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Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Titel: Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
Autoren: Jennifer Jäger
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duschen.«
    »Hailey, du kannst nicht...«
    »Jetzt.«
    Schnell drängt Hailey sich an ihrer überraschten Mutter vorbei und verschwindet im Bad. Dort streift sie ihr weißes Nachthemd ab und stellt sich unter den großen Duschkopf. Heißes Wasser läuft über ihre Haut und steigt als Dampf wieder nach oben.
    Seit die Schattenwesen vor Jahrzehnten auftauchten, kümmert sich die Regierung darum, dass der Bevölkerung nichts geschieht. Mit einer einfachen Spritze kontrolliert sie die Träume jedes Menschen so, dass die Schattenwesen keinen Zugang finden. Jene, die ihre Freiheit wahren wollten, starben schnell. So schnell, dass niemand mehr an der Existenz der Schattenwesen zu zweifeln wagt.
    Hailey hat schon als Kind gelernt, damit zu leben. Dank ihrer Mutter ist ihre Geschichte nie in die obersten Regierungsschichten gedrungen. Lediglich wenige ausgewählte Ärzte wissen von ihr. Von Hailey, dem traumlosen Mädchen.
    Als kleines Kind dachte Hailey, dass ihre Mutter sie schützen wollte – heute weiß sie, dass Eleonore Angst um ihr Ansehen und ihre Karriere als Ärztin hat.
    »Wasserkontingent erschöpft.«
    Die mechanische Stimme reißt Hailey aus ihren Gedanken. Fluchend steigt sie aus der Dusche und hüllt sich in ein flauschiges Handtuch.
    »Hast du schon wieder zu lange geduscht?«, fragt Eleonore genervt. Hailey antwortet nicht darauf. Sie hasst es, dass sie ihrer Mutter ständig Rede und Antwort stehen muss.
    Mit einer weichen Bürste fährt sie sich durch ihr Haar und betrachtet sich dabei besorgt im Spiegel. Unter ihren grünen Augen liegen tiefe Schatten. Sie kann sich nicht daran erinnern, dass sie jemals ohne diese Augenringe gelebt hat. Mittlerweile fürchtet sich Hailey vor der Nacht. Nicht aufgrund des Schlafes, sondern wegen dem darauffolgenden Morgen, an dem sie feststellt, dass ihre Nächte leer und unruhig waren. Schwarz und gefühllos wie die Schattenwesen.
    Mit einem tiefen Seufzer schaltet Hailey den Föhn ein und trocknet ihre Haare. Das angenehme Summen vertreibt die Leere, die sie jeden Morgen aufs Neue verspürt. Der warme Wind bläst die Haare aus ihrem Gesicht und trocknet sie gleichzeitig. Erst als sie trocken und gekämmt sind, flechtet sie ihre Haare mit geschickten Bewegungen zu einem Zopf und lässt ihn sich über die rechte Schulter fallen. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel und schon verlässt sie das Bad wieder.
    Ohne auf die wütenden Rufe ihrer Mutter einzugehen, schnappt sie sich ihre Schultasche samt Brot und lässt die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
    »Hailey!«, dringt ein letzter Schrei dumpf durch das blanke, weißgestrichene Holz. Mit einem grimmigen Lächeln wirft sie den Zopf über ihre Schulter und macht sich auf den Weg.
    Das Licht der aufgehenden Sonne bricht sich in der glattpolierten Glasfassade des Hochhauses. Hailey entscheidet sich bewusst gegen den Aufzug und öffnet die schwere Feuerschutztür.
    Das Treppenhaus ist nicht annähernd so edel gestaltet wie der Rest des Gebäudes – und genau deshalb geht Hailey jeden Morgen diesen Weg. Die Stufen bestehen aus grob gearbeiteten Eisengittern, so dass die junge Frau die kompletten neun Stockwerke hinab und drei hinauf sehen kann. Ihre Schritte hallen laut in dem verlassenen Teil des Hauses wider, während sie hinabstürmt.
    Nur mit Mühe kann sie die Tränen der Wut zurückhalten. Wie jeden Morgen. Hailey hasst es, dass ihre Mutter immer so tut, als würde sie mit Absicht vor den Träumen davonlaufen. Als ob es ihre eigene Entscheidung wäre und sie sich für die Finsternis entschieden hat. Andererseits entgeht sie so der Macht der Regierung. Keine Träume, keine Kontrolle. Hailey beißt sich auf die Unterlippe. Sie soll nicht auf diese Art über die Regierung denken. Obwohl sie nicht wie ihre Mutter komplett hinter dieser Kontrolle steht, weiß sie doch, dass die Regierung schon viele Leben gerettet hat.
    »Hey Hailey!«
    Das junge Mädchen kneift die Augen zusammen, als sie das Haus verlässt und Sonnenstrahlen auf ihre empfindliche Netzhaut treffen.
    »Guten Morgen, Macy«, murmelt sie.
    »Oh, wieder schlecht geträumt?«
    Das altbekannte Spiel. Ihr Geheimcode, mit dem sie sich in der Öffentlichkeit über Haileys Problem unterhalten können, ohne dass es jemand wirklich versteht. Albträume gehören zum Leben der Menschen. Wer die Regierung verärgert, wird mit erschreckenden Träumen und den daraus resultierenden schlechten Leistungen bestraft.
    Als Antwort nickt Hailey bloß und wirft einen
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