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Traummann mit Zuckerkuss

Traummann mit Zuckerkuss

Titel: Traummann mit Zuckerkuss
Autoren: Lizzie Beaton
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gefallen, und er hatte beifällig genickt, als er die Kombination aus Gasherd (zum Karamellisieren) und Elektroofen (für eine gleichmäßige Verteilung der Hitze) entdeckt hatte. Inzwischen fand Issy, dass die zuckersüße pinkfarbene Küche und sie eigentlich wie füreinander gemacht waren.
    In dieser Küche fühlte sie sich zu Hause. Sie stellte das Radio an und begann, geschäftig den Vanillezucker und das extrafeine französische Patissier-Mehl hervorzuholen, das sie in einem winzigen Lebensmittelgeschäft in Smithfield kaufte. Dann griff sie nach einem kleinen silbernen Sieb und überlegte, mit welchem ihrer treuen Holzlöffel sie den hauchzarten Teig rühren würde. Ohne auch nur hinzuschauen, schlug sie gekonnt immer zwei Eier gleichzeitig in die blau-weiß gestreifte Keramikschüssel und gab nach Augenmaß die exakte Menge cremige, schneeweiße Guernsey-Butter dazu. Sie verbrauchte eine Menge Butter.
    Issy biss sich auf die Unterlippe, um sich zu zwingen, den Kuchenteig nicht so heftig zu quirlen. Mit zu viel Luft würde er im Ofen in sich zusammenfallen, also rührte sie jetzt langsamer und überprüfte, ob der Teig schon Spitzen zog. Die Konsistenz war perfekt. Sie hatte frisch gepressten Bitterorangensaft hinzugegeben und wollte eine Marmeladenglasur ausprobieren, die entweder köstlich oder zumindest äußerst apart schmecken würde.
    Die Cupcakes waren im Ofen, und als ihre Mitbewohnerin, Helena, zur Tür hereinkam, arbeitete sie gerade an der dritten Ladung Glasur. Der Trick bestand darin, die Aromen so auszubalancieren, dass die Mischung weder zu bitter noch zu süß schmeckte, einfach perfekt… Sie notierte die genaue Kombination der Zutaten für einen zartherben Kick auf der Zunge.
    Helenas Auftritte waren nie diskret, das lag einfach nicht in ihrer Natur. Als Erstes schoben sich immer ihre Brüste in den Raum– ob sie nun wollte oder nicht. Sie war nicht fett, nur groß, und sie hatte unglaublich großzügige Fünfzigerjahre-Proportionen mit einem riesigen schneeweißen Busen und einer schmalen Taille, die in ausladende Hüften und einen entsprechenden Po überging, das alles gekrönt von einer hoch aufgetürmten präraffaelitischen Mähne. Man hätte sie in jeder Epoche als eine Schönheit bezeichnet, abgesehen vom frühen 21. Jahrhundert, in dem die einzig akzeptierte Figur für eine attraktive Frau diejenige einer hungrigen Sechsjährigen war, der vorne unerklärlicherweise pralle apfelförmige Brüste wuchsen. Und deshalb war sie ständig auf Diät, als ob ihre breiten alabasterfarbenen Schultern und die sinnlich gerundeten Hüften je das Feld räumen würden.
    » Ich hatte einen ganz furchtbaren Tag!«, verkündete sie dramatisch. Dann schielte sie zum Abkühlgitter hinüber.
    » Ich bin ja fast fertig«, erwiderte Issy hastig und ließ die Glasurtülle sinken.
    Der Ofen piepste. Issy hatte eigentlich von einem Aga geträumt– einem großen pinkfarbenen Aga–, aber den hätten sie nicht die Treppe hinaufbekommen oder durch irgendeins der Fenster, und selbst wenn, gab es dafür gar keinen Platz, und selbst wenn Platz gewesen wäre, hätte der Fußboden das Gewicht nicht getragen, und selbst wenn, hatte sie ja gar keine Lagerungsmöglichkeiten für das Öl, und außerdem waren Agas fürs Kuchenbacken auch gar nicht geeignet, dafür waren sie viel zu unberechenbar. Und abgesehen davon konnte sie sich so einen gar nicht leisten. Dennoch bewahrte sie heimlich einen Aga-Katalog im Bücherregal auf. Statt ihres Traumofens hatte sie nun ein effizientes deutsches Modell von Bosch, das die eingestellte Temperatur exakt einhielt und alles bis auf die Sekunde genau timte, aber eben keine Begeisterungsstürme auslöste.
    Helena starrte auf die zwei Dutzend perfekte Cupcakes, die gerade aus dem Ofen kamen.
    » Wen willst du damit bloß versorgen, etwa die Rote Armee? Reich mal einen rüber!«
    » Die sind noch zu heiß.«
    » Jetzt gib schon her!«
    Issy rollte mit den Augen und begann die Glasur mit einer geübten Handbewegung aufzutragen. Natürlich hätte sie warten sollen, bis die Küchlein abgekühlt waren und die Buttercreme nicht zum Schmelzen brachten, aber so lange hielt Helena es offensichtlich nicht mehr aus.
    » Was ist denn passiert?«, fragte sie ihre Mitbewohnerin und steuerte mit zwei Cupcakes auf ihrem gepunkteten Lieblingsteller und einem großen Becher Tee ihre Chaiselongue an. (Die hatte sie bei ihrem Einzug mitgebracht, und sie passte wirklich gut zu ihr. Helena verbrauchte ungern
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