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Ufer des Verlangens (German Edition)

Ufer des Verlangens (German Edition)

Titel: Ufer des Verlangens (German Edition)
Autoren: Nora Hamilton
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sie erwachsen würden und sich durch Heirat ihre Wege trennten.
    Nun war es so weit.
    »Ich habe euch etwas mitzuteilen«, hob er an und lächelte seinen Töchtern zu.
    Zelda, die soeben ein Stück Hühnerbrust zum Munde führte, hielt inne und fragte vorschnell: »Du willst dich an den Kingsleys für den Brand rächen, nicht wahr? Bitte, Vater, lass mich dieses eine Mal nur dabei sein! Ich werde die Halunken in Stücke schlagen.«
    Sie fuchtelte dabei so wild mit der Hand herum, dass das Bratenstück herunterfiel und von den Hunden, die unter dem Tisch lagen, noch in der Luft aufgefangen wurde.
    »Nein, Zelda«, antwortete Joan an der Stelle ihres Vaters und zog ein ernsthaftes Gesicht. »Du wirst nicht gegen die Kingsleys in den Krieg ziehen. Es ziemt sich nicht für eine Lady, laut schreiend und in Männerkleidung auf einem Pferd über fremde Ländereien herzufallen.«
    »Pah! Traust du mir etwa nicht zu, dass ich kämpfen kann wie ein Mann? Du bist und bleibst ein Angsthase, Joan.«
    Mit einer Handbewegung unterbrach Lord Arthur McLain die Debatte.
    »Ich habe mich entschlossen, den Krieg mit den Kingsleys zu beenden. Unsere Mittel sind aufgebraucht. Die dauernden Kämpfe bringen uns um Kopf und Kragen. Es ist Zeit, Frieden zu schließen.«
    Schon öffnete Zelda den Mund, um wortreich ihre gegenteilige Meinung kundzutun, doch Joan legte ihr eine Hand auf den Arm und bedeutete ihr, den Vater ausreden zu lassen.
    »Es gibt nur eine Möglichkeit, diesen Frieden zu schaffen … so zu schaffen, dass er für alle Beteiligten Vorteile bringt.«
    Lord McLain machte eine Pause und sah zu seinem Verwalter, der ihm zunickte. Der alte Mann seufzte noch einmal, dann fuhr er fort: »Zelda, ich habe beschlossen, dich mit Allistair Kingsley zu verheiraten. Gleich morgen werde ich einen Boten zu den Kingsley-Manors schicken, um ein Treffen mit dem alten Lord Thomas zu vereinbaren.«
    Hatte er erwartet, dass Zelda aufsprang, mit dem Fuß aufstampfte oder die Tafel umstieß, so hatte er sich getäuscht. Zwar schleuderten ihre Augen grüne Blitze, schob sie das Kinn energisch nach vorn und öffnete den Mund zu einer geharnischten Antwort, aber dann fiel ihr Blick auf Joan. Zeldas Widerspruchsgeist fiel in sich zusammen, sie saß ungewohnt ruhig da und schaute beinahe ängstlich auf ihre Schwester, die noch blasser war als gewöhnlich, ja, nahezu kreidebleich. Ihr Atem ging schnell und flach, die hellgrauen Augen waren weit aufgerissen. Eine Weile herrschte Schweigen am Tisch. Nur die Geräusche aus der Küche waren noch zu hören und das Schnauben der Hunde unter dem Tisch.
    Schließlich legte Zelda einen Arm um die Schulter ihrer jüngeren Schwester, und als sie spürte, dass deren Körper wie von unterdrücktem Schluchzen bebte, sagte sie: »Vater, auch ich möchte alles dafür tun, Leid und Schaden von uns abzuwenden. Wenn es deshalb nötigsein soll, Allistair Kingsley zu heiraten, so werde ich mich deinem Willen fügen. Was aber wird aus Joan?«
    Sie drückte ihre Schwester leicht an sich und strich ihr mit der Hand behutsam über die bleiche Wange. Es war ihr nicht entgangen, dass alles Blut aus Joan gewichen zu sein schien. Und sie glaubte zu wissen, warum das so war. Niemand hier litt mehr unter den Streitigkeiten als Joan. Wann immer ein Überfall geschah, so war sie es, die noch Tage danach mit Leichenbittermiene herumlief und mehrmals täglich die kleine Kapelle aufsuchte, um zu beten. Obgleich Zelda keine große Lust verspürte, Allistair Kingsleys Weib zu werden, so war sie doch bereit, alles zu tun, um das Leid ihrer Schwester zu beenden oder wenigstens zu lindern. Allein um Joans Gesundheit willen würde sie Allistair heiraten.
    Lieber allerdings wäre es ihr, die Kingsleys ein für alle Mal vernichtend zu schlagen und die Fisch- und Fangrechte des Sees unwiderruflich den McLains zu sichern. Oh, wenn sie nur daran dachte!
    Zelda wusste schon jetzt genau, wie der nächste Kampf aussehen könnte: Die Kingsleys würden sich an die Weiden oben in den Bergen machen. Aber sie hatten sicher nicht mit Zeldas Weitblick gerechnet. Ab heute Nacht – so hatte sie beschlossen – wollte sie in den Highlands Wache halten und die Kingsleys gebührend empfangen. Natürlich würde ihr Vater niemals einverstanden sein, dass sich Zelda den mit Knüppeln bewaffneten Knechten anschloss, aber auch er musste irgendwann einmal schlafen gehen, und dann, ja dann, würde sich Zelda auf ihre Stute schwingen und in die Berge galoppieren. In ihrer
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