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Trapez

Trapez

Titel: Trapez
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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war.
    »Was guckst du so?«
    »Man wird doch wohl noch gucken dürfen«, gab Tommy zurück. »Ich dachte, dass ihr gut wart, das ist alles.
    Die letzten Flieger, die wir hatten, waren es nicht wert, ihnen zuzusehen.«
    »Ja, das sah gerade besonders gut aus, nicht wahr?«
    Plötzlich schüchtern geworden, sagte Tommy: »Das war Pech. Sah aus, als hättest du es fast geschafft, aber es klappt sicher irgendwann.«
    »Oh, klar, irgendwann. In tausend Versuchen hab’ ich’s zweimal geschafft, vielleicht schaff ich’s vieroder fünfmal in den zweiten Tausend. Wer bist du überhaupt? Du bist nicht aus der Stadt. Gehörst du hierher?«
    »Ich bin Tommy Zane Junior.«
    »Tom Zanes Sohn? Ich hab’ deinen Vater gestern Abend kennengelernt.« Der Flieger streckte seine Hand aus und schüttelte die von Tommy. »Willst du auch mal Dompteur werden?«
    »Nein, Mister Santelli.«
    Der ältere Junge lachte. »Hey, ich fühl’ mich ganz alt.
    Mister Santelli ist mein Großvater da oben.«
    »Ich hab’ gehört, dass er Mario zu dir gesagt hat.«
    »So nennen sie mich, wenn wir unterwegs sind. Es gab immer einen Mario in der Familie. Das ist Papa Tony, mein Großvater , und der Fänger ist Angelo, mein Onkel, der Bruder meiner Mutter. Er ist auch ein Santelli. Aber ich heiße Matt Gardner. Matthew Junior eigentlich. Er war der Fänger meiner Mutter, als sie in der Truppe war.
    Aber er starb, als ich noch klein war. Meine Schwester Elissa hat vor einem Jahr aufgehört und geheiratet. Bist du auch in der Show?«
    »Ich reite auf dem Paradewagen und helfe Ma Leighty mit den Kostümen für die Parade«, sagte Tommy, »und manchmal springe ich beim Luftballett ein, wenn eins der Mädchen einen freien Tag haben will. Mit einer Perücke.« Und dann fand er den Mut, zu sagen, was er sagen wollte: »Aber eigentlich wäre ich gern Trapezflieger.«
    Er hatte damit gerechnet, dass Mario lachen oder irgendetwas Gönnerhaftes sagen würde, wie die meisten Erwachsenen. Es schien ihm plötzlich so wichtig, es zu sagen, dass er glaubte, dass er das vertragen könnte – von einem echten Flieger. Aber Mario zog nur eine seiner teuflischen Augenbrauen hoch. »Ach ja? Wie lange bist du schon beim Luftballett?«
    »Ich hab’ angefangen, Seilhang zu lernen, als ich ungefähr neun war. Alle Kinder tun das.«
    »Ich weiß , meine Schwester auch. Und bist du gut?«
    »Da muss man doch nicht gut sein, beim Seilhang«, sagte Tommy wütend. »Ma Leighty könnte das auch, wenn die Seile sie oben halten würden.«
    Mario wollte lachen, aber er tat es nicht. Er sah Tommy scharf an, zog seine Augenbrauen herunter, so dass sie fast gerade waren. Dann sah er zu dem leeren Gerüst hinauf. Papa Tony und Angelo waren schon heruntergestiegen.
    » Weißt du was? Komm mit rauf, wenn du willst.«
    »Da rauf? Aufs Trapez?«
    »Angst?«
    »Nein«, sagte Tommy schnell, »sie haben mich nur schon mal runtergejagt, als ich oben war, und ich hab’ Dresche gekriegt.«
    »Ich garantiere dir, dass dich keiner dafür verdreschen wird«, sagte Mario. »Also dann komm rauf.«
    Da kletterte er zum ersten Mal die schmale, wackelnde Strickleiter zu der hohen Plattform hinauf. Schon dieses erste Mal machte er es so, wie er es bei anderen Fliegern gesehen hatte, nicht wie eine gewöhnliche Leiter, wo man an der Seite anfa ss t und die Füße auf die Sprossen stellt, sondern er fa ss te nur an einer Seite an, hielt den Körper außen und benutzte die Sprossen als Zehenstützen, um sich hochzuziehen. Er hatte es noch nie vorher gemacht, aber es schien ihm so natürlich wie zu atmen.
    Die Plattform ruckte und schwankte, als sich Mario neben ihn stellte.
    »Also Höhen machen dir nichts aus … Wie groß ist dein Vater?«
    »So einssiebzig, vielleicht nicht ganz.«
    »Und deine Mutter?«
    »So groß wie ich, wieso?«
    »Wenn du einsachtzig groß wirst, kannst du’s vergessen. Ich bin eigentlich zu groß für einen Flieger und ich bin nur etwas über einssiebzig, aber wahrscheinlich wirst du nicht so groß werden. Wie alt bist du? Ungefähr zehn?«
    »Ich bin im Mai vierzehn geworden«, sagte Tommy kühl.
    »Klein für dein Alter also. Nein, nein, das soll keine Beleidigung sein, denn das ist gut; das heißt , du bist alt genug, um anzufangen. Das einzige ist, dass du groß genug sein mu ss t, um die Stange von der Plattform aus zu erreichen. Hier …« Er griff nach oben und zog das Trapez von dem Haken herunter, an dem es hing. »Kannst du drankommen?«
    Er konnte es und als er das erste
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