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Tür ins Dunkel

Tür ins Dunkel

Titel: Tür ins Dunkel
Autoren: Dean R. Koontz
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Fenstern des Hauses waren die Vorhänge zugezogen, aber die ganze Front war in das grelle Licht -sagbarer Scheinwerfer getaucht, und die Schatten 'turmgepeitschter Büsche huschten über die Wände.
    Ein Polizist in Uniform und Regenmantel war am Bordstein postiert. Ein zweiter stand unter dem Dachvorsprung vor der Haustür. Sie sollten offenbar neugierige Nachbarn und andere Schaulustige fernhalten, eine Aufgabe, die ihnen durch das Unwetter und die späte Nachtstunde leicht gemacht wurde.
    Quade stieg aus, aber Laura war nicht imstande, sich zu bewegen. Er steckte den Kopf wieder in den Wagen und sagte: 'Hier ist es.«
    Laura nickte, blieb aber regungslos sitzen. Sie wollte nicht ins Haus gehen. Sie wußte, was sie dort erwartete. Melanie. Tot.
    Quade ging um den Wagen herum, öffnete die Beifahrertür und streckte Laura seine Hand entgegen.
    Der Wind fegte dicke Regentropfen ins Auto.
    Quade runzelte die Stirn. »Mrs. McCaffrey? Weinen Sie?«
    Sie konnte ihre Augen nicht von dem Leichenwagen wenden. »Sie haben mich angelogen«, murmelte sie. »Wie bitte? Nein, keineswegs, überhaupt nicht.« Sie brachte es nicht über sich, ihm ins Gesicht zu sehen. Er stieß ein schnaubendes Geräusch aus. »Nun ja, es handelt sich um Mord. Wir haben es mit mehreren Leichen zu tun.« Laura wollte schreien.
    Quade fuhr hastig fort: »Aber Ihre kleine Tochter ist rrcht im Haus. Sie befindet sich nicht unter den Opfern. Ganz ehrlich.« Laura blickte ihm in die Augen. Er schien die Wahrheit zu sagen. Sie stieg aus. Er stützte sie am Arm, und sie gingen auf die Haustür Zu.
    Der prasselnde Regen erinnerte Laura an die Trommeln bei einem Leichenzug.

2
    Der Polizist, der vor der Tür stand, ging ins Haus, um Lieutenant Haldane zu holen. Laura und Quade warteten draußen, unter dem Vordach, das ein wenig Schutz vor Wind und Regen bot.
    Die frische, klare Nachtluft duftete nach Rosen. Entlang der ganzen Hausfront rankten sich Rosenbüsche an Spakeren empor, und in Kalifornien blühten die meisten Arten sogar im Winter. Die tropfnassen Blumen ließen matt die Köpfe hängen. Haldane kam nach kurzer Zeit heraus. Er war groß, breitschultrig und ein wenig grobschlächtig, hatte kurzgeschnittene sandfarbene Haare und ein breites, sympathisches irisches Gesicht. Seine blauen Augen wirkten so ausdruckslos, als wären sie aus Glas, und Laura fragte sich unwillkürlich, ob sie immer so aussehen mochten, oder ob dieser seltsam starre Blick von den beklemmenden Bildern herrührte, die sich ihm im Haus geboten hatten. Lieber Gott!
    Er trug ein Sportsakko aus Tweed, ein weißes Hemd mit Krawatte, deren Knoten er etwas gelockert hatte, eine graue Hose und schwarze Slipper. Von den Augen einmal abgesehen, wirkte er gutmütig und vertrauenerweckend, und das kurze Lächeln, das er Laura schenkte, strahlte echte Wärme aus. »Doktor McCaffrey?« sagte er. »Ich bin Dan Haldane.«
    »Meine Tochter...«
    »Wir haben Melanie noch nicht gefunden.«
    »Sie ist nicht...«
    »Was?«
    »Tot?«
    »Nein, nein. Um Himmels willen, nein. Wenn das der Fall wäre, hätte ich Sie nicht herbringen lassen, das versichere ich Ihnen.«
    Sie verspürte keine Erleichterung, weil sie nicht sicher war, ob sie ihm glauben sollte. Er wirkte nervös, angespannt. Etwas Schreckliches war in diesem Haus geschehen. Das war ihr klar. Und wozu hatte man sie zu solch nachtschlafender Zeit hergeholt, wenn Melanie nicht gefunden worden war? Was war hier los?
    Haldane entließ Carl Quade, der durch den Regen zum Streifenwagen zurückrannte. »Dylan? Mein Mann?« fragte Laura. Haldane wich ihrem Blick aus. »Ja, wir glauben, ihn hier gefunden zu haben.«
    »Ist er... tot?«
    »Nun... ja, wir glauben, daß er tot ist. Das heißt, wir haben eine Leiche, die seinen Personalausweis bei sich trug, aber wir konnten ihn noch nicht mit Sicherheit identifizieren. Dazu werden wir Fingerabdrücke oder einen zahnärztlichen Befund benötigen.«
    Die Nachricht von Dylans Tod übte auf Laura eine überraschend geringe Wirkung aus. Sie hatte verständlicherweise nicht das Gefühl, einen Verlust erlitten zu haben; schließlich hatte sie ihren Mann die letzten sechs Jahre hindurch gehaßt. Aber sie war auch nicht glücklich über seinen Tod; sie verspürte keine Befriedigung, keine Genugtuung, sie sagte sich nicht, daß er endlich bekommen hatte, was er verdiente. Sie hatte ihn einmal geliebt, dann gehaßt. Und jetzt, als Toter, war er ihr gleichgültig. Sie verspürte absolut nichts, und das war
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