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TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1

Titel: TS 53: Alle Zeit der Welt, Teil 1
Autoren: Henry Kuttner
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langsam mit den jungen Pferden.“
    Vor sich hinmurmelnd, strebte der Logiker einem Aufzug zu. Im Kontrollraum beobachtete er über einen Bildschirm den hageren, sonnverbrannten Mann, der mit unbehaglicher Miene auf seinem Stuhl saß.
    „Robin Hale“, sagte er mit tiefer, fremder Stimme.
    Hale erstarrte automatisch. „Ja.“
    „Sie gehören zu den Unsterblichen. Das bedeutet, daß Sie mit einer Lebensspanne von annähernd siebenhundert Jahren rechnen können. Sie haben aber keinen Beruf. Trifft das zu?“
    „Es stimmt.“
    „Was ist aus Ihrem Beruf geworden?“
    „Dasselbe wie aus den Freien Trupps.“
    Die Freien Trupps waren zugrundegegangen. Ihre Zeit war vorüber, als die Kuppeln sich unter einer einzigen Regierung zusammenschlossen und die ständigen Kämpfe ein Ende fanden. Diese Auseinandersetzungen hatten die Freien Trupps ausgetragen, Söldner, die für die Kuppeln stritten. Die Kuppeln selber wagten nicht zu kämpfen, aus Furcht, sie könnten dabei zugrundegehen.
    „Unter den Freien Trupps befanden sich kaum Unsterbliche“, stellte der Logiker fest. „Die Freien Trupps sind verschwunden. Sie haben Ihren Beruf überlebt, Hale.“
    „Das weiß ich selbst.“
    „Ich soll also einen neuen Beruf für Sie finden?“
    „Dazu sind Sie nicht in der Lage“, antwortete Hale bitter. „Es gibt keinen Beruf für mich, und ich kann die Aussicht nicht ertragen, jahrhundertelang müßig dahinzuleben und nur dem Vergnügen zu frönen.“
    „Dann will ich Ihnen sagen, was Sie tun können“, versetzte der Logiker. „Sie können sterben.“
    Nach diesem Satz herrschte Schweigen.
    „Ihnen einen Rat zu geben, wie Sie am besten den Tod suchen, fällt mir schwerer“, fuhr der Logiker fort. „Sie sind ein Kämpfer, und Sie werden kämpfend sterben wollen. Möglichst natürlich im Kampf für eine Sache, an die Sie glauben.“
    Er brach ab. Als er weitersprach, klang seine Stimme verändert.
    „Warten Sie eine Sekunde“, sagte er. „Ich komme runter. Bleiben Sie sitzen.“
    Einen Augenblick später kam seine lange, schmächtige Gestalt hinter einem Wandvorhang zum Vorschein. Hale sprang auf und starrte die Vogelscheuche an, die da vor ihm auftauchte. Mit einer Handbewegung bedeutete ihm der Logiker, wieder Platz zu nehmen.
    „Ein Glück, daß ich hier den Ton angebe“, sagte er. „Die Bonzen würden sonst Zeter und Mordio schreien. Aber ohne mich wären sie aufgeschmissen. Schließlich bin ich der Logiker. Setzen Sie sich doch endlich hin.“
    Er zog sich einen zweiten Stuhl heran, kramte einen sonderbar geformten Gegenstand aus der Tasche – eine Pfeife – und stopfte sie mit Tabak.
    „Ich baue das Zeug selber an“, erklärte er dabei. „Jetzt hören Sie mal zu, Hale. Für die Kuppeln ist dieser ganze Zirkus recht und gut, aber ich habe keine Lust, Ihnen einen Bären aufzubinden.“
    Hale riß die Augen auf.
    „Aber … der Tempel … die Wahrheit … soll das heißen, daß man hier …“
    „Beschummelt wird? Aber woher denn. Der Tempel hält, was er verspricht. Die Wahrheit tritt bloß nicht immer sehr würdig zutage. Früher wurde sie nackt abgebildet. Na ja, sie hatte auch die Figur dafür. Aber nehmen Sie mich dagegen. Die Leute würden in Ohnmacht fallen.
    Am Anfang haben wir noch mit offenen Karten gespielt. Aber da war der Wurm drin. Die Kundschaft dachte, ich gäbe eben meine Meinung zum besten. Verständlich; ich sehe ja auch aus wie ein ganz normaler Mensch. Doch der Schein trügt.
    Ich bin ein Mutant, einer von der seltenen Sorte. Mit mir fängt die Geschichte wieder von vorne an. Plato, Aristoteles, Bacon, Korzybski, die Elektronengehirne – aber die beste Methode, menschliche Probleme mit Logik anzugehen, ist immer noch die alte. Ich kenne alle Antworten, und sie stimmen außerdem.“
    Hale schnappte nach Luft.
    „Aber Sie können doch nicht unfehlbar sein! Halten Sie sich denn an kein System?“
    „Alles schon ausprobiert“, erwiderte der Logiker. „Läuft immer auf ein und dasselbe hinaus. Pferdeverstand.“
    Er entzündete seine Pfeife.
    „Ich bin über tausend Jahre alt“, sagte er. „Schwer zu glauben, ich weiß. Aber ich habe Ihnen ja gleich gesagt, daß ich ein Mutant von der seltenen Sorte bin.
    Ich bin auf der Erde zur Welt gekommen. An die Atomkriege kann ich mich noch gut erinnern. Nicht an die ersten – die waren an meinen Eigenschaften schuld, weil meine Eltern einigen Sekundärstrahlungen in die Quere kamen. Ich bin fast ein echter Unsterblicher; langlebiger wird
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