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Ueberwaeltigend

Ueberwaeltigend

Titel: Ueberwaeltigend
Autoren: Emma Green
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steht auf, kommt zu mir und nimmt mich in den Arm. Ich lasse mich gehen und beginne, für einen unendlich langen Moment in ihren Armen heftig zu weinen. Sie streichelt vorsichtig über meine Haare, um meinen unbeherrscht zitternden Körper wieder zu beruhigen. Einige Minuten später stößt auch Tristan zu uns und ruft „Gruppenkuscheln!“. Wir lachen zusammen, die Anspannung ist verflogen und ich danke den beiden für ihren unerwarteten, aber aufmunternden Besuch. Kurz bevor sie gehen, fällt mir noch eine wichtige Frage ein …
    „Tristan, hast du schon etwas von Violette gehört?“
    „Ja und nein. Sie hat mir eine lange E-Mail geschrieben, in der sie mir alles erklärt hat, danach hat sie allerdings ihre E-Mail-Adresse und ihre Telefonnummer geändert.“
    „Was hat sie dir geschrieben?“, fragt Marion, die scheinbar auch nicht mehr weiß als ich.
    „Persönliche Dinge. Aber im Großen und Ganzen hat sie sich entschuldigt und mir erklärt, dass ihre Schwester so sehr gelitten hat und sie sich deshalb verpflichtet gefühlt hat, ihr zu helfen. Auch wenn jetzt alle denken, sie sei eine …“
    „Falsche Schlange?“, unterbricht Marion.
    „Verrückte Manipulatorin?“, ergänze ich.
    „Psychopathin? Heuchlerin? Hexe?“, fährt Marion fort.
    „Das reicht, ihr beiden, ich glaube, wir haben es jetzt alle verstanden!“, maßregelt uns Tristan, der unsere Vorschläge keinesfalls witzig findet. „Ich habe Violette aus meinem Leben gestrichen und das solltet ihr auch tun.“
    Als mein Wecker, der auf den Radiosender France Info eingestellt ist, zu spielen beginnt, wird mir schlagartig klar, dass es bereits Montagmorgen ist. Ich werfe einen Blick auf mein Handy, in der Hoffnung, ein Lebenszeichen von Gabriel vorzufinden, aber auf dem Touchscreen erscheint keine neue Nachricht.
    Dieser Tag fängt ja gut an …
    Ich passe mein Outfit für den heutigen Tag meiner Stimmung an: ein kurzes, aber strenges schwarzes Kleid, eine Weste und dazu passende Ballerinas, kaum Schminke und offene Haare.
    Marcus wird mich fragen, ob jemand gestorben ist …
    Ach, das habe ich ganz vergessen, er ist ja im Urlaub …
    Dieser Tag fängt ja SEHR gut an …
    Als ob meine Trübsinnigkeit nicht genügen würde, ist der Weg zur Agentur Agence Models Prestige an diesem grauen Septembermorgen auch noch mit unzähligen Tücken gespickt. Der sintflutartige Regen, die übervolle Metro, die noch dazu des Öfteren nicht weiterfahren kann, der Starbucks, der wegen Umbauarbeiten geschlossen hat: Das Schicksal nimmt seinen Lauf! Mit einem offensichtlichen Schlaf- und Koffeinmangel schleppe ich mich in den siebten Stock. Die Metalltür öffnet sich und ich zähle bereits jetzt die Stunden, die mich noch von meinem Feierabend trennen. Während ich mich an meinen Schreibtisch setze, werfe ich einen letzten Blick auf mein Handy und entdecke voller Überraschung zwei ungelesene Nachrichten von Gabriel, die er mir bereits vor über einer Stunde geschickt hat. Wieso habe ich das nicht mitbekommen? Mein Herz schlägt mir bis zum Hals.
    [Sei heute Abend zu Hause.]
    [Antworte mir, Amande.]
    Träum weiter, Diamonds …
    Für wen hält der sich eigentlich?
    Was wird er mir nun schon wieder sagen wollen?
    Einerseits würde ich am liebsten vor Erleichterung und Vorfreude, ihn wiederzusehen, in die Luft springen. Aber andererseits bin ich auch zwischen der Angst, ihn für immer zu verlieren, und der Lust, ihn für seine unerträgliche Abwesenheit büßen zu lassen, hin- und hergerissen. Ich entschließe mich dazu, ihn einfach zu ignorieren, und lasse mein Smartphone in einer Schublade verschwinden.
    Jetzt bin ich an der Reihe, die Königin des Schweigens zu spielen …
    Ich mache mich auf den Weg zur Cafeteria, um meine Wut in drei Espresso zu ertränken, bin jedoch so gedankenverloren, dass ich prompt mit meinem dandyhaften Chef zusammenstoße. Ferdinand de Beauregard, der heute seinen neuen Armani-Anzug ausführt, bremst mich in meinem Elan und sieht mich mit seinem nachdenklichen Blick an.
    „Wie mir scheint, gefällt es Ihnen, mich anzumachen!“, scherzt er.
    „Entschuldigen Sie …“, antworte ich knurrend. „Guten Tag, Ferdinand.“
    „Guten Tag, Amandine, ich freue mich, Sie wiederzusehen. Geht es Ihnen schon besser?“
    Eine Erkältung, Amandine, du bist aufgrund einer Erkältung zu Hause geblieben!
    „Ich war nur etwas erkältet, danke …“
    „Und jetzt wollen Sie bestimmt Ihren täglichen Liter Kaffee trinken? Ich leiste Ihnen
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