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Träume in Kristall

Träume in Kristall

Titel: Träume in Kristall
Autoren: Yasunari Kawabata
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Maniküre-Necessaire Scheren der unterschiedlichsten Art; die sind gerade richtig dafür.«
    »Ja, nicht wahr?« (Maniküre also!) Und als hätte sie das an einen Traum erinnert, der von irgendwoher über sie fiele: (Scheren, sagte sie. Instrumente der Gynäkologen. Scheren gibt es unter den Gynäkologen-Instrumenten noch viel mehr. Maniküreschere und bei der Geburtshilfe die Nägelische Trepanationsschere. Trepanation. Zertrümmertes Fötusgehirn. Ach, für mich … nun, bald ist Weihnachten. Augen, wirklich Augen wie ein Knabe hat das junge Fräulein, dessen Schönheit noch nichts weiß von Schminke. Die Brille des kurzsichtigen Mannes. Wenn nun die Venus von Milo eine Brille gegen Kurzsichtigkeit trüge! Oh, ihr Verderbten, wie hefig ihr auch immer eure Augen ummalt, den Leib zu schmücken, heißt Unzucht: damals in meiner Heimat, in der katholischen Kirche der Hafenstadt. In Vaters Klinik der Geruch von Eingriffen an Gebärenden.)
    »Zeigen Sie doch bitte einmal, wie sich Ihre Hündin ausnimmt, wenn sie steht!« (Hm. Sollte man Playboy jetzt losspringen lassen?) Sagte die Dame: »Playboy, da ist deine japanische Braut!« Und streichelte noch den Kopf ihres Hundes, da lockerte im selben Augenblick der Hundehändler seinen Griff am Halsband, und Playboy auf die Hündin zu sprang plötzlich vom Sofa herab.
    »Oh, nein, halten Sie ihn doch zurück!«
    Schrill erklang an Playboys Halsband das silberne Glöckchen. Die Hündin des jungen Fräulein winselte ein um das anderemal.
    Die Dame, sie zog die Schultern hoch und senkte den Kopf: (Ich tu es ja nicht absichtlich. Ich mache ja nicht absichtlich so ein Gesicht, Und doch, – ich darf es nicht, muß mich vielmehr ganz unauffällig benehmen. Ach, Fräulein, was könnte ich mit Ihnen reden? Über Maniküre. Von der Französin, die auf ihren Nägeln den Geliebten wie ein Foto sich spiegeln läßt. Wo gibt es nur einen so schweigsamen Hundehändler! Als wäre das nicht sein Gewerbe. Auf jedem Quadratdezimeter der menschlichen Hand achtzigtausend Bakterien. Sechsundsechzig Mikron. Sechsundsechzig Mikron beim Hund. Beim Menschen sechzig Mikron wie bei der Katze. Woran könnte ich mich erinnern? An die Hochzeitsnacht. Brille des kurzsichtigen Mannes, die ich mit nackten Füßen zertrat. Junges Fräulein.) Unauförlich klingelte am Halsband das silberne Glöckchen. (In der heimatlichen Hafenstadt die Kirchenglocken. Weihnachten. Diese frömmelnden Gestalten.) »Weihnachten rückt nun auch immer naher.« »Ja, richtig.«
    »Ich bin inzwischen so ungläubig geworden, daß ich mich an der Weihnachtsnummer einer Hundezeitschrif freue; aber damals als Kind …« (Ich weiß ja überhaupt nichts von dem Fräulein. Ich habe einfach nichts zu reden mit ihr. Hymen. Schlittenglöckchen im Weihnachtsschnee, Unschuldiges Fräulein, ah, so rein wie ein Knabe. Darf ich das Gesicht nicht sehen? Im Nuptial bed werden Sie sich bestimmt erinnern, Fräulein, – an Playboy. Oh, ich weiß, ich liebe das Fräulein. Playboy. Das Knabenhafte. Als ich Kind war, sagte man mir: du bist wie ein Knabe. Schöner Knabe, mit dem zusammen ich schwamm. Schöne junge Klassenkameradin damals im Lyzeum. Glöckchengeklingel. Chorgesänge. Rhythmus weiblicher Leiber. Kapelle in der Kirche: damals in der Hafenstadt, in meiner Heimat. Ach, es wäre besser, wir verließen dieses Zimmer, ich und das junge Fräulein. Ich hätte es nicht bemerkt? Natürlich ist das eine Lüge. Von Anfang an habe ich es sehr wohl bemerkt. Ich tat nur so, als hätte ich, daß ich es bemerkt, wieder vergessen. Das junge Fräulein weiß es schon. Tatsächlich möchte ich gar nicht aus diesem Zimmer gehen. Warum? Nun, weil es für mich ein Gefühl des Glücks bedeutet, das junge Fräulein zu bezwingen. Der Mann. Schwarzer Bart, weiße Schuhe. Angiostomum nigrovenosum, das sich in die Froschlunge eingenistet hat. Hydra. Bonellia. Geschlechtschromosom unterm Mikroskop meines Mannes. Maimaiga-Falter. Königin Elisabeth. Luxe love. Der Mann. Und Playboy. Ich liebe Sie, junges Fräulein. Heute abend gehe ich in die Ginza und kaufe ihm Hundekuchen. Ja, und für den Lohn deiner Arbeit, die einen Anstrich hat von Embryologie, will ich Maniküre-Instrumente kaufen. Gynäkologen-Instrumente.)
    Am Halsband das Glöckchen hörte zu klingeln auf. End pleasure. (Endoskop.) Gleichzeitig mit diesem Wort stieg der Dame vor ihrem inneren Auge eine Zeile aus dem Englisch-Lesebuch herauf: (… consult her pleasure …) – damals auf dem Lyzeum, und sie
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