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Ufer des Verlangens (German Edition)

Ufer des Verlangens (German Edition)

Titel: Ufer des Verlangens (German Edition)
Autoren: Nora Hamilton
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Vorstellung hatte sie schon das Triumphgeheul der eigenen Leute gehört … Jetzt sah die Sachenatürlich ganz anders aus. Sie würde den Feind heiraten müssen! Ausgerechnet Allistair Kingsley, der zwar ein stattlicher Mann, aber eben doch der Feind war!
    »Also, was wird aus Joan?«, wiederholte Zelda ihre Frage.
    Der alte Lord wies auf den Verwalter Charles Connor, der die Bücher der McLain-Manors vor sich liegen hatte. »Unsere Mittel reichen nur für eine Mitgift aus. Zelda als die Altere kann deshalb heiraten und für den Fortbestand des Clans sorgen. Auf dich, Joan, wartet das Kloster. Ich bin sicher, dass diese zurückgezogene Lebensform deinem Wesen mehr entspricht als das Dasein einer Lady in den rauen schottischen Highlands.«
    »Ja, Vater«, war alles, was Joan dazu sagte. »Wenn Zelda Allistair Kingsley heiratet, dann gibt es für mich keinen besseren Platz als das Kloster. Auch ich werde mich deinem Willen fügen und Vorbereitungen für mein neues Leben treffen.«
    Sie stand auf und verließ die Tafel, noch bevor das Mahl beendet war. Dieses Verhalten war so ungewohnt, dass ihr die anderen überrascht hinterher schauten.
    Wie zu sich selbst sagte Lord McLain: »Joan ist wirklich nicht dafür geschaffen, Eheweib, Mutter und Gutsherrin zu sein. Das Leben hier ist hart, das Klima rau und die Sitten derb. Du, Zelda, bist dafür viel besser geeignet.«
    Nur Charles Connor wirkte bedrückt. Er räusperte sich verhalten, dann sprach er ein paar Worte, die an diesem Abend zwar gehört, aber erst Monate später verstanden wurden.
    »In Joans Brust schlägt eine reine, tief empfindende Seele. Wirkt sie auch weniger robust als Zelda, so bin ich doch sicher, dass sie in Wahrheit die Stärkere ist. Siewird sich ihrem Schicksal klaglos fügen. Aber erst, wenn feststeht, dass es wirklich ihr von Gott gewolltes Schicksal ist.«
    Der Bachelor-See lag im Schein des Mondes da wie ein riesiges silbernes Tablett zwischen den Bäumen des Waldes, die auf der einen Seite zu den McLain-Manors, auf der anderen zu den Kingsley-Manors zählten.
    In den Wald eingebettet, lag er wie ein unschuldig schlafendes Kind in den Kissen und schien nichts von dem Krieg zu ahnen, der um seinetwillen entbrannt war.
    Das Ufer war zur Kingsley-Seite hin steinig und wild. Felsbrocken ragten, von hartem Schilf umgeben, ins Wasser, Biber wohnten in den Grotten der Felsen, ernährten sich von den Fischen und wurden fett dabei. Das Wasser war dunkelgrün, von Schlingpflanzen durchsetzt und verwehrte jeden Blick auf den Grund.
    Das andere Ufer war davon so verschieden, als gehörte es zu einem anderen See. Sanft stieg es an und verwandelte sich nach wenigen Metern schon in eine satte grüne Wiese, die im Frühling und Sommer voller Blumen stand. Auf dem Wasser schaukelten sattgelbe Seerosen träge im Mondlicht. Auf dem Seegrund konnte man silberne Fische sehen, die sich wie junge Pferde jagten.
    Sie saßen auf der sanften McLain-Seite. Der Mann hatte seinen Umhang auf die Wiese gebreitet. Die Luft war erstaunlich warm für eine Mainacht in den Highlands. Ein milder Wind strich behutsam über die Wipfel der Bäume, die sich wie ein schützendes Dach über die Wiese legten. Die Vögel hatten sich zur Ruhe begeben, nur hin und wieder kündete ein brechender Zweig von den Tieren, die in der Nacht zum Leben erwachten.
    Der Mann lag auf dem Umhang, hatte die Beine an den Knöcheln gekreuzt, die Arme unter dem Kopf verschränkt. Er wirkte ganz entspannt, doch der Schein trog.
    Das Mädchen saß mit angezogenen Knien neben ihm. Ihre Schultern bebten, und sie raffte das Tuch, das sie um den Oberkörper trug, vor der Brust zusammen, als fröre sie.
    »Leg dich zu mir«, bat der Mann und streckte einen Arm aus, berührte das Mädchen am Rücken, ließ seine Hand streichelnd darüberwandern. Dann nahm er ihren Arm und wollte sie hinabziehen, doch sie schüttelte den Kopf und wandte sich zu ihm um.
    Er sah die Tränen, die wie kostbare Perlen über ihr Gesicht liefen und im Mieder versickerten. Er richtete sich auf und folgte mit dem Finger der Spur der Tränen.
    »Nicht weinen«, sagte er. »Bitte, meine Liebste, weine doch nicht.« Sein Gesicht verzog sich schmerzlich, er konnte ihre Tränen nicht ertragen.
    Sie schenkte ihm ein Lächeln, doch es blieb blass.
    »Wie sollte ich nicht weinen?«, fragte sie. »Habe ich nicht allen Grund dazu?«
    »Noch ist nicht aller Tage Abend«, versuchte er sie zu trösten, doch er hörte selbst die Hilflosigkeit in seiner
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