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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht
Autoren: Oliver G Wachlin
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Irokesen. Er steht mit einer Gruppe von Männern vor »Rosies Broilerstübchen« und bespricht Strategien zur Verteidigung.
    »Wie bei einer mittelalterlichen Burg. Erst die äußeren Ringe zu halten versuchen, dann langsam zurückziehen. Die Bullen total erschöpfen, klar?«
    »Ihr habt keine Chance«, sage ich, »die Bullen holen immer wieder frische Kräfte nach. Die Einzigen, die am Ende vor Erschöpfung aufgeben werden, seid ihr.«
    »Hört, hört«, macht Polzin, »ein echter Motivator!«
    »Lasst wenigstens die Frauen mit den Kindern raus!«
    »Das habe ich ihnen angeboten«, antwortet Polzin, »aber sie wollen nicht.« Er sieht mich abschätzig an. »Die Frage ist, was du willst.«
    »Wir suchen unsere Tochter«, sagt Siggi.
    »Oh!« Polzin grient spöttisch. »Die schöne Melanie hat gleich zwei Väter?«
    »Also? Wo ist sie?«
    »Irgendwo«, Polzin deutet hoch auf die umliegenden Dächer, »da oben, trommeln. Aber ich löse sie gleich ab. – Wollt ihr hier solange warten?«
    »Wir trinken da ein Bier«, antworte ich und gehe mit Siggi ins »Broilerstübchen«.
    Rosie ist von der Entwicklung der Lage wenig begeistert. »Wat is, wenn mein Laden abbrennt? Nur weil die sich da draußen nich einigen können? Dann bin ick meine Existenz los – und dann geh ick auf die Barrikaden, det kannste aber annehmen!« Sie stellt uns zwei Bier hin. »Dagegen sind die popeligen Hausbesetzer nüscht!«
    »Wie geht das jetzt weiter?« Siggi sieht sich unbehaglich um. »Wann werden die stürmen?«
    »Vielleicht morgen früh, vielleicht in zwei Stunden, keine Ahnung«, antworte ich, »das war erst das Vorspiel. Die Fronten sind klar, jetzt werden die Kräfte des Bundesgrenzschutzes herangeführt, Stück für Stück. Ich kenne die Einsatzbefehle nicht, aber wenn die den Platz hier erreicht haben, dann geht der Tanz erst richtig los.«
    »Spätestens dann sollten wir hier weg sein«, meint Siggi.
    »Wenn wir hier überhaupt noch rauskommen.« Ich trinke von meinem Bier und schüttele den Kopf. »Sieht nicht gut aus, Siggi. – Schiss?«
    »Ein bisschen«, gibt er zu und sieht mich prüfend an. »Du nicht?«
    »Nur um Melanie«, antworte ich trocken, weiß aber, dass das nicht stimmt. Aber ich würde nie vor Siggi zugeben, dass mir der Arsch buchstäblich auf Grundeis geht.
    »Hör zu!« Siggi sieht mich eindringlich an. »Du kannst doch sicher eine Verbindung zur Einsatzzentrale herstellen, oder?«
    »Ich kann«, nicke ich. »Ich bräuchte nur ein Telefon.«
    »Gut.« Siggi sieht sich um. »Dann wäre das geklärt. Jetzt müssen wir Informationen sammeln.«
    »Aha«, mache ich, »über wen?«
    »Die Köpfe der Bewegung hier.« Siggi atmet tief durch. »Das ist hier eine Art Widerstandsnest von Romantikern. Solche Leute haben keinen einzelnen Anführer, die haben mehrere, die die Sache am Laufen halten.«
    »Habt ihr das bei der Stasi gelernt?«
    »Ja«, nickt Siggi ernst und beugt sich vor, »man nennt das Mittel zur Destruktion. Man schnappt sich die charismatischen Führer und macht ihnen unterschiedliche, aber sehr verlockende Angebote mit dem Ziel, dass sie ihre Entscheidungen überdenken oder sich darüber zerstreiten. Wenn die Einheit der Gruppe zerfällt, hast du leichtes Spiel.«
    »Du hast gefährliche Gedanken, Siggi!«
    »Ich will nur, dass die Sache hier nicht weiter aus dem Ruder läuft …«
    Er stockt und lächelt. Melanie steht an unserem Tisch. Sie sieht erschöpft aus und mault:
    »Was macht ihr denn hier?«
    »Wir machen uns Sorgen«, sage ich, »und zwar um uns alle!«
    »Du musst hier raus, Melanie«, mahnt Siggi. »Die Sache ist gelaufen.«
    »Das sehe ich anders.« Sie setzt sich. »Krieg ich auch ein Bier?«
    Rosie schiebt ihr eins hin.
    »Habt ihr Telefon?«, frage ich sie.
    »Hinten«, antwortet Rosie knapp, »wenn die Bullen die Leitung noch nicht gekappt haben.
    »Pass auf, Spatz«, wende ich mich Melanie wieder zu, »ich werde mich mit der Einsatzleitung der Polizei verbinden lassen und Verhandlungen anbieten. Freier Abzug für alle. Ihr verlasst einfach die Häuser, und alles ist gut.«
    »Hast du es immer noch nicht begriffen?« Melanie runzelt die Stirn. »Kein Mensch will hier die Häuser verlassen. Wir wollen einfach nur bleiben dürfen.«
    »Das geht aber nun nicht mehr.«
    »Das werden wir ja sehen.« Melanie wendet sich ab. »Ich geh mal aufs Klo!«
    »Hör zu!« Siggi hat einen neuen Plan. »Ich hab einen Mann bei der KWV sitzen, der könnte was für uns drehen.«
    »Du hast einen Mann bei
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