor seinem inneren Auge auf, dann das Gesicht, wie er es auf dem Passfoto gesehen hatte. Was bedeutete es, wenn man jemandem die Haut vom Kopf zog? Verlor da einer sein Gesicht? Die Ehre? Oder hatte sich jemand den Skalp eines Menschen genommen? Aber der Skalp saß oben, das war die Kopfhaut. Die war unangetastet.
    Belledin schlich über das Kopfsteinpflaster den Münsterberg hinauf. Er war lange nicht mehr im Breisacher Münster gewesen. Und auch heute würde er nicht hineingehen. Er hatte keine Zeit zur Andacht, für Gott opferte er allenfalls noch Weihnachten.
    Er fand einen Parkplatz und ging auf das Fachwerkhaus zu, in dem Schwarz gelebt hatte. Der Glockenturm des Münsters schlug zu Mittag. Belledin genoss den scheinheiligen Frieden, den das Geläut im Duett mit der prächtigen Frühlingssonne gaukelte. Er wusste, dass die Idylle trügerisch war, und dennoch war er froh, dass die Öffentlichkeit nicht alles von den Untiefen wusste, denen er täglich begegnete. Er fühlte sich verantwortlich für den äußeren Putz, da war er dankbar für jede Unterstützung. Es fehlte nur noch das Summen der Bienen auf den gelben Köpfen des Löwenzahns.
    Der Löwenzahn brachte Belledin wieder das blutige Antlitz des Toten in Erinnerung. Er kramte den Schlüsselbund, den man bei Erik Schwarz gefunden hatte, aus der Hosentasche und probierte zwei Schlüssel aus, ehe der dritte die Tür öffnete.
    Er glaubte ein Geräusch aus dem Inneren des Hauses zu vernehmen und rief: »Hallo? Jemand da? Belledin, Kriminalpolizei.«
    Aus dem Zimmer am Ende des Ganges wurde es jetzt lauter. Etwas war umgefallen.
    Belledin zog seine Walther und entsicherte sie. Den Lauf zu Boden gerichtet, näherte er sich dem Zimmer.
    Jemand schlug die Tür des Zimmers zu. Belledin hielt für einen Moment inne. Dann schlich er weiter in Richtung
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