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Träume in Kristall

Träume in Kristall

Titel: Träume in Kristall
Autoren: Yasunari Kawabata
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ist, weil Sie kein Kind haben, und dann überläuf es mich kalt.«
    »Ein möglichst lebhafes, möglichst leicht zu behandelndes Hündchen?«
    »Das wäre ein Drahthaar, denke ich. Ein DrahthaarFoxterrier. In Europa und Amerika ist er, heißt es, so in Mode, daß man, wenn man nicht einen Drahthaar ausführt, keine vornehme Dame ist. Und dann muß er getrimmt werden, und jedesmal nach dem Fressen bekommt er um die Schnauze herum die Haare abgewischt.«
    »Noch luxuriöser als ein dreiteiliger Spiegel, wie?«
    So hatten sie einen gekauf, und das war Playboy. War ein Hund, den ein englischer Matrose mitgebracht hatte. Ein Hundehändler in Yokohama hatte ihn sich angesehen, ohne jedoch darauf einzugehen; denn da schöne Drahthaar-Terrier nur erst in wenigen Exemplaren importiert wurden, bestand keine Aussicht auf ein wirkliches Geschäf. Die Dame, die nun eben darauf aus war, reiste, zusammen mit dem Hundehändler aus der Nachbarschaf, dem Schiff bis Kōbe nach und konnte dort den Terrier erwerben.
    Der kleine Hund, den sie zuvor gehabt hatten, war zweifellos ebenfalls eine Art Foxterrier gewesen, aber ein Glatthaar-Rüde, ein wegen seiner in Japan verdorbenen Form von Hundehändlern meist als »JapanTerrier« bezeichnetes Tier, und den hatte ihr Mann mitgebracht, von irgendwoher, wie er sagte. Drei Monate lang hatte die Dame nicht gewußt, welches Wo er gemeint, als er sagte: von irgendwoher.
    Damals ging ihr Mann in der Schlächterei, in der man herrenlose Hunde beseitigte, ein und aus. Benutzte er Hunde als Material für seine embryologischen Forschungen. Aus den Unterleibern von mehr als zweihundert Hündinnen hatte er Teile mit den befruchteten Eizellen herausgeschnitten. Den süßen kleinen Terrier zu töten, war wohl selbst dem Hundeschlächter schwer geworden, und so mochte ihr Mann ihn an sich und mitgenommen haben.
    Über Vorgänge im Institut sprach der Mann zu Hause fast nie. Er hatte der Dame sogar verboten, ins Institut zu kommen. Da es in jener Universität ein eigenes embryologisches Institut nicht gab, hatte er sich in einem Winkel zwischen Pathologie und Anatomie provisorisch eingerichtet. Pathologische und anatomische Präparate aber seien, so meinte er, nichts für die Augen einer Frau. Die Dame indessen, als sie schließlich vage begriff, woher der Hund stammte, liebte ihn nur um so mehr.
    Der Mann verbrachte viele Nächte im Institut. Da kam es dann vor, daß er, den Hut noch auf dem Kopf, nur die Aktentasche beiseite warf und, als hätte ihre Erscheinung seine vom Blick durchs Mikroskop auf die Zellen ermüdeten Augen überrascht, der Dame die Hände auf die Schultern legte, um vom Hauseingang her eine Art Tanz aufzuführen. Einfach nur ein Gewirbel rundherum durch die Zimmer. Mit Gebell und sich im Kreise drehend, folgte ihnen der Hund und schnappte dabei fortwährend nach den Fersen des Mannes. Immer ausgelassener benahm sich der Mann. Immer deutlicher tat die Dame, als würde sie von ihm herumgezerrt. Manchmal mit einem Blick auf den Hund, gab der Mann vor, sie zu schlagen. Wütend kläfe ihn dann der Hund an. Und ließ sich die Dame massieren, so sprang er dem blinden Masseur ins Gesicht. Auf dem Heimweg vom Institut durch die abendlichen Straßen der Wohnviertel schlössen sich überall dem Mann streunende Hunde an oder sie bellten ihm nach. Das kam daher, weil sich in seinem Anzug der Geruch der Hundekadaver festgesetzt hatte. Selten einmal näherte sich ihm der Terrier der Dame und rieb sich die Nase an seinen Knien, dann nämlich, wenn der Mann an diesem Tage eine läufige Hündin getötet hatte. Als die Dame einst für zehn Tage nach Ikaho ins Thermalbad gereist war, fraß der Hund kaum etwas und wurde mager und elend. Ging aber die Dame mit dem Hausmädchen aus und ließ ihn allein, so durchbohrte er sämtliche Papierschiebetüren und jagte suchend durch das ganze Haus, biß die Baumwolle aus den Bettdecken und streute sie umher, setzte auf das Kopfissen seine Exkremente, was wie der Ausdruck seiner höchsten Wut und Trauer erschien. Immer geschah das dort auf dem Kissen, wo er, dicht neben dem Kopf der Dame, zu schlafen pflegte. Wo die Dame ihrerseits ihn aufzuhetzen pflegte. Um dann zu beobachten, wie es offenbar dem Mann geradezu eine Lust war, wenn der Hund ihm nachhetzte. Von diesem Kampf zwischen Mann und Hund begann die Dame ihr Blut in sich zu spüren wie in der Jugend.
    Indessen, nach noch nicht einmal zwei Jahren starb der Hund plötzlich an einer von Filaria-Würmern
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