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Treffpunkt Unendlichkeit

Treffpunkt Unendlichkeit

Titel: Treffpunkt Unendlichkeit
Autoren: John Brunner
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zum Eingang hinüber.«
     
    *
     
    Als er endlich bis zu Clostrides vorgedrungen war, hatte sich sein Selbstvertrauen aufgelöst. Und als er in dem Sessel mit der hohen Lehne Platz genommen hatte, wußte er nicht, was er mit seinen Händen anfangen sollte. Schließlich umkrampfte er die Armlehnen, bis die Knöchel weiß vortraten.
    Clostrides fiel das natürlich auf. Es war lange her, seit in diesem Sessel ein Mann mit nur einem einzigen Leibwächter gesessen hatte. Dennoch, außergewöhnliche Dinge gingen vor, und die Nachricht von einem sonderbaren Ereignis in unmittelbarer Nähe Des Marktes hatte ihn bereits erreicht. Vielleicht lohnte es sich, diesem Athlone zuzuhören.
    Er musterte seinen Besucher eine Zeitlang, bevor er zu sprechen geruhte. Er sah die Erleichterung in den Zügen Athlones, als er endlich die erlösende Frage stellte.
    »Was wünschen Sie?«
    »Ich … ich werde mich kurz fassen, weil ich weiß, daß Sie ein vielbeschäftigter Mann sind«, sagte Athlone. »Vielleicht haben Sie schon von einem gewissen Louis Nevada gehört.«
    Der Name bedeutete Clostrides nichts; dennoch nickte er leicht. Athlone würde ihm indirekt alle nötigen Informationen geben, und was er durch ihn nicht erfuhr, konnte er später erfragen.
    »Ich bin Vize-Polizeichef des Ostviertels«, sagte Athlone, und zum ersten Mal legte er nicht die gewohnte Betonung in diesen Titel. »Dieser Nevada ist ein Killer – ein gerissener Verbrecher. Er entzieht sich mir jetzt seit einem halben Jahr, einfach deshalb, weil ich nur die unbezeugte Aussage seines Opfers besitze. Er hat eine Verfügung gegen mich durchgesetzt, die es mir verbietet, ohne seine Erlaubnis von seiner Identität zu sprechen. Damit sind mir die Hände gebunden.«
    »Und …?« fragte Clostrides, während Athlone Luft holte. Sein Tonfall verriet Ungeduld.
    »Nun, es gibt dieses Verjährungsgesetz, wie Sie wissen. Ich muß ein Jahr und einen Tag nach Entdeckung des Verbrechens die Beweisaufnahme abgeschlossen und bei den Gerichten einen Antrag auf Verurteilung gestellt haben. Und nur er selbst kann mir jetzt noch Beweise liefern.«
    »Ich habe nichts mit der Rechtsprechung zu tun«, sagte Clostrides.
    »Ich weiß das, Hoher Herr. Und ich würde Sie nicht belästigen – aber es ist die Pflicht eines jeden Bürgers, die Gerechtigkeit zu unterstützen und nicht zu unterdrücken.«
    »Unterdrücke ich sie?« Clostrides wirkte amüsiert.
    »Ahmed Lyken scheint sie zu unterdrücken.«
    »Oh?« sagte Clostrides und stützte sich auf. Ein Lächeln überflog seine Züge. »Jetzt interessiert mich Ihr Anliegen.«
    Athlone spürte, daß das Schlimmste vorbei war, und entspannte sich. »Ich beobachte Nevada seit einiger Zeit«, erzählte er. »In den letzten beiden Monaten hat er versucht, in der Menge unterzutauchen, sich als Slumbewohner zu verkleiden. Aber ich habe ihn nie aus den Augen verloren. Nicht bis heute mittag …«
    »… als er Lyken etwas zurief und daraufhin in Lykens Privatkreuzer gebracht wurde«, ergänzte Clostrides. »Ich verstehe.«
    Athlone sah sein Gegenüber mit halboffenem Mund an. Die Überraschung war nicht gelungen. Er erholte sich allmählich und suchte Trost in der Überlegung, daß ein Mann wie Clostrides über alles Bescheid wissen mußte, wenn er sich an der Spitze behaupten wollte. »Ja, das ist richtig«, sagte er. »Ich weiß nicht genau, was er nun zu tun gedenkt. Aber eines muß ich verhindern. Ich fürchte, er wird versuchen, Lyken zu bestechen und …«
    Clostrides sah ungläubig drein.
    »O doch«, sagte Athlone hastig. »Er ist immer noch ein reicher Mann, auch wenn er versucht, in der Welt der Slums unterzutauchen. Er war früher Spekulant und Importkaufmann. Außerdem kostet es Lyken keine Mühe, ihm seinen Wunsch zu erfüllen. Nevada wird vermutlich die Verjährungsfrist in Lykens Handelssektor abwarten wollen. Und das muß ich verhindern.«
    Clostrides nickte geistesabwesend und erhob sich. Athlone wußte nicht, ob er ebenfalls aufstehen sollte.
    »Es ist eine raffinierte Idee«, meinte Clostrides nachdenklich. Er ging im Zimmer auf und ab und blieb vor den drei Geschenken stehen, die er an diesem Tag ausgestellt hatte. »Dem Arm des Gesetzes entfliehen, indem man sich auf einer anderen Welt vor seinem Zugriff versteckt.«
    Athlone hatte das Gefühl, als würde mit jedem Wort ein Nagel in einen Sarg getrieben. Aber er durfte die Sache nicht ruhen lassen, er mußte weiterkämpfen – selbst hier, bei dem mächtigsten Mann Des Marktes.
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