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TS 90: Die dritte Chance

TS 90: Die dritte Chance

Titel: TS 90: Die dritte Chance
Autoren: Clark Darlton
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Er wußte nicht einmal, ob es ihn überhaupt jemals gegeben hatte.
    Seine künstliche Erinnerung setzte ein, während das Raumschiff in den Nebelwolken verschwand. Ja, er kannte diese einsame Gegend in der Nähe der Küste. Hier war er oft am Tage gewesen, wenn seine Arbeit ihm Zeit dazu ließ. Die Bahnlinie und die Station waren nicht mehr weit. Höchstens zehn Minuten. In einer Stunde konnte er zu Hause sein.
    Er sah nicht mehr zurück und fand die Straße, die nach Westen führte. Der Nebel hatte nachgelassen, und er konnte bald die Lichter der Station sehen. Hier verkehrten die Vorortzüge alle paar Minuten, und er würde nicht lange zu warten haben. Seine Hand ging unwillkürlich zur Brusttasche. Er fühlte den dicken Packen mit Banknoten. Wo hatte er sie eigentlich her? So genau wußte er es nicht mehr …
    Im Zug war es kalt und ungemütlich. Ihm gegenüber hatte ein Mann Platz genommen, der nach Fusel stank. Keine angenehme Reisegesellschaft, dachte Fabian bitter, aber immerhin ist er ein Mensch, und kein Fremder in der Gestalt eines Menschen. Mit einem gelinden Schrecken wurde ihm klar, daß er das Ganze nicht geträumt hatte. Aber wie waren sie ausgerechnet auf ihn, den unbekannten Physiker Gerold Fabian, verfallen?
    „Was … was starren Sie mich so an?“ knurrte der Angetrunkene böse und stieß eine widerliche Alkoholfahne aus, die Fabian fast die Besinnung geraubt hätte, wenn er nicht schnell die Luft angehalten hätte. „Ich habe mich besoffen … na, und?“
    „Oh, Sie mißverstehen, mein Herr. Ich habe Sie nicht angestarrt, sondern mir nur überlegt, ob Sie Hilfe benötigen.“
    Der Betrunkene betrachtete ihn verwundert.
    „Hilfe? Ich?“ Er lachte grölend. „Warum sollte ich wohl Hilfe benötigen? Ich habe einen sitzen und fühle mich wohl. Außerdem habe ich den richtigen Zug erwischt. Was will ich noch mehr? Hick.“
    Der Zug erreichte die Vorstadt. Immer mehr Lichter erhellten die Nacht und vertrieben die Dunkelheit. Leuchtreklamen flammten auf. Fabian sah auf seine Uhr – er hatte jetzt wieder eine. Gleich Mitternacht.
    „Man sollte sich nicht so sinnlos betrinken“, sagte er, um überhaupt etwas zu sagen.
    Sein Gegenüber versuchte aufzustehen, sank aber sofort wieder auf die Bank zurück.
    „Das hat mir gerade noch gefehlt!“ jammerte er. „Hören Sie bloß mit den Moralpredigten auf, Mann. Ich trinke, wann und wo ich will. Und soviel ich will! Wir leben in einem freien Land, und ich bin ein freier Bürger … nick …“
    Sein Kopf sank gegen die Brust, dann verkündeten regelmäßige Schnarchtöne, daß er seine ihm verfassungsmäßig zustehende Freiheit dazu benutzte, ausgerechnet jetzt einzuschlafen.
    Fabian war es recht. Er lehnte sich gegen die Rückwand und versuchte nachzudenken. Etwas weiter vorn im Wagen saß ein Liebespaar und nahm weniger Platz ein als ein normaler Erwachsener. Sonst waren nur noch zwei Männer anwesend, die sich leise und angeregt unterhielten.
    Wo sollte er beginnen? Hier und jetzt? Das war völlig sinnlos. Und auch dann, wenn er den einen oder anderen zu überzeugen vermochte, was nützte das schon? Nein, wenn schon, dann mußte er gleich bei den entscheidenden Stellen ansetzen. Bei den Wissenschaftlern und Politikern, oder gar sofort im Verteidigungsministerium.
    Als der Zug die Endstation erreichte, ließ er den Betrunkenen weiterschlafen, stieg aus und machte sich auf den Weg zum nächsten Taxistand. Die beiden Männer, die sich so angeregt unterhalten hatten, waren spurlos verschwunden. Das Liebespaar schlenderte engumschlungen der nächsten Bar zu. Der Betrunkene fuhr die Strecke wohl wieder zurück. Immerhin behielt er recht: Er hockte jedenfalls im richtigen Zug.
    Fabian nannte dem Fahrer seine Adresse und lehnte sich in die Polster zurück. Aber der Mann am Steuer gehörte wohl zu den gesprächigen Typen, die es für ihre Pflicht hielten, ihren Fahrgast zu unterhalten.
    „Eine schöne, warme Nacht, finden Sie nicht? Sie waren wohl draußen am Meer?“
    „Ja, da war ich auch“, gab Fabian Auskunft.
    „Hatte heute abend schon zehn Fuhren in die City, Sir.“ Er drehte sich um und zwinkerte vertraulich. „Aber alles Pärchen. Sie sind der erste Einzelgänger.“
    „Ich bin unverheiratet.“
    Der Chauffeur lachte belustigt.
    „Oh, die anderen waren auch nicht alle verheiratet. Was glauben Sie wohl, wieviel Unverheiratete …“
    Fabian hatte keine besondere Lust, sich die Sittengeschichte der großen Stadt anzuhören.
    „Ich war
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