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TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2

TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2

Titel: TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2
Autoren: Henry Kuttner
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Ansprache fort, solange er dazu noch imstande war.
    „Ich hoffe, daß es mir möglich sein wird, weiter auf die Schaffung der neuen Kolonie hinzuarbeiten“, sagte er. „Natürlich arbeite ich dabei für mich selbst, zugleich aber auch für Sie alle, die Sie nicht zu den herrschenden Schichten der Kuppeln gehören. Solange ich lebe, werde ich mein Ziel verfolgen. Und wenn ich morgen nicht mehr zu Ihnen sprechen kann, um Ihnen weiter von unseren Plänen zu berichten, dann wissen Sie, warum.“
    Ein leises, anschwellendes Murmeln erhob sich in den Straßen der Delawarekuppel. Die Sendung war zu Ende, aber die Schlußworte hingen noch in der Luft. Zum erstenmal seit Jahrzehnten hatten sich wieder Menschenmengen unter den riesigen öffentlichen Fernsehschirmen versammelt, und zum erstenmal im Verlauf menschlicher Geschichte auf der Venus erhob sich die Stimme des Volkes über die Gleitbänder der Kuppeln.
    Das leise Murmeln klang eher überrascht als drohend, aber es ließ sich nicht ignorieren.
    Die Harkers hörten es und warteten ihre Zeit ab. Sie hatten viel Zeit. Sie konnten es sich leisten, zu warten.
     
    Damit war Sam vorübergehend vor dem Zugriff der Privatpolizei sicher. Unverzüglich arbeitete er darauf hin, seine Stellung zu festigen. Er brauchte eine Waffe, die ihm stärkere Macht über die Harkers verlieh als die Lenkung der unberechenbaren Massen.
    Die Schlüsselstellung in seinen Nachforschungen nahm Sari Walton ein. Ihrer Abstammung nach zählte sie halb und halb zum Geschlecht der Harkers. Worauf gründete sich ihre Charakterschwäche?
    Sam unternahm alle Anstrengungen, um diese Frage zu lösen. Was er an Unterlagen über die Unsterblichen aufstöberte, war mager und bestand nur aus den wichtigsten Angaben über Herkunft und Werdegang. Zugegeben, bereits die Langlebigkeit der Unsterblichen ersparte ihnen manche Beanspruchung, die einem normalen Menschen die Nerven raubte. Aber gerade diese Langlebigkeit mußte ihnen dafür andere Lasten aufbürden, die der Außenstehende nicht ohne weiteres nachempfinden konnte.
    Sam forschte und grübelte, grübelte und forschte. Alle Einfälle, denen er nachging, führten ihn in Sackgassen. Am Ende blieb nur ein winziger Umstand übrig, dessen Verfolgung aussichtsreich erschien. Er lieferte bestenfalls einen Hinweis; endgültig konnte er nicht genannt werden. Aber er wies einen vielversprechenden Weg.
    Die Unsterblichen pflanzten sich in großen Abständen fort. Ihre fruchtbaren Tage dauerten nur kurze Zeit und lagen jeweils fünfzig bis fünfundsiebzig Jahre auseinander. Die Nachkommen zweier Unsterblicher wiesen alle Züge langen Lebens auf, aber gesund und kräftig waren sie nicht. Obwohl sie mit Samthandschuhen aufgezogen wurden, lag ihre Sterblichkeitsziffer hoch.
    Sam stellte fest, daß zu der Zeit, als Sari Walton auf die Welt kam, den Harkers ein Sohn geboren worden war, der den Namen Blaze erhalten hatte. Diese beiden Kinder hatten zu jener Zeit als einzige in der Delawarekuppel das Licht der Welt erblickt.
    Und Blaze Harker war verschwunden.
    Mit wachsendem Interesse durchforschte Sam die Unterlagen auf der Suche nach einer Erklärung für das Verschwinden des Mannes. An keiner Stelle stand ein Todestag verzeichnet. Die üblichen Angaben über Erziehung, übernommene Pflichten und der Stadt geleistete Dienste reichten bis zu einem Zeitpunkt, der siebzig Jahre zurücklag. Danach brachen sie ab.
    Voller Erregung legte Sam die Unterlagen an ihren Platz zurück.

 
3.
     
    „Das sollte unseren Zwecken entsprechen“, urteilte Robin Hale und trat von dem Periskop zurück. „Schauen Sie selbst.“
    Sam überquerte taumelnd das stampfende Deck und bückte sich zu dem Okular. Der nasse Wind blies ihm ins Gesicht, das Boot schlingerte, und er fühlte sich wie trunken. An alles, selbst an die Brise, die über das Schiff wehte, mußte er sich erst gewöhnen. Ein unverhoffter Windhauch, der durch die Kuppeln strich, bedeutete etwas gänzlich anderes als die natürlichen Luftströmungen der Meere und Kontinente.
    Unter einem fahlen Himmel wogte milchiges Wasser rund um die Männer. Die gewaltigen Trümmermassen eines Uferforts verdämmerten ihr Dasein unter der Last schmarotzender Lianen, die jeden Zoll überwucherten. Unausgesetztes Raunen drang aus dem Dschungel herüber, untermischt mit dem Kreischen, Fauchen und Brüllen unsichtbaren Getiers. Die See leckte geräuschvoll an den Flanken des Bootes. Der Wind stöhnte in den Aufbauten. Zahllose Laute verschmolzen
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