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Toedliches Fieber

Toedliches Fieber

Titel: Toedliches Fieber
Autoren: Dee Shulman
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das Bewerbungsformular aus. Es war einfach, aber ich ging davon aus, dass die schwierigen Fragen erst noch kommen würden  – falls ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.
    Um drei Uhr morgens drückte ich auf SENDEN. Um vier Uhr lag ich im Bett und versuchte, meine Hoffnungen nicht zu hoch zu schrauben.

Unter Kontrolle
    Londinium
152 n. Chr.
    Sethos Leontis hatte wenig Hoffnung. Obwohl er tief im Innern natürlich hoffte, weiterleben zu dürfen, war ihm schmerzlich bewusst, wie wenig Einfluss er auf sein Schicksal hatte. Leben und Tod eines Gladiators hingen von anderen ab.
    Dennoch hatte Seth unter Kontrolle, was er selbst beeinflussen konnte: seinen Körper. Er war stark und geschmeidig, er war bereit. Seth hatte hart trainiert, härter als die meisten anderen, sogar härter als der lanista verlangt hatte, und – bei Zeus – der Gladiatorenmeister ließ sie durch eine harte Schule gehen.
    Sethos ließ den Blick durch die Übungsarena schweifen. Es war ungewöhnlich friedlich, weil die übrigen Gladiatoren auf der anderen Seite der Stadt ein Festmahl abhielten. Ihrer Meinung nach hatten sie das Bankett mehr als verdient – eins der wenigen Vergnügen in ihrem gefährlichen Leben. Doch für Seth hätte die Teilnahme an dem Fest ein Zugeständnis an diese Welt bedeutet, in die man ihn verschleppt hatte. Deshalb würde er nie dabei sein. Er war nicht als Sklave geboren oder dazu, um sein Leben zu kämpfen, der Willkür der Mengeausgeliefert, als Eigentum des brutalen lanista Tertius. Geistesabwesend rieb er das Brandmal auf seinem Arm, das seine niedrige gesellschaftliche Stellung verriet. Er knirschte mit den Zähnen, doch er konnte es sich nicht leisten, die Konzentration zu verlieren; Wut half ihm hier gar nicht.
    Sethos war mit Kraft, Stärke, Durchhaltevermögen und Schnelligkeit gesegnet. Doch der Gladiator, gegen den er am nächsten Tag antreten musste, war wahrscheinlich genauso gut. Und wenn man gewinnen und einen weiteren Tag auf Erden erleben wollte, reichten diese Fähigkeiten nicht aus. Man musste zu allem entschlossen und aufmerksam sein. Im Kampf verfügte Seth über eine scharfe Konzentration, die an nachtwandlerische Intuition grenzte. Er konnte seinen Gegner so genau und schnell analysieren, dass er dessen nächste Bewegung erahnen und verhindern konnte. Das brachte ihm nicht nur entscheidende Vorteile, es war auch faszinierend, ihm zuzuschauen.
    Sethos betrachtete die steinernen Sitze in der Übungsarena. Später nach dem Fest würde es hier von freien Bürgern wimmeln, die unbedingt die Gewinner und Verlierer der morgigen Kämpfe sehen wollten. Er schüttelte den Kopf, denn er hasste dieses Ritual. Und er hasste seinen Stand. Er war kein freier Mann und doch wurde er gefeiert und verehrt.
    Als hinter ihm eine Sandale quietschte, setzten seine blitzschnellen Reflexe ein und er stand abwehrbereit da, mit gezücktem Dolch.
    »Ach, du bist es, Matt!« Er steckte das Messer wieder in die Scheide und hob grüßend den Arm. Matthias war seinFreund, auch er ein versklavter Korinther, der bei demselben Beutezug verschleppt worden war. Matthias war zu schmächtig für einen Kämpfer, doch er hatte sich mit seinen medizinischen Kenntnissen unentbehrlich gemacht. Jetzt brachte er saubere Handtücher, Wasser und ein Fläschchen mit Öl.
    »Du bist also nicht bei dem Festgelage?« Matt schlug Seth freundschaftlich auf die Schulter und bedeutete ihm, sich hinzusetzen.
    »Überrascht dich das?«
    »Wie dumm, sich kurz vor einem Kampf vollzufressen. Körper und Geist werden dadurch gefährlich langsam.«
    Matthias dirigierte seinen Freund zu einer nahen Bank und begann, ihm die Schultern mit Öl einzureiben. Er kannte jeden Muskel an Seths Körper und sorgte geduldig und methodisch dafür, dass jeder einzelne warm und locker war, bevor er zum nächsten überging. Während seine Finger arbeiteten, hatte er die Zeichnungen und Tabellen vor Augen, die sein Vater ihm gezeigt hatte. Darauf waren sämtliche Knochen, Muskelpartien, Adern und Venen verzeichnet. Doch dann verbot er sich diese Gedanken, weil er nicht an seinen Vater denken wollte. Er zwang sich, in die Gegenwart zurückzukehren. Seths Haut war viel blasser als damals in Korinth – in Londinium schien eben seltener die Sonne. Doch heute, an diesem herrlichen Augustabend, konnte Matthias sich fast vorstellen, wieder zu Hause zu sein und sich auf ehrenwerte Spiele vorzubereiten statt auf diesen bestialischen Gladiatorenzirkus. Daheim hatte er
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