Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)

Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)

Titel: Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)
Autoren: Ludwig Plärrer
Vom Netzwerk:
Angeblich auch Selbstmord.«
    Ich tue so, als würde ich überlegen, aber hey, ich bin siebzehn, überlegen kann ich auch noch, wenn ich zwanzig bin.
    »Auch in Kaufbeuren gibt es bedauerliche Suizide. Und wenn eine Stadt so viele Türme hat, ist es doch nur logisch, dass sich die Leute runterstürzen, oder?«
    Altmann nickt, aber ich ahne, dass ihn meine Argumente nicht überzeugt hat.
    »Scharf analysiert«, sagt er mit einem Anflug von Ironie. »Nur wussten Sie eigentlich, dass die damalige angebliche Selbstmörderin die Ehefrau des Mannes war, der als späterer Witwer mit der jetzigen Selbstmörderin ein Verhältnis hatte?«
    »Hä?«, mache ich nur. Ist mir jetzt zu kompliziert, ehrlich.
    »Also diese Baumann hat mit dem Alten von der Dingsda rumgevögelt und deshalb hat sie sich nicht selber das Licht ausgeblasen? Was machen Sie eigentlich in Ihrer Freizeit? Softpornos lesen?«
    »So etwas Ähnliches«, gibt Altmann zu. »Der Schreiberling nennt sich Goethe, aber werden Sie nicht kennen.«
    Womit er Recht hat. Wer bin ich denn, dass ich jeden dahergelaufenen Kaufbeurer Schreiberling kennen muss?
    »Okay«, sage ich schließlich und stehe auf. Die Sache wird direkt lächerlich. Ich habe Besseres mit meiner Zeit zu tun. Was genau, weiß ich zwar noch nicht, aber es wird mir schon einfallen. Vielleicht heimgehen und noch ne Runde pennen.
    »Ich gebe Ihnen drei Tage Zeit, mir auch nur einen Beweis für Ihre Mordthese zu bringen. Schaffen Sie das, beschäftigen wir uns mit dem Fall. Scheitern Sie – adieu.«
    Wie nicht anders erwartet, grinst Altmann.
    »Abgemacht. In drei Tagen. Und dann krieg ich auch meinen Kaffee, versprochen?«

Ende einer Schlacht

    Toby the Miracle strich sich mit der Rechten zufrieden über den prächtig gewölbten Bauch. Er liebte »Ente Kaufbeurer Art« im »Palast der sieben Köstlichkeiten«, dem chinesischen Schnellimbiss am Bahnhof, gleich neben dem Discounter.
    Überhaupt: Toby war glücklich. Seit ihn die Stadt auf Händen trug, ihn, Toby the Miracle, Toby King of Battle Rap, hatten sich die Selbstzweifel und Peinigungen seines achtzehnjährigen Lebens in Luft aufgelöst.
    Mein Gott, was war er doch früher für eine Pussy gewesen! Ein mehr als dicklicher Junge, dessen einziger und bester Freund mit Vornamen You und mit Nachnamen Porn hieß. Fast schon mit einem Hauch Nostalgie gedachte Toby der stillen verzweifelten Stunden vor seinem Rechner, eine Hand an der Maus, die andere an dem, was seine Mutter verächtlich »die Nudel« nannte. Zwischendurch griff diese Hand in die Chipstüte und, bei Gott, was schmeckten diese Chips damals eklig nach Fisch!
    Seit er als Mitglied der Band »Kaufbeurer Rap Buam« jedoch mitgeholfen hatte, die Battle-Konkurrenz von den »Katholischen Battlerappern Augsburg« zu schlagen (okay, erst nach Verlängerung und Elfmeterrappen, aber Sieg blieb Sieg), fand er endlich jene Anerkennung, die ihm gebührte. Und er duschte jetzt sogar! Nicht wöchentlich (das war Pussybusiness und hätte seiner Street Credibility als Gangsta Rapper wohl geschadet), aber immerhin jeweils vier Wochen vor Quartalsende.
    Früher, ja früher, da war sein Unterleib niemals mit Wasser in Berührung gekommen. »Da unten ist bäh!«, hatte seine Mama immer gesagt, »da unten werden die kleinen Kinder gemacht, das ist noch viel bäher.« Aber okay, die Mädels standen irgendwie nicht auf Typen, die obenrum wie ein Friseursalon rochen und unten wie ein Katzenklo stanken. Waren halt Pussys, diese Pussys.
    Nun schritt Toby the Miracle heimwärts zu Mama, die bereits mit dem zweiten Abendessen auf ihn wartete. Es würde fettige Hamburger geben, wie sie die Kollegen aus New York verschlangen, wenn sie nicht gerade mit ihren Amischlitten durch die Straßen pehsten und Passanten mit Pumpguns abschossen.
    Was »the Miracle« bedeutete, wusste Toby nicht so genau. So hießen wohl die Nudeln mit der Tomatensoße, die seine Mama immer vom Lidl mitbrachte, die waren auch ganz lecker. Toby liebte Nudeln, sein stattlicher Bauch bestand nahezu gänzlich aus Teigwaren. Und die Nudel da unten – nun ja, eines Tages würde auch sie Kinder machen, wie das ging, hatte ihm sein Freund You Porn oft genug in einsamen Nächten gezeigt. Wichtig war vor allem, dass man »Come on, Baby!« dabei schrie. Man musste nur richtig zielen, das war wichtig. Die Henne musste zum Ei oder so, genau verstanden hatte Toby das bisher noch nicht.
    Da vorne war schon der Blasiusturm, jetzt nur noch zwei Straßen und er war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher