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Ueberwaeltigend

Ueberwaeltigend

Titel: Ueberwaeltigend
Autoren: Emma Green
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reagiert. Zu hören, wie sie über Gabriel herzieht, wird mich nicht aufbauen.
    Obwohl …
    Nachdem ich mir halbherzig den Sonntagabend-Film angesehen habe, will ich gerade ins Bett gehen, als meine Türglocke ertönt. Einmal. Zweimal. Zehnmal.
    Ich bringe dich um, Marion Aubrac!
    Und tatsächlich steht meine beste Freundin mit einem verlegenen Lächeln auf den Lippen vor meiner Tür. Tristan steht direkt neben ihr, gegen die Wand gelehnt. Ohne ein Wort zu sagen, bitte ich die beiden herein. Schließlich bricht Marion das Schweigen und lässt ihren Feindseligkeiten freien Lauf.
    Wie erstaunlich …
    „Komm schon, Amandine, du wirst dir wegen diesem Arschloch doch nicht das Leben nehmen!“
    „Wie bitte?“
    „Du hast mich schon verstanden. Es war richtig von uns, vorbeizukommen, ich bin mir sicher, dass du seit drei Tagen nichts gegessen hast! Ich wollte gestern schon zu dir fahren, aber Camille und Tristan haben es mir verboten. Sie haben mir gesagt, ich solle dir etwas Zeit lassen, als ob das irgendetwas ändern würde …“, fügt sie hinzu, während sie ihrem Bruder einen mörderischen Blick zuwirft.
    Schließlich findet die energische Brünette eine Pfanne in einem meiner Schränke, dreht ein Cerankochfeld auf und leert die Einkaufstasche, die sie um ihre Schulter trug. Offensichtlich steht das Tagesmenü bereits fest: Steak, Ratatouille aus der Dose und kleine Schokokuchen.
    „Marion, es ist 23 Uhr. Ich will jetzt alles, nur kein Steak.“
    „Ich weiß, aber du wirst dich überwinden, schließlich musst du etwas essen, denn du siehst aus wie eine lebendige Leiche! Ein wenig rotes Fleisch wird dich wieder auf die Beine bringen!“
    Ich drehe mich zu Tristan um, damit er mir hilft, seine Schwester in die Schranken zu weisen, aber mir wird klar, dass sich die Geschwister Aubrac heute Abend gegen mich und meinen rebellierenden Magen verschworen haben …
    „Entschuldige, Amandine, aber dieses eine Mal muss ich meiner Schwester recht geben!“
    Eine Viertelstunde beobachte ich die beiden dabei, wie sie sich in Bezug auf das Essen immer wieder freundschaftlich necken. Tristan hat mir ein Glas Rotwein eingeschenkt, das ich gedankenverloren schwenke, während ich dabei zusehe, wie sich meine Küche in ein Schlachtfeld verwandelt. Marion zwingt ihren Bruder dazu, meine knallrosa Kochschürze anzuziehen, und imitiert den südfranzösischen Dialekt, sobald sie mit ihm spricht. Verärgert und amüsiert zugleich weist Tristan sie bei jeder Gelegenheit in die Schranken, woraufhin er mit sämtlichen Küchengeräten bedroht wird. Ich lasse mich nicht zum Narren halten, schließlich kenne ich die beiden. Sie geben ihr Bestes, um mich meinen Kummer vergessen zu lassen, mich auf andere Gedanken und zum Lachen zu bringen. Und es funktioniert.
    Wie sehr ich meine Freunde doch liebe …
    Doch der Schmerz kehrt in Windeseile zurück. Nach einigen Bissen schiebe ich meinen Teller beiseite – ich kann einfach nicht mehr. Marion und Tristan, die mit großem Appetit gegessen haben, schließen sich mir sichtlich besorgt an. Doch diesmal spart sich meine beste Freundin ihre Kommentare und es ist ihr Bruder, der mit der Tür ins Haus fällt.
    „Das Leben geht weiter, Amandine. Ich weiß, wie verletzt du jetzt bist, schließlich bin ich in einer ähnlichen Situation, aber du verdienst etwas Besseres.“
    „Etwas Besseres als was?“
    „Etwas Besseres, als das bekümmerte Mädchen zu spielen, das alles für einen Typen aufgibt, der nicht weiß, was er will.“
    „Du musst wieder zu dir finden, Süße …“, fügt Marion hinzu, während sie ihre Hand liebevoll auf meine legt.
    „Ich brauche weder eure Ratschläge noch euer Mitleid! Ihr wisst überhaupt nicht, wovon ihr sprecht!“, sage ich und weiche Marions zärtlicher Geste aus. „Und was weißt du schon über die Liebe, Marion? Über die wahre, große Liebe, die länger als eine Woche dauert?“
    „Deshalb brauchst du doch nicht gleich die Krallen auszufahren, Amandine! Lass es nicht an Marion aus, sie will doch nur dein Bestes, auch wenn es ihr offensichtlich an Taktgefühl fehlt …“, antwortet mir Tristan, während er seine Schwester ansieht.
    „Danke, aber ich bin alt genug. Ich weiß vielleicht nicht, was du gerade durchmachst, Amandine, aber ich bin trotzdem immer für dich da. Wo ist dein Gabriel jetzt eigentlich?“
    „Ich weiß es nicht … Mit Sicherheit ist er gerade bei ihr“, gestehe ich und erneut laufen mir Tränen über das Gesicht.
    Marion
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