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Tote lieben laenger

Tote lieben laenger

Titel: Tote lieben laenger
Autoren: Scott Nicholson
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Geschäftsgründen Feierlichkeit vorspielt. "Nun, ich denke, Sie können mir etwas aus der Bibel vorbeten und ich werde daran glauben, wenn es davon abhängt."
    Sie knallte mit der Faust auf den Tisch, wodurch die Papierstöße gefährlich zu wanken begannen und Lawinengefahr bestand. "Es geht nicht um Gott oder den Teufel, Mr. Steele, oder gar um Gut und Böse. Es geht um den Glauben, den Glauben an richtig und falsch und Gerechtigkeit und Hoffnung und Liebe. Liebe , im Sinne von etwas wichtiger nehmen als den eigenen verdammten Hintern. Und, nach dem, was ich sehen kann, glaube ich nicht, dass Sie damit ausgestattet sind."
    Ich dachte an Lee, dachte an ihr Gesicht und wie sehr ich mir wünschte, es noch einmal berühren zu können. Dann dachte ich an Diana.
    Wenn Diana im Himmel war, konnte ich die Sache mit ihr endlich ins Reine bringen. Als ich noch am Leben war, hatte ich in die Mündung eines Colt Python Kaliber .38 geblickt, war mit 140 km/h von der Straße geflogen, hatte es geschafft, drei Stockwerke tief zu fallen und auf dem metallenen Geländer der Feuerleiter zu landen, und dem Ganzen offenbar noch die Krönung aufgesetzt, indem ich mir von einem unbekannten Mörder vier Kugeln verpassen ließ. Aber nichts hatte mich so sehr in Angst und Schrecken versetzt wie die ominösen Worte, die mitunter über Dianas sinnliche Lippen kamen: "Wir müssen reden."
    Irgendwie gelang es mir, das Reden drei ganze Jahre lang zu vermeiden, über zwei Affären und unzählige Flaschen Scotch hinweg. Vielleicht hatte ich mit ihr gesprochen, als sie im Sarg lag, aber der Deckel war geschlossen, weshalb sie mich vermutlich nicht hören konnte. Eine Kohlenmonoxidvergiftung stellt hässliche Dinge an, auch mit einem hübschen Gesicht.
    "Ein moralisches Dilemma?" fragte die Sachbearbeiterin und zog ein Ende ihres Munds in die Höhe. "Eine nicht abgeschlossene Geschichte?"
    Vielleicht konnte sie Gedanken lesen. Ich wusste nicht, welche Voraussetzungen man mitbringen musste, um einen Job als Pförtner fürs Jenseits zu ergattern. Wenn sie sowieso schon alles wusste, wozu dann die Folter? Dann wurde mir klar, dass das genau so war wie diese Sache mit Gott. Gott verstand, aber wer von uns ist schon stark genug, sein eigenes Versagen einzugestehen?
    Die Hölle bot Alkohol, Gelegenheitssex, einen Sonntag ohne Verpflichtungen und, das Beste von allem, Rock'n'Roll mit bis zum Anschlag aufgedrehten Reglern. Wer würde schon irgendwo herumhängen wollen, wo es die ganze Zeit nur schwule Harfenmusik zu hören gab? Aber der Himmel bot zweite Chancen. Ich konnte die Sache mit Diana wieder gutmachen, oder ihr zumindest sagen, wie leid es mir tat. Und irgendwann würde auch Lee eintreffen und wir hätten die Ewigkeit, um das Versprechen "Ich liebe dich auf immer und ewig" zu erfüllen.
    "Kann ich Sie etwas fragen?" sagte ich.
    Das Gesicht der Sachbearbeiterin war so kalt wie das Zifferblatt der Wanduhr, deren Zeiger sich ebenfalls in entgegengesetzte Richtungen bewegten.
    "Klar", sagte sie. "Ich bin ganz für Sie da, so wie eine Kellnerin bei Hooters, nur mit schlafferen Möpsen."
    "Woran glauben Sie ?" Ich hatte mir überlegt, dass sie in solchen Dingen klüger war als ein Frischverstorbener wie ich.
    "Ich bin natürlich Jüdin."
    "Und wie verträgt sich das mit dem Himmel? Es ist ja nicht gerade so, dass Ihr daran glaubt, dass der Erlöser auf die Erde gekommen ist und so."
    Sie deutete mit den Händen auf den Papierkram, der rund um sie herum aufgestapelt war, auf den Labrador-Kalender an der Wand, dessen Tage nicht nummeriert waren, auf die leere Dose No-Name-Cola auf ihrem Schreibtisch. "Die Antwort ist irgendwo hier drin. Die Juden glauben an das rechte Leben auf Erden um der Rechtschaffenheit willen, nicht wegen irgendeiner zukünftigen Belohnung. Und das ist in dieser Welt nicht anders."
    Ich überlegte mir, ob das Alles ein karmisches Rad war, eine endlose Wiedergeburt, ein ständiges Aufs-Neue-Erleben der immer gleichen blöden Handlungen. Aber das konnte nicht stimmen. Denn sie hatte mir eine Wahl geboten. Ich wusste nicht, in wessen Auftrag sie handelte, aber sie hatte offensichtlich keine Hintergedanken, denn sonst hätte sie mich in Richtung des Wegs gedrängt, der ihr am genehmsten war. Ihre Aufrichtigkeit war so offensichtlich wie meine Dummheit.
    Ich deutete auf meine Akte, die offen vor ihr lag. "Äh, ich nehme an, die Sache mit Diana steht da auch drin?"
    Sie schlug die Akte zu und löste dadurch einen Lufthauch aus, der durch
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