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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens
Autoren: barcelo
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Wohnungsschlüssel aus der Tasche und hält sie Jeremy hin. In diesem Moment kommt Ana mit einem Tablett herein, auf dem vier Gläser Limonade klingeln. Jeremy nimmt sich eins, stürzt es in einem Zug hinunter, schnappt die Säcke mit den Manuskripten und sagt, schon in der Tür: »In einer Stunde bin ich wieder da, einverstanden?«
    Die drei Frauen wechseln einen Blick und grinsen Jeremy nach, während er durchs Treppenhaus davoneilt.
    »Ich verschwinde auch«, sagt Ana. »Ricky und David werden bald aus dem Schwimmbad kommen. Wollt ihr mit uns zu Abend essen?«
    »Lieber morgen«, erwidert Rita, »wenn du nichts dagegen hast. Ich bin todmüde und will nur noch ins Bett.«
    »Kopf hoch, meine Liebe! Heute werden wir hier fertig. Endlich ist alles vorbei.« Ana strahlt. »Zu hören, dass es Candela war, hat mir sehr wehgetan, aber ich habe es mir immer viel schlimmer vorgestellt, wenn eines Tages eine von uns gestehen würde. Es ist schon sehr beruhigend zu wissen, wie es wirklich gewesen ist, nicht wahr?«
    Die beiden Freundinnen stimmen schweigend zu und nicken in ihre Limonadengläser.
    »Also gut, Mädels, wenn ihr mich nicht mehr braucht, gehe ich jetzt. Morgen gegen neun bei uns zum Essen. Bring Jaime mit, Teresa, damit David jemanden zum Reden hat.«
    Kaum sind Anas Schritte auf der Treppe verklungen, steht Rita auf, holt einige Papiere aus ihrem Rucksack und reicht sie Teresa, ohne ein Wort zu sagen.
    »Was ist das?«
    »Eins von Candelas Geschenken.«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    »Candela sagte mir, bevor sie starb, sie hinterlasse mir drei Geschenke, wie die Fee im Märchen, aber bei einem sei sie nicht sicher, ob es mir gefallen werde.«
    »Das mit Ingrid, vermute ich.«
    »Du vermutest richtig. Das ist das zweiseitige Geschenk, obwohl ich glaube, es langsam zu verstehen.«
    »Willst du es mir erzählen?«
    »Ich nehme an, Candela wollte sichergehen, dass Ingrid, wenn sie bei mir bleibt, weiß, mit wem sie es zu tun hat und was sich in meiner Vergangenheit verbirgt. Darum wollte sie auch keine Antwort auf ihren Heiratsantrag, ehe ich nicht wusste, was sie mit Lena gemacht hatte. Als ich Ja sagte, wusste ich, dass ich eine Mörderin heirate. Candela wollte, dass auch Ingrid weiß, was sich in jenem Sommer zugetragen hat. Aber sie rechnete damit, dass Ingrid es nicht ertragen und mich verlassen würde. Und sie hat sich nicht getäuscht. Ich hätte nicht den Mut gehabt, es Ingrid zu erzählen. Zumindest weiß ich jetzt, woran ich bin.«
    »Es tut dir sehr weh, stimmt’s?«
    »Ja, Teresa. Sehr. Ich habe alles verloren.«
    »Und das zweite Geschenk?«
    Rita ging in die Küche und kam mit dem Limonadenkrug zurück, dessen Inhalt noch für zwei Gläser reichte.
    »Ich habe mit dem Notar gesprochen. Candela hat mir El Campo vermacht.«
    Teresa war fassungslos.
    »Aber das hatte sich doch Manolo gekauft!«
    »Anscheinend hat Candela es ihm abgekauft, zwei Tage bevor sie ins Krankenhaus ging.«
    »Und Manolo hat es hergegeben?»
    Rita zuckte mit den Schultern.
    »Ich höre mal nach. Du freust dich doch, oder?«
    »Na ja.«
    »Was heißt na ja? Es wiederzubekommen war doch dein größter Wunsch.«
    »Lies das. Es ist das dritte Geschenk.«
    Teresa holte ihre Lesebrille und faltete zögerlich die Bögen auseinander.
    »Das sind die Blätter, die sie der Polizei gegeben hat, plus zwei oder drei, die nur für uns bestimmt sind, die Mädels. In einer Notiz bittet sie mich, sie den anderen weiterzuleiten, weil es alle wissen sollen. Fang auf dieser Seite an zu lesen, ab hier. Die anderen kannst du später lesen, denn du weißt ja, wie ihre Familie war, für dich steht da nichts Neues.«
     
    Es war ein bewegtes Schuljahr in einer Epoche, in der auch unsere Geschichte, die Geschichte Spaniens, in ständiger Bewegung war, als hätte das ganze Land 1973/74 eine Achterbahn bestiegen, die, zumindest vorläufig, auf Francos Tod am 20. November 1975 zusteuerte.
    Im September, kurz bevor der Unterricht begann, wurde in Chile Salvador Allende ermordet. Dann sprengte die ETA den spanischen Regierungschef Luis Carrero Blanco in die Luft, Nixon kämpfte mit Zähnen und Klauen gegen die Folgen der Watergate-Affäre, Prinzessin Anne von England heiratete Mark Phillips, Candela machte ihren Führerschein, Paquito Fernández Ochoa – ein Skiläufer aus Spanien! – eroberte die Pisten der Welt, Barbra Streisand und Robert Redford in So wie wir waren waren das Paar der Stunde, Marga begann, mit Manolo auszugehen, die SLA
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