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TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit

TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit
Autoren: Philip K. Dick
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und Nase. Er tat einen tiefen Atemzug und füllte seine Lungen bis zum Bersten. Die Luft roch gut – dick und feucht und angereichert mit dem Duft wachsender Pflanzen. Er atmete aus und tat einen zweiten Atemzug.
    Rechts von ihm hatte sich orangefarbenes Blattwerk um eine schon halb eingeknickte Betonsäule gewunden. Das ganze Land war mit Gras und Bäumen bedeckt. In der Ferne ragte dichte Vegetation wie eine Wand in die Höhe, ein Dschungel mit Kriechtieren und Insekten und Blumen und dichtem Unterholz, durch das er sich einen Weg würde bahnen müssen.
    Zwei riesengroße Schmetterlinge tanzten an ihm vorbei, zerbrechlich anmutende, vielfarbige Geschöpfe, die ihn umflatterten und dann verschwanden.
    Leben überall – Insekten und Pflanzen und die vielen kleinen Tiere im Unterholz, ein Dschungel, der vor Leben förmlich vibrierte. Trent seufzte und schob sich den Helm wieder zurück. Zwei Atemzüge – mehr wagte er nicht.
    Er drehte am Ventil seines Sauerstofftanks und hob dann den kleinen Sender an die Lippen. Er schaltete ihn ein.
    „Trent. Zentrale bitte kommen. Hören Sie mich?“
    Einen Augenblick waren nur knackende Geräusche zu hören. Schließlich meldete sich eine schwache, geisterhaft klingende Stimme.
    „Trent, bitte kommen. Wo zum Teufel steckst du denn?“
    „Ich gehe immer noch nach Norden. Ruinen vor mir. Vielleicht muß ich einen Umweg machen. Sieht ziemlich dicht aus.“
    „Ruinen?“
    „New York vielleicht. Ich sehe auf der Karte nach.“
    Die Stimme klang eifrig. „Schon etwas gefunden?“
    „Nichts. Bis jetzt wenigstens noch nichts. Ich gehe um die Ruinen herum und melde mich in etwa einer Stunde wieder.“ Trent sah auf seine Armbanduhr. „Jetzt ist es halb vier. Ich rufe vor dem Abend noch einmal an.“
    Die Stimme zögerte. „Viel Glück. Hoffentlich findest du etwas. Was macht dein Sauerstoff?“
    „Reichlich.“
    „Lebensmittel?“
    „Noch genügend da. Vielleicht finde ich ein paar eßbare Pflanzen.“
    „Riskiere nur nichts.“
    „Nein, bestimmt nicht.“ Trent schaltete den Sender ab und steckte ihn wieder in den Gürtel. „Bestimmt nicht“, wiederholte er. Er nahm seine Strahlpistole, schob sich das Bündel auf dem Rücken zurecht und ging weiter. Seine schweren, bleigefütterten Stiefel sanken tief in den mit Blättern bedeckten Schlamm.
    Es war gerade vier Uhr, als er sie sah. Sie traten aus dem Dschungel um ihn. Zwei junge Männer – hochgewachsen und hager und von blaugrauer Farbe, so wie Asche. Einer hob grüßend die Hand. Sechs oder sieben Finger – mit ein paar zusätzlichen Gliedern.
    „Tag“, piepste er.
    Trent blieb sofort stehen. Sein Herz schlug schneller.
    „Guten Tag.“
    Die beiden Jungen kamen langsam auf ihn zu.
    Einer trug eine Axt – eine Buschaxt. Der andere schien nur eine Hose und die Überreste eines Leinenhemds zu besitzen. Sie waren beinahe zweieinhalb Meter groß. Kein Fleisch – nur Knochen und harte Sehnen und große, neugierige Augen mit dichten Lidern. Innere Veränderungen in ihrem Körper, ein völlig unterschiedlicher Metabolismus und Änderungen in der Zellstruktur erlaubten ihnen, radioaktive Salze zu verarbeiten – natürlich hatte sich auch ihr Verdauungssystem dem anpassen müssen. Beide musterten Trent interessiert – mit zunehmendem Interesse sogar.
    „Du“, sagte einer. „Du bist ein Mensch.“
    „Stimmt“, nickte Trent.
    „Ich heiße Jackson.“ Der junge Mann streckte ihm seine schmale, mit blaugrauer Hornhaut bedeckte Hand hin, und Trent schüttelte sie etwas verlegen. Die Hand fühlte sich zerbrechlich an. Dann fügte der Junge hinzu:
    „Mein Freund hier heißt Earl Potter.“
    Trent schüttelte auch Potter die Hand.
    „Ich grüße dich“, sagte Potter. Seine Lippen verzogen sich. „Können wir uns deine Sachen ansehen?“
    „Meine Sachen?“ konterte Trent.
    „Deine Pistole und deine Geräte. Was hast du da an deinem Gürtel? Und dieser Tank?“
    „Sender – Sauerstoff.“ Trent zeigte ihnen den Sender.
    „Batteriebetrieben. Reichweite hundert Meilen.“
    „Bist du aus einem Lager?“ fragte Jackson schnell.
    „Ja. Drunten in Pennsylvania.“
    „Wie viele?“
    Trent zuckte die Achseln. „Paar Dutzend.“
    Die blauhäutigen Riesen waren fasziniert. „Wie habt ihr es fertiggebracht zu überleben? Pennsylvania ist doch ziemlich schwer getroffen worden, nicht? Die Krater müssen furchtbar tief sein dort drunten.“
    „Bergwerke“, erklärte Trent. „Unsere Vorfahren haben sich in die Bergwerke
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