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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein
Autoren: Charlotte MacLeod
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Polizei
verständigt hatte und Henny Miss Hilda wieder dazu bewogen hatte, den Brotteig
zu kneten und Pflaumenschnaps in Cronkite hineinzugießen, um seinen
angegriffenen Magen zu beruhigen, machte auch Tim einen Anruf.
     

Kapitel 2
     
     
     
     
     
     
    W as ist so kostbar wie ein Junitag...« 1 , hob Helen Shandy,
Bibliotheksassistentin für die Sammlung Buggins, an.
    »Ein Gratisbier in einem Schottenpub« 2 , schloß Peter Shandy,
Professor für Landwirtschaft und zusammen mit Timothy Arnes stolzer Züchter der Brassica napobrassica balaclaviensis oder Balaclava-Protz-Rübe, jener
hervorragenden Steckrübenart, die das College seinerzeit berühmt und ihre
Erfinder reich gemacht hatte. »Eins zu Null für dich, Liebes. Jetzt bricht die
Zeit der Freuden an, die Abschlußfeier ist vorbei, und das Sommersemester hat
noch nicht angefangen. Ist dir überhaupt klar, daß ich drei ganze Wochen habe, in
denen ich tun kann, was mir gefällt?«
    »Du Glücklicher! Aber ist dir überhaupt
klar, daß ich genau diese drei Wochen habe, um endlich die Buggins-Sammlung zu
katalogisieren, ohne daß mir ständig jemand auf den Wecker geht und mich
Statistiken über Schweinezucht heraussuchen läßt?«
    »Tatsächlich? Ich hatte gehofft, wir
könnten die Tage gemeinsam verbringen und uns in den Narzissen beglücken.«
    »Offensichtlich bist du immer noch
nicht genug beglückt worden?«
    »Sehr richtig.«
    Shandy streckte die Hände nach seiner
Frau aus, doch sie entwischte ihm und fuhr fort, Petunien zu setzen.
    »Pfoten weg, du Lüstling! Ich will
doch, daß der Garten hübsch aussieht, wenn Iduna und Daniel von ihrer
Hochzeitsreise zurückkommen. 3 Ich plane nämlich, eine Teeparty zu geben.«
    »Vielleicht solltest du besser ein
richtiges Gelage veranstalten, du weißt doch, wie gerne Iduna und Daniel
futtern.«
    »Wo wir einmal beim Thema sind: Habe
ich dir schon erzählt, daß wir morgen bei den Ames’ zum Abendessen eingeladen
sind?«
    »Hast du nicht! Und wer kocht?«
    »Laurie. Sie hat beschlossen, sich
jetzt den hausfraulichen Pflichten zu widmen.«
    »Oh Gott und ein donnerndes Hurra! Was
bekommen wir denn vorgesetzt? Gebratenen Pinguin?«
    Roy, Biologe und einziger Sohn von
Professor Ames, hatte vor kurzem Laurie Jilles geheiratet, eine Kollegin, die
mit ihm an einer Antarktisexpedition teilgenommen hatte. Beide hatten einen
Lehrauftrag am Balaclava College und wohnten jetzt bei Tim, sehr zur
Erleichterung der nächsten Nachbarn, vor allem der Shandys, die direkt
gegenüber lebten. Der alte Witwer war seit Jahren so sehr mit der intensiven
Erforschung der verschiedenen Bodenarten und Düngemittel beschäftigt gewesen,
daß er sich um Trivialitäten wie saubere Hemden, geregelte Mahlzeiten und
Rasenmähen wenig gekümmert hatte.
    An dem Tag, als Roy Laurie zum ersten
Mal nach Hause mitgebracht hatte, hatte Tim den Schmutz von seiner trifokalen
Brille gewischt, sich die selbstbewußte brünette junge Frau genau angesehen,
sein Hörgerät eingeschaltet und ihre junge warme Stimme »Hallo, Daddy Ames«
sagen hören und sofort beschlossen, daß sie die Richtige war. Auch Laurie gab
sich nicht mit Halbheiten zufrieden und betete den haarigen gnomenhaften Mann
seit diesem Tag förmlich an. Da Roy verständlicherweise sowohl seiner Frau als
auch seinem Vater zugetan war, hätte es nicht glücklicher kommen können.
    Als Hochzeitsgeschenk hatte Tim Laurie
sein Scheckbuch überreicht, auf das hübsche alte Haus gezeigt, das seine
verstorbene Frau so schmählich vernachlässigt hatte, und gesagt: »Richtet es
euch so her, wie ihr es schön findet.« Roy und Laurie hatten einen wunderbaren
Sommer damit verbracht, diesem Wunsch Folge zu leisten. Zuerst hatten sie einen
Wohnzimmerteppich mit einem wellenartigen Muster in Blau- und Grautönen
gefunden. Dann kauften sie weiße Ledermöbel, die wie ein Feld winziger Eisberge
aus den blauen Teppichwogen ragten, als Erinnerung an jene Eisvogeltage, als
auf dem Ross-Meer ihre Liebe erblüht war. Sie hatten Tapeten mit Grünalgen- und
Hohltiermustern erstanden. Sie hatten Tims Schlafzimmer und sein Arbeitszimmer
neu hergerichtet und dafür Erdfarben wie Umbra, Ocker und Terracotta gewählt,
damit er sich wirklich wie zu Hause fühlte. Ihr eigenes Schlafzimmer schmückte
ein Fries Kaiserpinguine und ein großes Jacques-Cousteau-Poster.
    Außerdem hatten sich die Kinder ein
Auto gekauft, das sie selbst mit ihren kleinen Gehältern abbezahlten, weil sie
Tims Großzügigkeit nicht
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