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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste
Autoren: Roger Zelazny
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Gemeinschaft.“
    „Unsinn“, entgegnete ich. „Ich habe einige verdammt gute Studien veröffentlicht.“
    „Präzise. Sie sollten schon lange einen Lehrauftrag haben oder in der Forschung tätig sein – mit einigen Titeln vor Ihrem Namen – und nicht hier herumhängen und einem armen Studienanfänger den Platz wegnehmen.“
    Ich stellte mir das Bild des armen Studienanfängers vor, mager, hohlwangig, Nase und Fingerspitzen gegen die Scheiben des Hörsaales gepreßt, mit keuchendem Atem dem Studienplatz nachlechzend, den ich ihm vorenthielt. „Wieder Unsinn“, sagte ich. „Warum wollen Sie mich wirklich loswerden?“
    Er starrte einen Augenblick nachdenklich seine Pfeife an. „Wenn man bis an die Wurzeln des Übels vordringt, einfach deswegen, weil ich Sie nicht leiden kann“, sagte er dann.
    „Aber warum? Sie kennen mich ja kaum.“
    „Ich weiß einiges über Sie – und das reicht völlig aus.“ Er tippte auf meinen Ordner. „Es steht alles hier drinnen“, sagte er. „Sie repräsentieren einen Typ, vor dem ich nicht den geringsten Respekt habe.“
    „Könnten Sie etwas näher in die Einzelheiten gehen?“
    „Gut“, sagte er und blätterte, bis er eine der von ihm speziell markierten Seiten erreicht hatte. „Diesem Bericht zufolge sind sie schon hier eingeschrieben seit … lassen Sie mich nachsehen … seit dreizehn Jahren.“
    „Könnte stimmen.“
    „Vollzeit“, sagte er dann noch.
    „Richtig, ich war immer Vollzeitstudent.“
    „Sie sind schon sehr jung an die Universität gekommen. Sie waren ein richtiges kleines Juwel. Ihre Arbeiten waren immer überzeugend.“
    „Vielen Dank.“
    „Das war kein Kompliment. Es war lediglich eine Feststellung. Sie haben viele Artikel und Arbeiten geschrieben, die für eine Graduierung ausgereicht hätten; hier liegt tatsächlich Material für mehrere Doktorate vor. Einige Arbeiten bieten sich geradezu an für …“
    „Aber die fallen nicht unter das Hochschulabschlußgesetz.“
    „Ja. Dessen bin ich mir wohl bewußt. Wir beide sind uns dessen bewußt. In den vergangenen Jahren ist eines immer deutlicher geworden: Sie wollen Ihren Vollzeitstatus erhalten, aber nie graduieren.“
    „Das habe ich nie behauptet.“
    „Leugnen ist zwecklos, Mister Cassidy. Ihre Aufzeichnungen sprechen Bände. Als Sie alle allgemeinen Kurse hinter sich hatten, da war es relativ einfach, ständig das Hauptfach zu wechseln, wodurch Sie wieder neue Kurse belegen mußten und so einer Graduierung aus dem Weg gehen konnten. Nach einer Weile begannen diese sich natürlich zu überlappen. Bald wird es nötig sein, jedes Semester zu wechseln. Die Bestimmung, die zur Zwangsgraduierung nach Vollendung der Kurse eines speziellen Hauptfaches zwingt, wurde ausschließlich Ihretwegen aufgestellt. Sie haben eine Menge Hintertürchen gefunden, aber dieses Mal sind sie alle versperrt. Die Zeit läuft, bald wird der Wecker schellen. Dieses Gespräch ist die letzte Unterhaltung, die wir in dieser Angelegenheit führen werden.“
    „Das hoffe ich. Ich kam nur, um meine Karte unterschreiben zu lassen.“
    „Sie haben mir aber auch eine Frage gestellt.“
    „Ja, aber wie ich sehe, sind Sie momentan sehr beschäftigt. Ich bin gerne bereit, Ihnen einen unnötigen Zeitverlust zu ersparen.“
    „Das macht doch nichts. Ich bin ja hier, um Ihre Fragen zu beantworten. Um wieder zurück zum Thema zu kommen: Als ich zum ersten Mal von Ihrem Fall hörte, da war ich selbstverständlich neugierig, welche Gründe Sie zu Ihrem außergewöhnlichen Verhalten veranlassen könnten. Als man mir die Gelegenheit bot, Ihr Berater zu werden, da griff ich zu, um …“
    „Bot? Sie meinen, Sie tun das freiwillig?“
    „Selbstverständlich. Ich wollte derjenige sein, der Ihnen auf Wiedersehen sagt und Sie ins harte Alltagsleben entläßt.“
    „Wenn Sie mir einfach meine Karte unterzeichnen würden …“
    „Noch nicht, Mister Cassidy. Sie wollten wissen, weshalb ich Sie nicht mag. Wenn Sie von hier weggehen – und zwar durch die Tür –, dann werden Sie es wissen. Um es gleich vorweg zu sagen, ich war erfolgreich, wo meine Vorgänger versagten. Ich bin vertraut mit den Bedingungen des letzten Willens Ihres Onkels.“
    Ich nickte. Ich hatte schon erwartet, daß es diese Wendung nehmen würde.
    „Sie scheinen die Befugnisse Ihrer Aufgabe weit überschritten zu haben“, sagte ich. „Das ist eine persönliche Angelegenheit.“
    „Wenn Ihre Aktivitäten hier mit betroffen sind, dann fällt es auch in mein
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