Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Treffpunkt Unendlichkeit

Treffpunkt Unendlichkeit

Titel: Treffpunkt Unendlichkeit
Autoren: John Brunner
Vom Netzwerk:
ihrem Geschick wissen.«
    Athlone schüttelte den Kopf. »Das ist alles ein wenig zu hoch für mich«, gestand er schüchtern und haßte sich im nächsten Moment für diese Worte.
    »Tatsächlich?« fragte Clostrides überrascht. »Nun, eine Konzession ist sehr wertvoll, und Lyken wird sie behalten wollen. Also wird er eine Armee zusammenstellen und ausbilden; er wird bis Mitternacht so viele Waffen wie möglich durch die Tore schaffen. Der Rest ist eine Frage der Zeit. Letzten Endes stellt es sich vielleicht als unrentabel heraus, die Konzession neu zu vergeben, und wir werden uns mit ihm einigen müssen. Viele unserer berühmten Konzessionäre mußten um ihren Besitz kämpfen. Wir leben in einem Dschungel. Sie sind ein – wie soll ich es nennen? – ein Schakal in einem Dschungel, in dem Löwen kämpfen. Ich würde Ihnen raten, nicht zu stark einzugreifen – auch wenn die Rache süß ist. Was hat Nevada Ihnen getan, Athlone?«
    Einen Moment lang kam sich Athlone nicht wie ein Schakal, sondern wie ein Insekt vor; es war, als beobachtete ihn Clostrides durch ein Mikroskop. Aber die letzte Frage war weit vom Ziel entfernt. Zumindest konnte Athlone sich das einreden.
    Er sagte unsicher: »Mir hat Nevada nichts getan.«
    »Dann vergessen Sie Ihre Pflicht als Vize-Polizeichef des Ostviertels«, sagte Clostrides mit deutlicher Ironie. »Wenn er Ihnen nichts bedeutet, dann müssen Sie sich nicht darum sorgen, was mit ihm geschieht. Und ich bin überzeugt davon, daß es in Ihrem Viertel ziemlich unruhig ist. Sie können nicht Ihre ganze Zeit an einen Mann verschwenden.«
    Zitternd stand Athlone auf. Er wußte, daß das Gespräch die Gefahrenmarke längst überschritten hatte. Mußte dieser verdammte Clostrides aber auch so schlau sein! Er warf Benny einen schrägen Blick zu. Benny mußte jetzt natürlich gehen. Ein Leibwächter, der die Gefühle seines Herrn so offen gesehen hatte, war gefährlich.
    »Es ehrt mich, daß Sie mir Ihre Zeit so lange geschenkt haben«, sagte er höflich. »Und ich weiß Ihre inoffizielle Information zu schätzen. Selbstverständlich werde ich sie für mich behalten. Und – kann ich damit rechnen, daß man mir Nevada übergibt, falls er die Sache überlebt?«
    Wenn er nicht überlebt, wird mein Leben zur Hölle. Aber es ist ohnehin schon eine Hölle.
    »Sie können«, sagte Clostrides, immer noch ironisch.
     
    *
     
    Als Athlone gegangen war, lachte Clostrides leise vor sich hin. Oberflächlich gesehen, hatte er mit der Athlone-Nevada-Sache nichts zu tun. Von Athlone her war es eine Art Haß-Liebe-Beziehung, vielleicht auch umgekehrt. Und doch konnte Nevadas Verbindung zu Lyken wertvolle Informationen bringen. Lyken hätte einen völlig Fremden niemals auf einen Ausruf hin in seinen Kreuzer geholt.
    Clostrides überlegte nur ein paar Sekunden. Dann entschied er, daß er mehr erfahren mußte. Also ließ er Dismar Grail, seine Gedächtnisstütze, kommen.
    Dismar Grail hatte ein leeres, schwammiges Gesicht, helle Augen und eine Stupsnase. Aber hinter der nichtssagenden Miene verbarg sich ein Wissensschatz, der vielfältiger war als das beste Lexikon. Vielfältiger deshalb, weil ein Mensch Verbindungen zwischen scheinbar völlig voneinander unabhängigen Dingen sehen konnte, während ein Lexikon nur die Fakten aufzählte. Und er hatte noch einen Vorteil: Er gab sein Wissen nicht jedem preis. Man hatte Methoden, um das zu verhindern.
    Natürlich war die Anstrengung einer solchen lebenden Gedächtnisstütze ungeheuerlich; Dismar Grail diente Clostrides nun seit sechs Jahren und war fast am Ende seiner Kräfte. Man würde bald einen Nachfolger anlernen müssen.
    Clostrides riß sich von seinen Gedanken los und sagte: »Ein Mann namens Luis Nevada, Dismar. Er soll ein Killer sein.«
    Der Mann sah zweifelnd drein. Er sagte in seiner merkwürdig hohen Stimme: »Da war ein Luis Nevada im Ostviertel. Vor fünf Monaten stand sein Name auf allen Nachrichtenbändern …« Er verstummte und wartete auf eine Aufforderung.
    »Das ist richtig«, sagte Clostrides.
    »Ich habe sämtliche Berichte«, meinte Grail erwartungsvoll. Clostrides schüttelte den Kopf.
    »Nur das Wesentliche, Dismar. Du kannst dich so gut auf das Wesentliche beschränken, das weiß ich.«
    Dismar Grail nickte; er zitierte gern wörtlich, denn darin lag seine Stärke. Aber Clostrides’ Kompliment machte das wieder wett. So erzählte er: »Luis Nevada ist zweiunddreißig Jahre alt. Er war Spekulant und Importkaufmann mit besonderen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher