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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste
Autoren: Roger Zelazny
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Interessengebiet – und in meine Spekulationen. Soweit ich verstanden habe, hinterließ Ihr großzügiger Onkel einen beachtlichen Fundus, aus dem Sie schöpfen können, solange Sie ein Vollzeitstudent sind, der an seiner Promotion arbeitet. Haben Sie erst einmal einen Grad, gleichgültig welcher Art, erreicht, dann erlischt diese Verfügung, und der Rest des Vermögens fließt der Irisch-Republikanischen Armee zu. Ich nehme an, ich habe die Situation korrekt wiedergegeben?“
    „So korrekt man eben eine unkorrekte Situation wiedergeben kann, schätze ich. Armer, seliger Onkel Albert. Aber eigentlich bin ich der arme Tropf. Nichtsdestoweniger haben Sie die Fakten korrekt wiedergegeben.“
    „Mir will scheinen, es war der Wunsch dieses Mannes, Ihnen eine Ausbildung unter erträglichen Bedingungen zu sichern – nicht mehr und nicht weniger –, um es dann anschließend Ihnen zu überlassen, sich Ihr weiteres Leben selbst zu gestalten. So sehe ich das.“
    „Das habe ich schon vermutet.“
    „Aber ganz offensichtlich sind Sie nicht bereit, das auch zu tun.“
    „Richtig. Hier prallen in der Tat zwei vollkommen konträre Ausbildungsphilosophien aufeinander.“
    „Mister Cassidy, ich glaube, die Situation wird mehr von der Ökonomie als von der Philosophie bestimmt. Dreizehn Jahre lang sind Sie nun schon Vollzeitstudent, ohne jemals auch nur an eine Graduierung gedacht zu haben, damit Sie Ihr Stipendium auch weiterhin bekommen. Sie haben dieses Schlupfloch im Testament Ihres Onkels ausgenützt, weil Sie ein Playboy und ein Dilettant sind, der niemals auch nur den geringsten Wunsch hatte, zu arbeiten, sich einen Job zu suchen und der Gesellschaft das zurückzuzahlen, was er ihr schuldet. Sie sind ein Opportunist. Sie sind verantwortungslos. Sie sind eine Niete.“
    Ich nickte. „Also gut. Sie haben meine Neugier hinsichtlich Ihrer Denkweise voll und ganz befriedigt. Vielen Dank.“
    Er runzelte die Stirn, während er mein Gesicht studierte.
    „Da Sie wahrscheinlich längere Zeit mein Berater sein werden, wollte ich etwas über Ihre Einstellung in Erfahrung bringen. Das ist mir gelungen.“
    Er kicherte. „Sie bluffen.“
    Ich zuckte die Achseln. „Wenn Sie mir nun meine Karte unterzeichnen würden, dann werde ich wieder verschwinden.“
    „Ich muß diese Karte gar nicht sehen“, sagte er langsam, „um zu wissen, daß ich nicht lange Ihr Berater sein werde. Der letzte Akt Ihrer Schmierenkomödie ist angebrochen, Cassidy.“
    Ich holte die Karte heraus und reichte sie ihm. Er ignorierte sie. „Mit dem demoralisierenden Effekt, den Ihre Anwesenheit an dieser Universität hat, ist es mir unmöglich, mir auszumalen, was Ihr Onkel wohl sagen würde, könnte er erleben, wie Sie seine Güte mißbrauchen. Er …“
    „Ich werde ihn fragen, wenn ich wieder vorbeikomme“, sagte ich. „Aber als ich ihn letzten Monat sah, da störte es ihn nicht besonders.“
    „Bitte um Entschuldigung … Aber ich verstehe nicht ganz …“
    „Onkel Albert war eine der Persönlichkeiten, die in den Bide-A-Wee-Skandal verstrickt waren. Ungefähr vor einem Jahr. Erinnern Sie sich nicht?“
    Er schüttelte langsam den Kopf. „Ich fürchte, nein. Ich dachte, Ihr Onkel sei tot. Das muß er doch sein, wenn sein letzter Wille …“
    „Das ist ein delikater philosophischer Streitpunkt“, sagte ich. „Rechtlich gesehen ist er tatsächlich tot. Aber er hat sich einfrieren lassen, nämlich in Bide-A-Wee, in einer dieser kryonischen Anlagen. Die Inhaber erwiesen sich leider als etwas mehr als skrupellos, daher haben die Behörden ihn in eine andere Anstalt gebracht, zusammen mit den anderen Überlebenden.“
    „Überlebenden?“
    „Ich nehme an, das ist der beste Ausdruck. Bide-A-Wee hatte über fünfhundert Kunden, aber davon hatten sie nur etwa fünfzig auf Eis gelegt. Das hat ihnen einen irrsinnigen Profit eingebracht.“
    „Und was wurde aus den anderen?“
    „Ihre besseren Teile tauchten über den Schwarzmarkt in den Organbänken wieder auf. Das war ein weiteres Gebiet, mit dem Bide-A-Wee den großen Reibach machte.“
    „Ich glaube, langsam erinnere ich mich. Aber was haben sie mit den … Überresten getan?“
    „Einer der Partner hatte zusätzlich ein Beerdigungsinstitut. Die unverwertbaren Teile behandelte er einfach geschäftlich.“
    „Oh … nun. Moment mal. Was taten sie, wenn jemand vorbeikam und einen eingefrorenen Verwandten sehen wollte?“
    „Sie haben die Namensschilder vertauscht. Durch das fast zugefrorene
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