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Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)

Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)

Titel: Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)
Autoren: Ludwig Plärrer
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entlassen, sorry«, sagt er jetzt und setzt sich ungefragt auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch, die Beine übereinanderschlagend und den Rotz demonstrativ durch die Nase hirnwärts ziehend. Soll ich ihm jetzt auch noch nen Kaffee servieren oder was?
    »Ein Kaffee wäre jetzt ganz gut«, sagt er tatsächlich. Ich werde wütend.
    Also: Eigentlich bin ich der liebste Mensch auf diesem Planeten, aber wehe, mich macht jemand wütend!
    »Wieso kann ich Sie nicht entlassen, hä?«, schnaube ich entrüstet und sende meinen »Du bist jetzt fünf Tage impotent« - Blick in Richtung des frechen Greises. »Ha ha, stimmt, ich brauch Sie auch gar nicht zu entlassen, Sie sind hier nämlich nur freier Mitarbeiter! Ich gebe Ihnen einfach keine Jobs mehr, damit wäre die Sache gegessen!«
    Beeindruckt ihn nicht. Er grinst nur noch unverschämter.
    »Ja...«, sagt er dann, »könnten Sie, mein Fräulein. Das wollte Ihre Frau Tante auch immer. Ich musste Sie dann stets an ein gewisses Detail erinnern, drei Jahre ist das nun her, der arme, arme Hugo!«
    Boah, kann die Mumie vielleicht auch mal Klartext reden? Was soll das jetzt?
    »Lassen Sie meinen verstorbenen Onkel aus dem Spiel!«, gifte ich ihn an. »Ich lass Sie am ausgestreckten Arm verhungern, so!« Ich verschränke die Arme vor dem, was man Brüste nennen könnte, und setze meinen triumphalsten Blick auf. Altmann hört auch wirklich auf zu grinsen.
    »Jetzt mal ernsthaft, Fräulein. Wollen Sie wirklich wissen, wie Ihr Onkel gestorben ist? In allen schmutzigen Einzelheiten? Oder genügt es Ihnen, dass ich Beweise habe, dass...«
    Ich reiße die Arme von der Brust und halte sie Altmann abwehrend entgegen.
    »Hören Sie auf! Außerdem bluffen Sie nur! Und noch außerdemer: Ich werde die Klitsche hier sowieso abstoßen und mich selber irgendwo faul in die Sonne legen. Dann können Sie meinetwegen mit Ihren Geheimnissen machen was Sie wollen!«
    Das saß. Eigentlich. Aber Altmann grinste schon wieder. Ob das so eine Art Krankheit bei steinalten Menschen ist?
    Ich betrachte mir den Alten genauer. Hm, vor vierzig Jahren mag er ja nicht einmal übel ausgesehen haben. Und der Viertagebart steht ihm ganz gut. Kopfhaare sind kaum noch welche zu erkennen und wenn, sind sie kurzgeschoren. Der Rest seines siechen Leibes steckt in viel zu weiten Klamotten, wahrscheinlich Altkleidersammlung.
    »Und jetzt verschwinden Sie!«, schreie ich unvermittelt, »Schreiben Sie halt weiter Ihren Bockmist, will sowieso keiner lesen!«
    Altmann nickt betrübt und für einen Moment tut es mir leid, ihm das ins Gesicht gesagt zu haben. Doch, doch, auch siebzehnjährige Teufelinnen wie ich haben manchmal so etwas wie ein Herz. Wo genau weiß ich zwar nicht, aber irgendwo hängt es ab und meldet sich einmal im Quartal zu Wort.
    »Sie wissen ja selber, dass wir keinen Fall haben«, sage ich deshalb etwas milder und wäre sogar beinahe versucht gewesen, ihm einen Kaffee zu kochen. Aber ich kann nicht kochen, nicht einmal Wasser.
    »Das könnten wir ändern«, kontert Altmann und grinst schon wieder. »Warum wollen Sie den Laden überhaupt verkaufen? Und an wen? Wer will sich denn in Kaufbeuren als Privatdetektiv niederlassen? Alle untreuen Ehemänner sind überführt, untreue Ehefrauen gibt es hier sowieso nicht und der letzte Versicherungsbetrug liegt zehn Jahre zurück.«
    »Eben!«, sage ich und grinse nun zur Abwechslung auch. »Hier ist tote Hose jobmäßig!«
    »Nö«, antwortet Altmann lapidar. »Vom schrecklichen Tod dieser Marketingtussi haben Sie gehört? Belinda Baumann hieß sie, glaub ich. Flugversuch vom Sywollenturm mit leider letalem Ausgang.«
    Hm, ach ja, ich erinnere mich. War vor zwei Wochen. Mysteriöse Sache, stimmt schon.
    »Selbstmord«, sage ich knapp. »Und außerdem hat uns niemand damit beauftragt.«
    Altmann nickt. »Stimmt. Aber wenn wir nun nachweisen, dass es kein Selbstmord war? Das wäre eine tolle Werbung für uns, finden Sie nicht auch?«
    Ich schüttele den Kopf. »Es WAR Selbstmord. Oder ist der Fall etwa nicht abgeschlossen?«
    Das muss Altmann zugeben. »Ja, ist er. Aber ältere Leute wie ich erinnern sich, dass vor dreizehn Jahren schon einmal eine junge Frau unter sehr nebulösen Umständen von einem Turm gefallen ist. Dem Gerberturm damals. Ähnliche Sachlage. Eine nette, lebenslustige Frau mit gutem Job, sie will nur rasch in die Metzgerei Metz, die Weißwürste für die Brotzeit kaufen – und zack, klettert auf den Gerberturm, öffnet ein Fenster und ist tot.
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