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Tödliches Orakel

Tödliches Orakel

Titel: Tödliches Orakel
Autoren: Tina Sabalat
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Tatort sein soll.«
    »Mich zwingen? Wie denn?«
    »Jeder hat etwas, mit dem man ihn erpressen kann. Wenn man drohen würde, Ihre Mutter umzubringen, Sie das aber verhindern können, wenn Sie zu einer bestimmten Adresse kommen, dann werden Sie gehen. Und betreten freiwillig einen Raum. In dem man auf Sie schießt.«
    Sam sah nicht überzeugt aus, was entweder an seiner Frau Mama oder meinen Argumenten lag. Ich seufzte und versuchte es ein letztes Mal.
    »Sie können Ihr Schicksal nicht ändern, wenn Sie nur solche Kleinigkeiten angehen. Wie zu glauben, man könne Sie nicht mehr überraschen, oder sich in die Sonne zu setzten.«
    »Dann sagen Sie mir, wie ich es machen soll.«
    Die Stoppuhr signalisierte mit einem leisen Piepsen, dass Sams Zeit abgelaufen war, ich brachte sie zum Schweigen.
    »Was war das?«, erkundigte er sich.
    »Ihre Zeit ist um.«
    »Ich bin aber noch nicht fertig!«
    »Oh doch. Ich habe Ihnen für Ihre 9.999 Euro eine 'Was'-Frage beantwortet: Was passiert am 10. August«, entgegnete ich, langsam am Ende meiner Geduld. »Jetzt haben Sie eine neue Frage: Wie kann ich verhindern, dass ich am 10. August sterben werde? Eine neue Frage erfordert eine neue Sitzung. Eine weitere Stunde.«
    »Warum?«
    Seine Stimme klang herausfordernd.
    »Weil Sie Ideen haben müssen. Beispiel Flugzeugabsturz: Nicht fliegen. Das wäre einfach. Beispiel 'nicht ermordet werden': Das ist komplizierter. Sie müssen sich überlegen, was sie tun werden – nicht gern tun würden oder vielleicht tun könnten, sondern wirklich tun werden. Sie sind kein zufälliges Opfer, Sie werden gezielt getötet. Finden Sie den Grund, bringen Sie etwas ins Rollen, verändern Sie etwas Wichtiges. Dann kann ich erneut in Sie hinein sehen und schauen, ob das geholfen hat.«
    »Ob die Falltür weg ist?«
    »Ja. Ich werde wissen, ob Ihre Maßnahmen greifen, oder ob Sie nur anders sterben. Sicher möchten Sie am 10. August genau so wenig erstochen oder erdrosselt werden?«
    »Ertränkt auch nicht«, sagte er, ich dachte an dreckiges Flusswasser in meinem Mund, schauderte – was er bemerkte und mich ärgerte. Das hier lief ganz und gar nicht so, wie es üblich war. Wie es gut war. Ich antwortete nicht, sah ihn nur an. Wartete ab.
    »Eine weitere Stunde?«, fragte Sam schließlich, ich nickte.
    »Ja.«
    »Für 9.999 Euro?«
    »Ja.«
    »Wo soll ich das Geld hernehmen?«
    »Jeder hat 9.999 Euro. Verkaufen Sie etwas. Wenn Sie tot sind, können Sie es eh nicht mehr ausgeben.«
    »Was soll ich verkaufen? Mein Auto? Meine Wohnungseinrichtung?«
    Ich verzog den Mund. »Wenn Ihre Wohnung im gleichen Zustand ist wie Ihr Auto, sollten Sie noch was anderes in der Hinterhand haben.«
    Sam merkte auf.
    »Was haben Sie gegen mein Auto?«, fragte er, ich schüttelte amüsiert den Kopf. Er hatte die Mörder im Nacken und sorgte sich darum, was sein fahrbarer Untersatz für einen Eindruck machte!
    »Es ist eine Schande für seine Zunft«, gab ich zurück. »Es hat die billigsten Stahlfelgen drauf, die man auf dem Schrottplatz bekommen kann, der rechte Außenspiegel stammt von einem zehn Jahre jüngeren Modell, das Dach wird von Klebestreifen zusammengehalten und der Motor röchelt, als würden Sie Heizöl tanken.«
    Sam bedachte mich mit einem bösen Blick – scheinbar mochte er sein Auto. Aber wenn man etwas mochte, sollte man es gut behandeln.
    »Ich glaube, ich muss Ihnen langsam mal ein Kompliment machen«, sagte er, ich runzelte die Stirn. Komplimente bekam ich von meinen Kunden des Öfteren, zusammen mit Dankesbriefen, Blumengebinden, Obstkörben und Pralinenpackungen. Aber Sams Stimme hatte vor Ironie getrieft. Und er hatte jetzt einen Gesichtsausdruck, als hätte er die Nadel im Heuhaufen gefunden, den Knoten durchschlagen oder was auch immer: Er sah schon wieder aus, als wäre er verdammt stolz auf sich.
    »Ja, ich muss Ihnen ein Kompliment machen«, wiederholte er mit Triumph in der Stimme. »Sie haben hier ein Geschäftsmodell, das echt Schule machen könnte. Solange Sie sich nicht von den Bullen erwischen lassen, versteht sich.«
    »Wie bitte?« Meine Stimme klang jetzt genervt, aber genauso fühlte ich mich auch.
    »Wer beweist mir, dass diese erste ... ah ja, 'Gebühr', überhaupt jemals gezahlt worden ist?«, fragte Sam. »Die Karte könnte von Ihnen sein. Sie schicken diese Einladungen raus, wir Blödmänner kommen hier an, Sie machen uns gehörig Angst – und kassieren dann echte 9.999 dafür, um uns dabei zu helfen, diese Angst loszuwerden. Eine
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