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TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff

TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff

Titel: TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff
Autoren: G. Martynow
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verabschiedete und mit seinem Wagen wegfuhr. Es war fünfzehn Minuten vor zehn. Mit Larins Abfahrt war unsere letzte Verbindung zu den Menschen abgebrochen.
    »Gehen wir!« sagte Kamow.
    Der Aufzug beförderte uns rasch zur Plattform hinauf.
    Von dieser Höhe aus konnte man den ganzen Raketenflugplatz überblicken. Das letzte, was ich sah, ehe ich durch die Eingangsöffnung des Schiffes kroch, war eine fern am Horizont aufsteigende rote Rakete.
    »Schnell!« sagte Kamow. Er folgte mir, und wir schlossen durch einen Druck auf den Knopf die Luke.
    »Was ist das für eine Rakete?« fragte ich Kamow.
    »Das Zeichen, daß es bis zum Start nur noch zehn Minuten sind«, antwortete er.
    Wir befanden uns nun im vorderen Teil des Schiffes mit dem Observatorium und dem Leitstand. Der Raum war von elektrischem Licht durchflutet.
    Paitschadse reichte uns große Lederhelme. Ich fragte, wozu wir sie brauchten.
    »Zum Schutz der Ohren«, erwiderte er. »Setzen Sie den Helm auf, ziehen Sie die Riemen fest an, und legen Sie sich hin.« Er wies auf eine breite Matte, die auf dem Fußboden lag. »Die Beschleunigung beträgt zwanzig Meter. Das ist nicht viel, aber im Liegen kann man’s leichter ertragen. Es wird fast eine halbe Stunde dauern.«
    »Wir werden also gar nichts sehen?« fragte ich enttäuscht.
    »Doch. Wenn die Motoren aussetzen, öffnen wir die Fenster.«
    Er setzte sich den Helm auf und legte sich zu Belopolski auf die Matte. Mir blieb nichts anderes übrig, als es ihm gleichzutun.
    Kamow, der den gleichen Helm aufhatte wie wir, nahm in dem Ledersessel am Steuerpult Platz und ließ die Stoppuhr nicht aus den Augen. Dieser Sessel, der mit dem Pult ein Ganzes bildet, kann sich mit ihm, entsprechend der Schiffslage, nach allen Richtungen drehen. Er wird nur beim Start und in der Nähe von Planeten benutzt. Unterwegs, wenn die Schwerkraft im Raumschiff aufgehoben ist, braucht man ihn natürlich nicht mehr.
    Ich schaute auf die Uhr. Zwei Minuten vor zehn.
    Was ich in diesem Augenblick empfand, ist schwer zu beschreiben. Meine Erregung hatte sich bis zur Qual gesteigert.
    Noch eineinhalb Minuten … Noch eine Minute.
    Dreißig Sekunden … Zwanzig … Zehn …
    Kamow warf einen Hebel am Pult herum, dann noch einen. Durch den Helm, der die Ohren fest umschloß, war ein zunehmendes Dröhnen zu hören. Ich fühlte, wie der Schiffsleib erbebte. Dann drückte mich eine sanfte Gewalt fest zu Boden. Mein Arm mit der Uhr sank unwillkürlich herab. Ich mußte mich anstrengen, ihn wieder zu heben. Er war merklich schwerer als sonst.
    Eine Minute nach zehn …
    Wir flogen also schon!
    Das Dröhnen nahm jetzt nicht mehr zu, war aber so stark, daß es ohne den über den Kopf gestülpten Schutzhelm wohl kaum zu ertragen gewesen wäre.
    Das Schiff steigerte mit jeder Sekunde seine Geschwindigkeit um zwanzig Meter und flog immer schneller.
    Ich bedauerte, daß ich die entschwindende Erde nicht auf die Platte bannen konnte. Das wären sehr effektvolle Aufnahmen geworden.
    Die Zeit verging. Seit dem Start waren etwa fünfzehn Minuten verstrichen. Wir befanden uns weit außerhalb des Bereichs der Atmosphäre und flogen im luftleeren Raum. Mich ergriff fieberhafte Ungeduld. Ich konnte einfach nicht mehr still liegen. Der Lärm, den unsere Atomdüsenantriebe verursachten, zerrte an den Nerven und weckte den quälenden Wunsch, wenigstens für einen Augenblick davon befreit zu sein.
    Etwa zwanzig Minuten nach dem Start stand Kamow plötzlich auf und trat an eines der Fenster. Er schob die Fensterplatte etwas beiseite und sah durch einen schmalen Spalt hinaus. Ich hätte viel darum gegeben, an seiner Stelle zu sein.
    Die letzten Minuten zogen sich unglaublich in die Länge.
    Es blieben noch drei Minuten, noch zwei …
    Unser Schiff erreichte allmählich die ungeheure Geschwindigkeit von achtundzwanzigeinhalb Kilometern in der Sekunde. Nach dem Verstummen der Motoren würden wir mit dieser Geschwindigkeit vierundsiebzig Tage lang fliegen, bis wir die Venus erreicht haben.
    Als nur noch eine Minute geblieben war, schloß ich die Augen und bereitete mich auf die gewaltige Umstellung vor, die nun erfolgen sollte: von doppelter Schwere zu völliger Schwerelosigkeit.
    Plötzlich geschah etwas. In meinen Ohren dröhnte es zwar noch immer, aber ich fühlte mit meinem ganzen Körper, daß eine Veränderung vor sich gegangen war. Ein leichter Schwindel befiel mich, ging aber sofort wieder vorüber. Die Matte, auf der ich lag, wurde plötzlich so weich, daß ich
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