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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht
Autoren: Oliver G Wachlin
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Krankenbett von ihr. »Danke, Arschloch«, hat sie auf eine Begleitkarte geschrieben und ein Herzchen dazugemalt. Und sie hat recht: Siggi mag ein Arschloch sein, doch er hat sein Leben für Melanie riskiert.
    Monika wollte ihn ebenfalls besuchen, aber Siggi lehnt das strikt ab.
    »Warum?«, fragt er mich erneut, und in seinen Augen schimmern Tränen. »Warum hasst sie mich so?«
    »Sie hat dir eben nie verziehen«, erwidere ich leise und drücke behutsam seine Hand. »Wie das zwischen geschiedenen Eheleuten eben so ist. Aber jetzt hat sie sich gerächt – und damit seid ihr wohl endgültig quitt.«
    »Meinst du?« Siggi richtet sich ächzend auf und sieht mich hoffnungsvoll an. »Bereit für einen Neuanfang?«
    Er ist wirklich unverbesserlich. »Man muss ja nicht gleich übertreiben«, erwidere ich. Zudem bin erst mal ich am Wochenende mit Monika, Deutschlands neuem gefeierten Polittalkstar, verabredet.
    Zuvor aber fahre ich an den südöstlichen Stadtrand von Berlin. Jochen Friedrichs feiert seinen Abschied aus dem Berufsleben nach, und ich, so Hünerbein, sei ausdrücklich dazu eingeladen.
    Der alte Volkspolizist bewohnt ein kleines, hübsches Einfamilienhaus in Rangsdorf. Wir sitzen in der gemütlichen Wohnstube, denn seine Frau hat einen wunderbaren Wildschweinbraten gemacht, den wir mit Rotwein und Grappa verdauen, während wir dem frisch gebackenen Pensionär die Kopie einer alten Stasiakte zeigen.
    Sie beschreibt, wie Werner von Lahn Anfang der sechziger Jahre eine Gruppe von Westberliner Verfassungsschützern anführte, mit dem Auftrag, Ostberliner Stellen der Staatssicherheit zu unterwandern. Um sich das Vertrauen des Ministeriums zu sichern, versuchten sie, den Landwirt Jan Fridolin Arndt mit den geheimdienstlichen Tricks erotischer Verführung in die Kollektivierung zu zwingen. Das Ergebnis ist bekannt. Der Köder, die achtzehnjährige Studentin Rosemarie Huth aus Berlin-Zehlendorf, drohte, alles auszuplaudern, und wurde unsanft zum Schweigen gebracht. Und auch der Versuch, den Mord Arndt in die Schuhe zu schieben, misslang gründlich.
    Der Verfassungsschutz zog sich gescheitert zurück, und Werner von Lahn stieg, in der Hoffung, einmal Senator zu werden, in die Berliner Landespolitik auf. Damit diese Pläne nicht irgendwann von der Vergangenheit durchkreuzt werden konnten, entschloss er sich, in den Wendewirren Anfang 1990 etwaige Akten darüber verschwinden zu lassen, und bediente sich dafür der Mithilfe eines bis dahin harmlosen Berliner Taxifahrers. Der Rest ist Geschichte.
    »Tja«, machte Friedrichs, »insoweit ist Arndt das wirklich tragische Opfer. Er musste sterben und wusste nicht einmal, warum.«
    Aber wer weiß das schon?
    Und wenn Werner von Lahn die Akten einfach hätte Akten sein lassen, wären sie vielleicht nie wieder aufgetaucht.
    »Nichts ist so geheim«, erwiderte Hünerbein, »als dass es nicht irgendwann publik werden könnte. Da wird uns in den nächsten Jahren noch einiges aus dem Kalten Krieg um die Ohren fliegen.«
    Und was lehrt uns das? Auch bei unseren Geheimnissen sollten wir immer vor uns selbst bestehen können, denke ich. Das muss ich Siggi mal erzählen.
    »Apropos Geheimnisse: Wo ist eigentlich das Zeug aus meinem Wagen?«
    Hünerbein und Friedrichs grinsen und sehen sich an.
    »Ja, das sollten wir vielleicht mal probieren.«
    »Nicht, dass wir davon süchtig werden«, mahnt Friedrichs.
    »Sie sowieso nicht mehr«, antwortet Hünerbein und lässt den Joint kreisen.

    ENDE

André Bawar
    WISMARBUCHT
    Küsten Krimi
    ISBN 978-3-86358-003-2
    »Wenn Sie Wismar mal von einer anderen Seite kennenlernen wollen, empfehle ich 'Wismarbucht'. Da gibt es sehr viel über Filz und andere Machenschaften.«
    Wismar TV

Leseprobe zu Oliver André Bawar,
WISMARBUCHT
:
    Prolog
    Liber proscriptorum
    Die zwei Wismarer Bauernburschen Balhorst Boldelage und Lucius Craan hätten heute zwei weitere zur Anzeige gebracht, da die Beschuldigten in einer Schlägerei im Brauhaus am Lohberg zu Wissemara den besagten Kerlen verschiedene Knochenbrüche und je fünf blaue Flecken zugefügt hätten.
    Die Angeklagten seien dem Stadtrat als Gherardo Torfmann, Knecht des Popen, und Nicolao Stortebeker, geächtet und frei von hanseatischer Bestallung als Kapitän einer Seeräuberkogge, am Platze bekannt.
    Beide Beschwerdeführer hätten übereinstimmend beschrieben, dass der Beklagte Stortebeker nach einer zweistündigen gemeinsamen Probe ihrer Trinkfestigkeit einen Vier-Liter-Humpen Bier dem einen und einen
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