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Um die Wurst (German Edition)

Um die Wurst (German Edition)

Titel: Um die Wurst (German Edition)
Autoren: Michael Moritz
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seine Armbanduhr. Die Verspätung von Christa Faller sprach nicht für sie. Vielleicht hatte sie tatsächlich etwas zu verbergen. Das gefiel Belledin, und er begann lauter zu singen; dabei lief er von einem Raum in den anderen, in der Hoffnung, dass ihm dabei irgendetwas auffallen würde, was er bei seiner ersten Besichtigung übersehen hatte.
    *
    Killian verglich die Visitenkarte, die Bärbel ihm gegeben hatte, noch einmal mit der Hausnummer, vor der er stand: Rathausstraße 3. Er kannte dieses Haus und hatte schwache Erinnerungen an einen Zahnarzt, der ihm die erste Karies aus den Backenzähnen gebohrt hatte. Reflexartig glitt seine Zunge über die Keramikplomben, die mittlerweile sein Gebiss füllten, und schloss die Tür seines Defenders.
    Die Praxis des Heilpraktikers befand sich tatsächlich in den Folterkammern des einstigen Zahnarztes. Dr. Schindler war einer jener hartgesottenen Kerle gewesen, die auch in die Gefängnisse gingen, um den schweren Jungs auf den Zahn zu fühlen. Wenn Killian in Rückenlage gegen das grelle Licht blinzelte, gab es keine Spritze zur Betäubung, sondern Gruselgeschichten von Dr. Schindler, der sich weit über ihn beugte und immer näher kam, je gruseliger die Geschichten wurden. Am liebsten erzählte er den Witz mit der riesigen Kneifzange, die nie und nimmer in einen Kindermund gepasst hätte. Und dann lachte er laut und riss sein Maul so weit auf, dass man seine schlechten Zähne nicht nur sehen, sondern auch riechen konnte. Wie konnte ein Zahnarzt so faule Zähne haben?
    Die Treppen rochen nach Putzmittel, das vertrieb die Erinnerung an den fauligen Odem Dr. Schindlers. Eine Türkin, die Mitte fünfzig sein mochte, wirbelte den nassen Mopp über den falschen Marmor.
    »Affedersiniz«, sagte Killian in den Rücken der arbeitenden Frau. Sie schrak hoch und drehte sich zu ihm um. Er lächelte und nahm mit einem großen Schritt drei Stufen auf einmal, um nicht in das frisch Gewischte zu treten. Die Putzfrau nahm es dankbar auf, lachte ebenfalls und tauchte den Mopp wieder in den schäumenden Wassereimer.
    Die Eingangstür der Praxis war angelehnt. Killian klopfte dennoch an und trat dann ein. Es war niemand zu sehen.
    »Hallo? Jemand hier?«, rief er.
    Keine Antwort. Er ging durch einen kleinen Flur, passierte das leere Wartezimmer und landete an der Rezeption. Als er auch hier niemanden antraf, wollte er schon wieder kehrtmachen. Aber aus einem der Praxisräume war ein Geräusch zu vernehmen. Killian ging auf die angelehnte Tür zu und drückte sie auf. Das Geräusch rührte von einem Drucker, der einen Stapel Papier auswarf. Doch es war niemand zu sehen, für den der Druckauftrag erledigt werden sollte. Killian betrat den Raum und spürte plötzlich etwas Hartes in seinem Rücken, das sich wie der Lauf einer Waffe anfühlte. Instinktiv hob er die Hände und überlegte rasch, wie er die Bedrohung entschärfen konnte. Die eingetrimmten Lektionen des Nahkampfes machten ihm verschiedene Angebote: Ein Schritt nach vorne, Drehung mit Oberkörperneigung nach rechts, gleichzeitiger Schlag mit dem linken Arm gegen den Handrücken des Schützen wäre eine Möglichkeit. Andere Variante: Schritt zurück gegen den Lauf, mit überraschender Kopfnuss gegen das Nasenbein des Schützen, dann sofort abtauchen und Tritt von vorne gegen die Kniescheibe des Gegners. So lange es dauerte, die Aktionen zu beschreiben, so schnell waren sie durchgeführt. Aber Killian wählte keine dieser Optionen, sondern drehte sich einfach nur um, weil sich der Lauf der Pistole von allein aus seinem Rücken entfernt hatte.
    Belledin hob die buschigen Augenbrauen und steckte die Walther ein. »Du spielst doch nicht etwa wieder Detektiv?«
    Killian blickte nicht nur unschuldig, diesmal war er es auch. Er wusste nicht, was Belledin damit meinte.
    »Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du sagst mir, dass du aus reiner Langeweile wieder unseren Job machen willst, oder du gestehst, dass du in geheimer Mission für das BKA und den Mossad unterwegs bist. In beiden Fällen erschieße ich dich auf der Stelle.«
    Killian war überrascht von Belledins Humor. Vermutlich hatte er sich wieder mal einen Dirty-Harry-Film angeguckt und litt jetzt darunter, dass er im Dienst keine Magnum tragen durfte. Aber Killian verkniff sich die Riposte und blieb sachlich.
    »Ich suche lediglich den Heilpraktiker Thomas Hartmann.«
    Belledin kniff die Augen zusammen. »Kennt ihr euch?«
    »Noch nicht. Ich wollte einen Termin mit ihm
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