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Toedliches Fieber

Toedliches Fieber

Titel: Toedliches Fieber
Autoren: Dee Shulman
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zurückzukehren.
    »Ach, Eva, jetzt hab dich doch nicht so!«
    Ich biss mir nervös auf die Lippe. »Was willst du denn noch wissen?«, krächzte ich.
    »Auf welcher Schule warst du vorher?«
    »Auf der Downley-Gesamtschule.«
    »Und … ?«, fragte sie und verdrehte die Augen.
    »Was, und?«
    »Und warum bist du abgegangen?«
    »Sie haben mich rausgeworfen …«
    »Rausgeworfen?«
    Ihre geschockte Miene brachte mich zum Schweigen. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie sie mich ansehen würde,wenn sie erfuhr, dass ich sogar zwei Mal von der Schule geflogen war.
    Sie schüttelte den Kopf, lehnte sich in die Kissen zurück und wartete darauf, dass ich weiterredete.
    Das tat ich aber nicht.
    »Eva! Wieso haben sie dich der Schule verwiesen?«
    Jetzt verdrehte ich die Augen. »Das ist eine lange Geschichte …«
    »Ich habe Zeit.«
    Ich schüttelte nur den Kopf.
    Ruby seufzte, hüpfte vom Bett und kramte darunter herum. Kurz darauf tauchte sie mit einer Blechdose wieder auf, die sie aufs Bett stellte und öffnete.
    »Die sind von meiner Schwester. Und ich gebe sie nur total einsilbigen Mädchen, die neu an der Schule sind … Bitte, bedien dich!«, grinste sie.
    In der Dose lag ein Haufen missgestalteter Schokoladenkekse. Ich nahm einen.
    »Danke«, murmelte ich.
    »Na gut, wenn du nicht über deine kriminelle Vergangenheit reden willst, erzähl mir wenigstens was über deine Familie. Immerhin weißt du jetzt schon was von meiner – dass ich eine Schwester habe. Ich habe sogar zwei. Und jetzt bist du dran … was ist mit deinen Eltern … warum haben sie dich nicht gebracht?«
    Ich schwieg einige Sekunden. Vorgeblich, um zu Ende zu kauen. In Wirklichkeit überlegte ich fieberhaft, wie ich aus diesem Zimmer flüchten konnte.
    » Eva! «, sagte Ruby entnervt. »Ich lasse dich erst gehen,wenn du irgendwas von dir preisgegeben hast. Wenn du nicht schweigend bis ans Ende deiner Tage von den Plätzchen meiner Schwester leben willst – und ich versichere dir, so gut sind sie auch nicht –, fängst du besser an zu reden.«
    Mein Gott, war sie bei der Gestapo?
    »Meinetwegen … was willst du wissen?«, fragte ich misstrauisch.
    »Deine Eltern? «
    »Also … Eltern im engeren Sinne habe ich eigentlich nicht …« Ich bewegte mich Richtung Tür.
    Sie streckte den Arm aus, um mich aufzuhalten. »Hey! Geh noch nicht! Das wollte ich nicht. Es tut mir schrecklich leid, ich wusste ja nicht, dass deine Eltern gestorben sind  – was bin ich für eine taktlose Kuh!«
    Sie sah mich so schuldbewusst an, dass ich einlenken musste.
    »Nein, Ruby … so war das nicht gemeint. Ich … äh, also ich habe schon Eltern, irgendwie …«
    Sie saß einfach da und wartete, dass ich weiterredete. Seufzend setzte ich mich wieder hin.
    »Ich habe eine Mutter. Mein Vater ist gestorben, als ich noch klein war …«
    »Ach, du Arme! Das ist ja schrecklich. Kannst du dich noch an ihn erinnern?«
    Ich starrte sie an, weil sie die Erste war, die mich überhaupt nach ihm fragte. Ich hatte jahrelang möglichst wenig an meinen Vater gedacht. Als er gestorben war, hatte meine Mutter derart um ihn getrauert, dass ich nicht einmal seinen Namen erwähnen durfte. Er war sozusagen mein kleines Geheimnis.Ich hatte ein altes Foto von ihm, das ich unter dem Schrankpapier in meiner Sockenlade aufbewahrte. Wenn es mir schlecht ging, holte ich sein Bild hervor und vertraute mich ihm an. Als ich jünger war, hatte mich das wirklich getröstet. Doch schließlich war ich zu groß geworden, um an die innere Kraft eines alten Fotos zu glauben. Und je chaotischer mein Leben wurde, desto seltener war ich in der Verfassung, ihm in die Augen zu sehen. Ich wusste, dass er sehr enttäuscht von mir gewesen wäre. Das Foto hatte ich seit Jahren nicht mehr betrachtet.
    Ich schüttelte traurig den Kopf.
    Ruby starrte mich an. »Du kannst dich wirklich überhaupt nicht mehr an ihn erinnern?«
    Ich seufzte. »Doch … an bestimmte Augenblicke … wie er mich huckepack genommen und meine Beine ganz fest gehalten hat … wie ich im Kindersitz im Auto saß und auf seinen Hinterkopf geguckt habe …«
    »Wie ist er gestorben?«
    »Autounfall.«
    »Das heißt, es gibt nur noch dich und deine Mutter?«
    »Nein.«
    »Tut mir leid … wenn du nicht darüber reden willst …«
    Ich holte tief Luft.
    »Als ich sieben war, hat meine Mutter wieder geheiratet.«
    »Mit dem Typ hast du es wohl nicht so, was?«
    Ich dachte an Colin. Hatte ich ihn je gemocht?
    »Ich glaube, am Anfang wollte ich
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