Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tote Kehren Nicht Zurück

Tote Kehren Nicht Zurück

Titel: Tote Kehren Nicht Zurück
Autoren: Granger Ann
Vom Netzwerk:
angeschlossen, weil sie wenig Sinn darin gesehen hatte, auf ihrem Posten zu bleiben wie der zum Untergang verurteilte Wächter bei den Toren von Pompeji. Die wenigen Lehrgangsteilnehmer, die bereit gewesen waren, bis zum Freitag zu warten und ihrem Vortrag zu lauschen, hatten mit sichtlicher Erleichterung zugestimmt, am heutigen Tag eine halbe Stunde länger zu machen, um die restlichen Themen zu besprechen und anschließend ebenfalls nach Hause zu fahren.

    Sie hatte Alan angerufen, bevor sie losgefahren war, und hatte ihn über die Änderung des Zeitplans informiert. Sie hatten ausgemacht, dass Meredith direkt zu ihm nach Hause und nicht zu sich fahren würde. Er wollte versuchen, früher Feierabend zu machen und sie in Empfang zu nehmen. Sie würden eine Flasche Wein aufmachen und einen gemütlichen Abend verbringen.

    Die Freude darüber, dass sie dem Lehrgang entkommen war und ein gemütlicher Abend auf sie wartete, wurde nur durch die Tatsache ein wenig getrübt, dass sie nicht gerne zur Dämmerstunde mit dem Wagen unterwegs war. Wenn es richtig dunkel war, mitten in der Nacht, wenn die Scheinwerfer die Straße hell erleuchteten, machte es ihr nichts aus. Doch während der Dämmerung mischten sich schwindendes Tageslicht und Scheinwerfer und verwandelten Umrisse in anthropomorphes Leben und Missgestalten. Es erinnerte Meredith jedes Mal an die Szene im Wizard of Oz, als Dorothy, die am Wegesrand stehen bleibt, um einen Apfel zu pflücken, einen gewaltigen Schrecken erleidet, weil der Baum ihr den Apfel wieder entreißt.

    Vor ihr war etwas auf der Straße. Es bewegte sich zum Rand hin, als es in den Kegel ihrer Lichter gelangte. Zuerst hielt Meredith es für ein Tier. Kleine Muntjakhirsche wanderten durch die Pflanzungen zu beiden Seiten der Straße, seit sie vor vielen Jahren aus irgendeinem Park entwichen waren; mittlerweile hatte sich ihre Population prächtig entwickelt. Doch es war kein Hirsch, wie Meredith schnell sah, sondern eine menschliche Gestalt. Eine echte menschliche Gestalt und kein Streich, den ihre übereifrige Fantasie ihr spielte. Jemand marschierte die Straße entlang, hier draußen, wenigstens fünf Kilometer von den ersten Häusern der kleinen Stadt Bamford entfernt. Vielleicht jemand von einer Farm?

    Als Meredith vorbeifuhr, bemerkte sie, dass es eine junge Frau war, die einen kleinen Rucksack oder etwas in der Art auf der Schulter trug. Es war recht spät für eine Anhalterin, obwohl, um der Wahrheit die Ehre zu geben, die junge Frau keinen Daumen gehoben und auch nicht signalisiert hatte, dass sie mitgenommen zu werden wünschte.

    Vielleicht bewog genau das Meredith dazu, auf die Bremse zu treten. Während sie darauf wartete, dass die junge Frau herankam, schaltete sie die Innenbeleuchtung ihres Wagens ein, damit die Fremde sehen konnte, dass eine Frau auf sie wartete und nicht irgendein dämlicher Kerl, der eine Chance witterte.

    Doch das eingeschaltete Innenlicht machte es Meredith schwer, etwas im Rückspiegel zu erkennen. Der ehemalige Vorteil des Fahrers war verloren, und nun war es Meredith, die allein in ihrem Wagen saß, gut sichtbar für jedermann, und sich wie in einem Goldfischglas fühlte, während draußen jemand näher kam, der für sie unsichtbar war. Oder waren es mehrere? Es hätten durchaus auch zwei sein können, und Meredith hatte den zweiten schlichtweg übersehen. Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, nicht dem Instinkt nachzugeben und anzuhalten. Der Impuls, den guten Samariter zu spielen, endete womöglich noch damit, dass sie von zwei streunenden Hippies überfallen und beraubt wurde. Fast wäre sie wieder losgefahren, doch falls der einsame Fußgänger tatsächlich Hilfe benötigte, würde Merediths Flucht wie ein grausamer Streich aussehen. Also wartete sie.

    Als der Fußgänger endlich neben Meredith angekommen war und vor dem Beifahrerfenster auftauchte, da geschah dies so unvermittelt, dass Meredith völlig überrascht wurde. Sie war froh zu sehen, dass die junge Frau allem Anschein nach doch alleine durch die Nacht marschierte.

    Meredith riss sich zusammen, ließ das Fenster nach unten und rief:

    »Hallo, ich fahre nach Bamford – wenn Sie mitfahren wollen?«

    »Ich möchte nicht bis ganz in die Stadt, nur bis zu den ersten Häusern.« Die Stimme kam deutlich und akzentfrei, vermittelte den Eindruck von Wohlerzogenheit. Obwohl man darauf heutzutage nicht mehr ohne Weiteres schlussfolgern konnte.

    »Fein. Ich setze Sie am Stadtrand ab.«

    Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher