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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)
Autoren: Alex Raack
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mit dem Ball umgehen. Aber wenn am Wochenende der Trainer die Aufstellung verlaß, wessen Name stand dann auf der Tafel? Auf meiner angestammten Position im linken Angriff sorgte ich zwar nicht für technische Kabinettstückchen, bereitete aber regelmäßig Tore vor, schoss selber welche und grätschte nebenbei so zuverlässig über den Platz, dass die Gegenspieler schnell die Lust an weiteren Zweikämpfen verloren.
    1977, das Jahr der großen Veränderungen. In der Firma Maschinen- und Apparatebau Seuthe begann ich meine Ausbildung zum Maschinenschlosser. Gleich nach der Hauptschule hatte ich mich hier mit 15 Jahren erfolgreich auf eine Lehrstelle beworben. Dass man mich überhaupt genommen hatte, war schlichtweg ein Wunder. In meinen Lieblingsklamotten, einer kurzen von meiner Oma bereits mehrfach geflickten Jeanshose und einem kunterbunten T-Shirt, war ich zum Bewerbungsgespräch gestiefelt. Meine Mutter schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als ich ihr davon erzählte, aber die Argumente gingen ihr schnell aus: Ich hatte den Job! Knapp 300 DM brutto Monatslohn und eine solide Ausbildung – meine Eltern waren stolz wie Bolle. Und ich kaufte mir vom ersten Gehalt erst einmal einen Wimpel von Borussia Dortmund. Drei Jahre marschierte ich im Blaumann zur Maloche, immer den heißen Atem unseres Ausbilders Lothar Köhring im Nacken. Einmal drohte er mir wutschnaubend mit einer Dreikantfeile, die Klinge löste sich bei seinem Gefuchtel vom Holzgriff und stach mir ins Schienbein. Ein stichhaltiger Beweis dafür, dass Lehrjahre Ende der Siebziger nun wirklich keine Herrenjahre waren. Trotz Ausbilder Köhring und seiner Dreikantfeile – die Jahre als Lehrling sind mir auch durchaus in positiver Erinnerung geblieben. Dass ich eines Tages mein Geld mit Fußballspielen verdienen würde, daran verschwendete ich damals noch keinen Gedanken. Also lernte ich schweißen, schmieden, feilen, bohren und stanzen, eben all das, was ein anständiger Maschinenschlosser in den siebziger Jahren an Grundlagen benötigte. Die ersten drei Monate verbrachte ich gemeinsam mit anderen Lehrlingen in der Lehrwerkstatt Hemer. Jede Mittagspause nutzten wir, um im nahen Park ein zünftiges Fußballspiel auszutragen, natürlich komplett im Blaumann und den schweren Sicherheitsschuhen. Verschwitzt und verdreckt standen wir anschließend wieder an der Werkbank.

    Ein Schnappschuss aus meiner Zeit als Maschinenschlosserlehrling. Kenner werden sehen: Ich habe gerade Pause, die Drehbank ist leer.    © Uli Borowka privat
    Gleich neben der Lehrwerkstatt dampften die Schornsteine der Schokokuss-Firma »Dickmann«. Wann immer es möglich war, deckten wir uns hier mit Waffelbruch aus der überschüssigen Produktion ein. Vielleicht hatten ihm die vielen Schokoküsse etwas den Kopf verdreht, auf jeden Fall überraschte uns eines Tages einer unserer Kollegen mit einer fragwürdigen Wette: »100 DM wenn ich es schaffe, an einem Tag 100 Schokoküsse zu verdrücken!« Vier gegen einen, das hieß im schlimmsten Fall 25 DM pro Person, immerhin ein Zwölftel unseres monatlichen Bruttolohns! Wir schlugen ein, die Wette konnte der gute Mann nicht gewinnen. Besser gesagt: Die Wette durfte er nicht gewinnen. Den ganzen Tag lang ließen wir ihn nicht aus den Augen, denn der Wettgewinn war an eine Bedingung geknüpft: Wer kotzt, verliert! Doch obwohl wir ihn selbst bis auf die Toilette verfolgten, hatte er bis zur Raucherpause um halb drei bereits 90 Stück verputzt. Es war ganz offensichtlich, dass er auch die letzten zehn Dinger schaffen würde. Wir mussten uns etwas einfallen lassen. In Schokokuss 95 steckten wir einen dicken fetten Regenwurm. Unser Kollege biss herzhaft rein, sah den halben Wurm im Eiweißschaum – und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Die Wette hatte er damit verloren …
    Es blieb nicht bei diesem einen Lehrlingsstreich. In Erinnerung ist mir noch ein Experiment, bei dem wir beinahe die Werkhalle abgefackelt hätten. »Hab ich im Fernsehen gesehen«, lautete das Startsignal eines Kollegen. Wir also den Schwefel von Streichhölzern abgekratzt, in ein kleines Metallröhrchen gestopft und mit einem konischen Metallstift versehen. Kaum waren die Meister in der Mittagspause verschwunden, spannten wir unsere kleine Bombe in der Werkbank ein und hauten mit dem Hammer auf das Gehäuse. BUMMM! Ein fürchterlicher Knall hallte durch die Halle, eine Stichflamme zischte nach oben und katapultierte den Metallstift durch das nigelnagelneue
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