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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu
Autoren: Tom Sharpe
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wollte. Luitenant Verkramp hatte das Maschinchen von einem seiner Besuche in Pretoria mitgebracht, und Els hatte sich damit sogleich außerordentlich befreundet. Ursprünglich war der Apparat nur für politisch Verdächtige vorgesehen gewesen, aber Luitenant Verkramps Bemühungen, in Piemburg irgendeinen Saboteur oder Kommunisten aufzutreiben, an dem er das Gerät ausprobieren könnte, waren so kläglich gescheitert, daß Els schließlich einen Eingeborenenjungen hatte verhaften müssen, den er eines frühen Morgens mit einer Flasche Milch in der Hand ertappt hatte. Die Tatsache, daß Els wußte, daß der Junge der Milchmann war, hatte den Wachtmeister nicht daran gehindert, die Wirkung einer Elektroschockbehandlung auszuprobieren, und nach einer Kur von fünf Minuten gestand der Junge bereitwillig ein, die Milch gestohlen zu haben, während er nach zehn Minuten zugab, am gleichen Morgen fünfzig weiße Haushalte mit vergifteter Milch versorgt zu haben. Als Els Anstalten machte, den Elektropol statt an die große Zehe dem Jungen an den Pimmel zu klemmen, bekannte der Beschuldigte, Mitglied der Kommunistischen Partei zu sein, und gab zu, in Peking in Milchsabotage ausgebildet worden zu sein. An dieser Stelle erklärte Luitenant Verkramp sich mit dem Experiment zufrieden, und der Milchjunge wurde beschuldigt, ohne Paß angetroffen worden zu sein, die Polizei in der Ausführung ihrer Pflichten behindert und sich der Verhaftung widersetzt zu haben, was ihm sechs Monate Zwangsarbeit einbrachte und den Richter davon überzeugte, daß dem Angeklagten seine Verletzungen zu Recht zugefügt worden seien, wenn er sie sich nicht sogar selber beigebracht habe. Ja, Els hatte seine Vorzüge, von denen nicht der geringste seine tiefe, wenn auch ziemlich unverständliche Verehrung für seinen Vorgesetzten war. Nicht daß Kommandant van Heerden an Wachtmeister Eisens Hochachtung auch nur im geringsten interessiert gewesen wäre, aber sie war halt ganz was anderes als die penetrante Abneigung, die Luitenant Verkramp ausströmte. Alles in allem war Kommandant van Heerden mit dem Leben in Piemburg recht zufrieden. Alles würde so weiterlaufen wie immer, und er würde Zeit haben, sich weiter mit seinem privaten Hobby zu beschäftigen, mit dem intellektuellen Puzzle nämlich, zu versuchen, die Engländer zu verstehen. Das war ein Puzzle, von dem er wußte, daß es unmöglich zu lösen sei, das er aber genau aus diesem Grunde unendlich faszinierend fand. Wenn Piemburg der Garten von Kommandant van Heerdens Seele war, in dem sie voller glücklicher Träume von großen Männern und großen Taten herumwandern konnte, so war Miss Hazelstone auf ihrem Landsitz Jacaranda Park die Schlüsselpflanze, der Eckbaum in der Landschaft seines Innenlebens. Nicht daß sie jung oder schön oder bezaubernd oder auch nur in irgendeiner Weise liebenswert gewesen wäre. Sie war nichts von alledem. Sie war alt, häßlich, geschwätzig und in einer an Unverschämtheit grenzenden Art und Weise schroff. Kaum verlockende Eigenschaften, aber für den Kommandanten waren sie voller außerordentlicher Reize. Für ihn stellten sie die charakteristischen Eigenheiten der Engländer dar. Miss Hazelstones schrille, laute und äußerst ungenierte Stimme war für ihn die wahre Stimme des britischen Empire. Von Miss Hazelstone getadelt, ja heruntergeputzt zu werden, daß er seine Machtbefugnisse überschreite, wenn er ihren Chauffeur verwarnte, weil er in dem 1936er Hudson Terraplane mit kaputten Bremsen und 120 Sachen durch eine geschlossene Ortschaft gerast war, war eine Freude, die kaum noch zu ertragen war. Er genoß ihre Abfuhr als Eingeständnis seiner Rechte. »Van Heerden«, pflegte sie aus dem Fond ihrer Limousine heraus zu fauchen, »Sie überschreiten Ihre Kompetenzen. Chauffeur, fahren Sie weiter.« Und der Wagen fuhr weiter, und der Kommandant stand da und staunte über ihre feine Lebensart.
    Ein andermal wieder, bei einer der seltenen Gelegenheiten, die er ausfindig machen konnte, Jacaranda House einen Besuch abzustatten, empfing ihn Miss Hazelstone, wenn sie sich überhaupt soweit herabließ, am Dienstboteneingang und fertigte ihn mit so wenigen Grobheiten und so viel stillschweigender Verachtung ab, daß es dem Kommandanten wiederum vor Bewunderung fast den Atem nahm.
    Mit Luitenant Verkramp sprang sie noch rauher um, und als der Kommandant die Unverschämtheiten des Geheimdienstmannes nicht mehr ertragen konnte, dachte er sich für ihn Gründe aus, in Jacaranda
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