Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Um die Wurst (German Edition)

Um die Wurst (German Edition)

Titel: Um die Wurst (German Edition)
Autoren: Michael Moritz
Vom Netzwerk:
mit Sicherheit nicht auf Hochglanz veröffentlichen. Erst Tunesien, dann Kairo, Libyen und Syrien. Es geschah gerade viel im arabischen Raum. Der Sturz der Militärdiktaturen würde einiges umwälzen, da wollten die Nachbarn aus Israel auf dem Laufenden sein. Vor allem wollten sie wissen, wer wen wo traf. Und es hatte einige Begegnungen gegeben, die in den Medien nicht auftauchten. Diese Treffen konnten das weitere Schicksal der Region bestimmen. Dass dies auch Auswirkungen auf die gesamte Welt haben konnte, war längst klar; es gab kein Verstecken mehr, auch nicht im Kaiserstuhl. Die ganze Welt kam nicht nur durch die Medien ins letzte Schlupfloch – auch jede Handlung im Orient konnte wirtschaftliche Auswirkungen für einen Hof in Bickensohl haben.
    Killian schulterte den Armeesack und die Kameratasche und schlenderte zum Bahnsteig fünf, an dem die Regio-Bahn in Richtung Kaiserstuhl startete. Es waren noch zehn Minuten, bis der Zug einfuhr. Er suchte die Raucherzone, um sich einen von den kubanischen Zigarillos anzustecken, die ihm Moshe zum Abschied geschenkt hatte.
    Ein Mann neben ihm kramte in seiner Tasche nach einer Zigarettenpackung und stellte fest, dass sie leer war. Killian bot ihm einen Zigarillo an. Der Mann starrte ihn mit großen Augen an.
    »Killian!«, rief er plötzlich und griff munter nach dem Zigarillo.
    Killian hob fragend die Brauen.
    »Häsch au Feuer?«
    Killian schnippte an seinem Zippo und ließ den Bärtigen paffen.
    »Erkennsch mich nimmer? Wegem Bart? Arno Zimmermann. Metzgerei Bötzinge. Ich hab ä Wett verlore, kurz nach Silveschter. Jetzt därf ich mich erscht wieder Ende Mai rasiere. Negscht Woch also. Bin ich froh, wenn des Kraut wieder wegkummt. Aber des Kraut schmeckt au nit schlecht.« Er hob anerkennend den Zigarillo in die Höhe und paffte genüsslich.
    »Kuba«, sagte Killian.
    »Kummsch grad vu dert? Bisch viel unterwegs, gell? Ich kumm nur im Winter mol weg. A Woch Skiurlaub, sonscht geht nix. Wenn du ä Gschäft häsch, musch halt do sie. Do gibt’s nur eins: schaffe. Wenn nit, wirsch gfresse vu dä Große. Un du musch dir immer ebis eifalle lo: Hausschlachtung, artgerechte Haltung, Bio. Weisch, ’s isch nimmi so eifach mit Fleisch und Wurscht. Die Vegetarier, des werre immer mehr. Jetzt fangt sogar die jüngscht Tochter scho mit dem Seich a. Die losst kei Mode us. Topmodel, Superstar und jetzt Vegetarier. Hejo, sie sehn halt nix anders im Fernseh. Solang sie keine Droge nehme, isch mir’s noch recht.« Arno aschte auf den Bahnsteig. »Und du kummsch also vu Kuba? Wenn du ä Päckle übrig häsch, ich kauf dir’s ab. Oder mir tausche. Ich schlacht morge ä Sau. Des gibt ä Schwarzwurscht vum Feinschte.«
    Killian reichte Arno die kleine Schachtel mit den Zigarillos.
    »Häsch nur die? Henei, denn nit.«
    »Doch. Nimm nur. Ich wollte sowieso mit dem Rauchen aufhören.«
    »Des hab ich au welle. An Silveschter. Keine zwei Tag hab ich’s usghalte. Deshalb hab ich doch au den Bart im Gsicht. Zum Glück häsch du keiner. Sonscht wäre ma nebeneinandergstande und hätte uns nit emol kennt.« Arno lachte und nahm die Schachtel entgegen. »Pünktlich. Kannsch nit meckere.«
    Er deutete mit dem Kinn in Richtung einfahrenden Zug. Killian warf den Zigarillo auf den Boden und drückte ihn mit dem Schuh aus. Er wusste, dass er auf der Fahrt bis Bötzingen ein geduldiges Ohr brauchen würde.
    *
    Belledin war über die March nach Bötzingen gefahren. Jetzt wartete er an der Kreuzung der Hauptstraße, dass die Ampel auf Grün sprang. Dabei fiel ihm ein, dass er noch beim Metzger Zimmermann vorbeiwollte, um Steaks und Würste abzuholen, die er bestellt hatte. Er würde es auf den Nachmittag verschieben. Fürs Erste hatte er genug rohes Fleisch gesehen. Selbst im Rotlicht der Ampel glaubte er das blutige Gesicht des toten Erik Schwarz zu erkennen.
    Endlich zeigte die Ampel Grün, und Schwarz verschwand. Belledin fuhr viel zu schnell an, die Reifen seines Audis quietschten und schwängerten die Kreuzung mit verbranntem Gummigeruch.
    Rasch hatte er das Dorf verlassen und fuhr nun auf der kurvenreichen Landstraße auf Wasenweiler zu. Belledin liebte den Frühling. Strotzte er das ganze Jahr über schon von männlichen Hormonen, gab ihm der Frühling noch mal eine ordentliche Überdosis. Er öffnete das Fenster und röhrte wie ein Brunfthirsch in die Natur. Einmal, zweimal – dreimal! Das tat gut. Er lachte und dachte an Biggi. Heute war Mittwoch, heute war sie dran. In seiner Hose wurde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher