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Trigger - Dorn, W: Trigger

Titel: Trigger - Dorn, W: Trigger
Autoren: Wulf Dorn
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reagieren, sondern kurz mit uns Kontakt aufnehmen sollen. Dann hätten Sie erfahren, dass Herr Brenner auch damals dehydriert und deshalb verwirrt war. Es mag ja sein, dass sein Verhältnis zur Flüssigkeitsaufnahme gelegentlich gestört ist, schizophren ist er deswegen noch lange nicht. Sie können dazu auch gern Herrn Dr. Behrendt fragen, der Herrn Brenner damals behandelt hat.«
    Für ein paar Sekunden herrschte Schweigen in der Leitung, dann fragte Dr. März: »Wollen Sie mir da gerade etwas unterstellen?«

    »Ich unter stelle Ihnen nichts, ich stelle etwas fest. Durch Ihre Nachlässigkeit haben Sie Herrn Brenner einer lebensgefährlichen Situation ausgesetzt. Abgesehen davon trägt er nun auch noch die Diagnose Schizophrenie in seiner Krankengeschichte mit sich herum. Ich muss Ihnen ja wohl nicht erklären, was eine solche Eintragung bedeutet, ganz gleich, ob es sich dabei um eine Fehldiagnose handelt oder nicht.«
    »Jetzt reicht’s!«, fauchte Dr. März in den Hörer. »Sie werfen mir vor, ich sei …«
    »Inkompetent. In diesem Fall, ja.«
    Die Antwort war Ellen schneller über die Lippen gegangen, als ihr Zeit geblieben war, sich einen diplomatischeren Ausdruck zu überlegen. Kaum hatte sie ausgeredet, als auch schon das Freizeichen ertönte. Konsterniert sah sie den Hörer an.
    Hast du etwas anderes erwartet? Ein Dankeschön und einen Blumenstrauß? Standing Ovations vom Dr.-Ellen-Rothist-die-Größte-Fanclub?
    Natürlich war sie ganz schön hart mit ihrer Kollegin ins Gericht gegangen, aber sie fühlte sich dennoch im Recht. Zwar hatte Ellen nicht vor, den Vorfall an die große Glocke zu hängen und ihre Kollegin – ganz gleich, ob fremde Klinik oder nicht – dadurch in ernste Schwierigkeiten zu bringen, aber sie hätte wenigstens hören wollen, dass Dr. März dieser Fehler leidtat. Das wäre sie Herrn Brenner schuldig gewesen. Dem armen Kerl, der höchstwahrscheinlich seine alten Tage mutterseelenallein in einer winzigen Wohnung verbrachte und sich ab der Monatsmitte dazu gezwungen sah, Nudeln aus dem Sonderangebot mit Hundefutter zu vermischen, während er sich einredete: Wenn alles drin ist,
was gut für den Hund ist, dann wird auch alles drin sein, was gut für den Menschen ist.
    Hätte es sich um einen jungen, gut verdienenden Patienten gehandelt, der sich einen kompetenten Rechtsschutz leisten konnte, hätte Frau Dr. März vielleicht tatsächlich mit allem ihr zur Verfügung stehenden Charme um Entschuldigung gebeten. Aber es waren Leute wie der alte Brenner, bei denen man sich auf Zeitdruck herausredete und dann wieder zum Tagesgeschäft überging.
    Die Welt ist ungerecht, hart und brutal, dachte Ellen.
    Das Wort brutal hallte noch eine ganze Weile in ihrem Kopf nach, während sie die nächste Stunde mit Patientengesprächen zubrachte. Danach war sie froh, in die Stille ihres kleinen Büros zurückkehren zu können, wo sie sich den Unterlagen widmete, die ihr Chris am vergangenen Abend nach Dienstschluss hinterlassen hatte.
    Sie musste schmunzeln, als sie den gelben Haftzettel sah, eine der vielen kleinen Aufmerksamkeiten, mit denen er sie gern überraschte. Diesmal hatte er einen Smiley darauf gemalt. Darunter stand in seiner unverkennbar gleichmäßigen Schrift:
    Lass dich nicht stressen, Süße.
     
    »Wenn du wüsstest«, murmelte sie und klebte den Zettel an die Wand über ihrem Schreibtisch.
    Sie fühlte sich durchaus gestresst, müde und ausgelaugt. Die letzte Woche war äußerst arbeitsintensiv und anstrengend für sie gewesen, am Wochenende hatte sie dann noch Chris bei den Renovierungsarbeiten an seinem Haus geholfen,
und die letzte Nacht hatte sie wegen der Fahrt zum Flughafen kaum Schlaf gehabt.
    Gegen ihre Müdigkeit hatte auch der Energy-Drink nichts geholfen, den sie sich wider besseres Wissen am Flughafenkiosk gekauft hatte. Davon war sie nur aufgewühlt, aber nicht wirklich wacher geworden. Ein Espresso und eine Banane wären eindeutig die bessere Wahl gewesen, hatte die Ärztin in ihr sie geschulmeistert, aber da war die leere Dose schon auf dem Beifahrersitz ihres Sportwagens hin und her gekullert.
    Alles in allem keine gute Startposition für eine Arbeitswoche, die gerade erst begonnen hatte. Ellen war fest davon überzeugt, in ihrem jetzigen Zustand bei einem Schlafmarathon ohne große Mühe den ersten Preis schaffen zu können.
    Sie legte zwei Formulare für die Krankenkasse beiseite – bürokratische Quälgeister, die von Jahr zu Jahr mehr wurden -, überflog den Brief
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