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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung
Autoren: Brian Lumley
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Menschen im Saal, die mit offenem Mund dastanden. Aber verglichen mit dem, was sie gerade erlebt hatten, waren sie vollkommener Durchschnitt ...
    Trask zwang sich dazu, etwas zu tun, und trat quer durch den Raum auf David Chung zu, der sich immer noch nicht gefangen hatte. Er streckte den Arm nach ihm aus, hielt ihn fest, bis sein Schwanken wieder nachgelassen hatte, und fragte knapp: »David, bist du in Ordnung?«
    »Nein, ja«, erwiderte Chung. »Aber er nicht!« Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, schloss den schlaff herabhängenden Mund und deutete mit der Hand fuchtelnd in die Mitte des Raumes, wo wieder Leben in die ESPer eingekehrt war.
    »War das Harry?«, flüsterte Trask.
    Chung seufzte schwer und sank etwas in sich zusammen. »Oh ja. Das war Harry, Ben. Er war es.«
    »Ist er tot?«
    Chung nickte, öffnete seine bebende Hand und zeigte Trask, was er darin hielt – eine Haarbürste mit Naturborsten, deren ovaler, hölzerner Kopf genau in seine Handfläche passte. Im ersten Augenblick wusste Trask nicht, was das sollte. Dann begriff er. Chungs Talent! Chung war ein sympathetischer Lokalisierer. Im Anschluss an die Bodescu-Affäre hatte Harry Keogh einen ganzen Monat im Dezernat verbracht, um seine Gedächtnislücken wieder aufzufüllen. Eine Zeit lang hatte er sogar mit dem Gedanken gespielt, den Posten des Dezernatsleiters anzunehmen. Aber nachdem der Necroscope seine Frau und seinen Sohn verloren hatte, war für ihn eine Welt zusammengebrochen, und er war nach Schottland gezogen, um dort das Leben eines Einsiedlers zu führen. Die Haarbürste hatte ihm gehört. Sie war einer von mehreren Gegenständen, die er zurückgelassen hatte.
    »Ich habe sie die ganze Zeit über aufbewahrt, seitdem ich beim Dezernat angefangen habe«, erklärte Chung den übrigen ESPern, die sich nun um ihn scharten. »Diese Haarbürste und ein, zwei andere Stücke, die ihm gehörten. Vor sechs Monaten, als die Russen meldeten, dass er durch das Tor von Perchorsk geflohen war, habe ich seine Sachen hervorgekramt und versucht, ihn zu orten. Ich meine, natürlich konnte ich ihn nicht lokalisieren, aber es war dasselbe wie damals mit Jazz Simmons. Ich wusste, dass Harry nicht hier war, nicht in dieser Welt, aber er war auch nicht tot. Er war auf Starside.«
    »Und jetzt?« Das war Anna Marie English. Sie machte sich Sorgen um den Planeten und um sich selbst.
    Chung schüttelte den Kopf. »Jetzt ist er nicht mehr dort.«
    »Nicht mehr auf Starside?«, stieß einer der jüngeren ESPer hervor. »Du meinst, er ist zurückgekommen? Er ist hier?«
    Abermals schüttelte Chung den Kopf und zeigte ihnen die Haarbürste in seiner Hand. »Dieses Stück Holz, diese paar Borsten haben etwas bedeutet. Sie haben mir etwas erzählt. Sie haben mir gesagt, dass der Necroscope am Leben war. Wenn nicht hier, dann irgendwo anders. Ich brauchte nur diese Haarbürste hier oder etwas von Harrys Sachen in die Hand zu nehmen, und es war mir klar. Jetzt ... ist es nur noch eine Haarbürste, es steckt kein Leben mehr in ihr. Und auch nicht in Harry Keogh. Vor wenigen Augenblicken ist er irgendwo gestorben. Und wir alle waren Zeugen.«
    »Harry ist tot«, kam Ben Trask ohne Umschweife zur Sache. »Was wir da gerade gesehen haben, war er. Irgendwie hat er einen Weg gefunden, es uns wissen zu lassen, damit wir beruhigt sein können. So jedenfalls sehe ich die Sache.«
    Ian Goodly kam mit zwei Neuankömmlingen herein, einem weiteren ESPer und dem zuständigen Minister. Der Minister war Mitte vierzig, recht jung für diesen Posten, hatte jedoch einen messerscharfen Verstand. Er war nicht sehr groß, elegant und hatte durchdringend blaue Augen. Das dunkle Haar war mit reichlich Pomade straff zurückgekämmt. Der blaue Anzug passte in die Etagen der Mächtigen. Irgendwie demonstrierte seine gesamte Kleidung seine gesellschaftliche Stellung. Obwohl er in keinster Weise übersinnlich begabt war, gehörte er dennoch zum Dezernat. Auch er hatte den Ruf vernommen. Etwas hatte ihn hierher gelockt, bis es vor einem Moment verstummte.
    Während Trask dem Minister berichtete, was geschehen war, holte Goodly Kaffee. Danach saß die ganze Gruppe ein, zwei Stunden lang nur herum und dachte an Harry. Gesprochen wurde sehr wenig, es genügte ihnen, einfach nur da zu sein. Eigentlich hätten sie sich freuen müssen, aber sie konnten es nicht. Denn obwohl sie von einer ungeheuren Heimsuchung verschont geblieben waren, hatten die meisten das Gefühl, dass sie einen
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