Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tu dir weh

Tu dir weh

Titel: Tu dir weh
Autoren: Ilaria Palomba
Vom Netzwerk:
Klingel.
    Eine Frau mit Kochschürze macht die Tür auf. Im Haus riecht es nach frischgebackener Focaccia. Die Frau umarmt Stella. Sagt ihr, dass Donato noch schläft.
    »Willst du ein Stück Focaccia? Einen Kaffee? Ein Stück Kuchen?«
    »Nein, vielen Dank.«
    Eigentlich sterbe ich vor Hunger.
    »Nimm, Stella. Tu dir keinen Zwang an.«
    »Wenn Sie darauf bestehen.«
    Sie folgt der Frau mit der Schürze zur Küche, setzt sich, die Frau schneidet ein Stück dampfender Focaccia ab und stellt es ihr hin. Sie lächelt.
    Schön wär’s, wenn ich auch eine Mutter hätte, die in der Küche gut ist und nicht nur darin, einem auf die Nerven zu gehen.
    »Was macht die Uni?«
    »Gut, es gefällt mir sehr. Ich besuche jetzt ein Seminar über Sartre: etwas kompliziert, aber interessant.«
    »Tja, Stella, du bist ein gutes Mädchen, nicht so ein Taugenichts wie mein Sohn.«
    Stella beißt in die Focaccia, kaut, schluckt. Es schmeckt nach gebratenem Brot, Kartoffeln, Tomaten. Als sie mit dem Essen fertig ist, begleitet die Frau sie ins Zimmer ihres Sohnes. Sie macht die Tür auf.
    »Donato, wach auf, Stella ist da.«
    Donato, mein Lieber, wach auf ... meine Eltern hätten mich längst mit Fußtritten aus dem Bett gejagt, wenn ich um vier Uhr nachmittags noch schlafen würde.
    Der Freak macht die Augen auf. Sie tritt ein, die Frau geht und schließt die Tür. Es ist dunkel.
    Der Freak setzt sich im Bett auf. Stella geht etwas näher heran. Ihr ist zum Heulen.
    »Ziehst du nicht den Rollladen hoch?«
    »Ich bleib lieber im Dunkeln.«
    »Komm, mach ihn auf, sonst krieg ich Beklemmungen.«
    Schweigen.
    Stella zieht den Rollladen hoch. Das Zimmer wird von Licht durchflutet. Langsam kann man die Poster an der Wand erkennen: Grateful Dead, Pink Floyd, Jefferson Airplane, Bob Marley. Klamotten liegen über das Sofa verstreut. Der rote Schimmer von Donatos Barthaaren wird sichtbar. Seine traurigen Augen ebenso. Seine hervorstehenden Backenknochen. Seine Stirn und die Zornesfalten.
    Donato streicht sich die wirren Haare nach hinten, die ihm sonst bis zum Bauchnabel reichen. Er atmet tief ein, hält den Atem an und sagt:
    »Setz dich bitte.«
    Stella setzt sich neben ihn, nicht zu nah.
    »Komm näher«, sagt er.
    Sie rückt näher, lässt aber etwas Platz zwischen ihrem Hintern und dem von Donato.
    »Wie geht’s dir?«
    Scheiße.
    »Gut ...«
    Schweigen.
    Stella schaut Donato an. Sie hat das Gefühl, dass er schon alles weiß. Sie kann es ihm nicht sagen. Sie würde gerne, aber sie kann es nicht. Außerdem hat er es sowieso begriffen, denkt sie, es macht keinen Sinn, sich in Einzelheiten zu ergehen.
    »Gibt’s etwas, dass du mir sagen solltest?«, fragt er.
    Verdammt, ich habe nicht gedacht, dass es so schwer sein würde.
    Sie rutscht etwas weiter weg. Donato legt eine Hand auf ihr Bein.
    »Hau nicht ab.«
    »Ich haue nicht ab.«
    Sie schauen sich an. Stella seufzt. Schluckt. Ihre Finger krallen sich in die Decke.
    »Donato, wir beide können nicht mehr zusammen sein.«
    »Hast du mich betrogen?«
    Sie beißt sich auf die Lippen.
    Ja.
    »Nein.«
    »Wer waren die?«
    »So Leute halt.«
    »Warum bist du mit denen mitgegangen?«
    »Es gibt ein Mädchen.«
    »Ein Mädchen?«
    »Ja, mir gefällt ein Mädchen.«
    Was für eine Riesenlügnerin.
    Sie schauen sich an. Er sucht nach Antworten in ihren Augen.
    »Ein Mädchen?«
    Warum? Darf ich nicht lesbisch werden?
    Der Freak lässt den Kopf in die Hände sinken. Stella rückt zu ihm, löst seine Hände vom Gesicht und hält sie fest. Er schaut auf. Sie fühlt sich wie ein Stück Dreck. Sie drückt ihn an sich. Küsst ihn. Er dreht sich weg. Dann wieder zurück. Er küsst sie. Stella schließt die Augen. Kneift sie fest zusammen. Eine Träne fließt über ihre Wange. Er streicht ihr durch das Haar, das Gesicht.
    »Was hast du, Stella?«, sagt er leise. »Was hast du?«
    Nichts, ich hatte nur völlig zugedröhnt Sex mit einem Unbekannten.
    Sie hält das Schluchzen zurück. Lässt sich ausziehen. Das schuldet sie ihm. Die Finger ihres Freundes gleiten über ihren Körper wie die eines Fremden. Der Freak ertastet die glatte, nackte Haut zwischen ihren Beinen. Seine Hand bleibt auf ihrem Geschlecht liegen.
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich wollte etwas ändern.«
    Warum, findest du das nicht erregend?
    Donato lässt sie los und knöpft sich die Hose wieder zu.
    »Ich finde, du veränderst dich gerade zu sehr«, sagt er.

DAS GESCHENK
    Stella lässt den Freak auf dem Bett liegen, geht aus dem Zimmer,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher