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Todesschach

Todesschach

Titel: Todesschach
Autoren: Clark Darlton
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muß. Wirklich, Bender, ein toller Kerl, Ihr Grams. Sollte ich jemals ein Spieler werden, denke ich an ihn.«
    »Wenn er den Springer erledigt, steigt er auf und wechselt die Seiten. Grams wird dann ein schwarzer Springer sein.«
    Der Lautsprecher brach sein Schweigen und gab den nächsten Zug bekannt. Die Fernsehzuschauer in aller Welt konnten die Stimme von Schwarz hören – und natürlich der schwarze Springer. Schlug Grams den Springer, stieg er selbst zum Springer auf. Gelang es aber dem schwarzen Springer, den weißen Bauern zu töten, änderte sich nichts, lediglich wehte dann ein anderes Banner auf dem Feldhügel.
    Das Bild auf dem großen Schirm wechselte. Die Kamera fuhr hinab und erfaßte den angreifenden Springer, der sorglos zwei Trenngräben entlanglief, um das Feld des weißen Bauern zu erreichen. Niemand durfte ihn auf seinem Weg angreifen.
    »Bin gespannt«, murmelte Bender und sah wie gebannt auf den Schirm, »wie Grams es diesmal anstellen wird. Die Nacht bricht bald herein, und es wird dunkel. Jagdzeit für den Springer …«
     
    *
     
    Das wußte Grams auch.
    Vom Hügel aus war es ihm gelungen, die Position der feindlichen Figuren blitzschnell zu registrieren. Während er in das schützende Gelände unterhalb des kahlen Hügels zurückeilte, entstand vor seinem geistigen Auge das Schachbrettmuster.
    Der schwarze Springer! Das war eine ganz klare Entscheidung. Weiß hätte verrückt sein müssen, wenn er seinen Bauer nicht gegen einen feindlichen Läufer eintauschte – und Schwarz wußte das auch. Er würde den Bauern, der ihm den Läufer genommen hatte, mit seinem Springer schlagen.
    Grams wußte, durch welchen Graben der Springer kommen mußte. Aber hundert Meter waren eine lange Strecke, und auf dem Nebenfeld stand keine Figur. Der Springer durfte es ungefährdet benutzen, um in sein eigenes zu gelangen.
    Die Dämmerung sank herab. Der Springer besaß eine Schnellfeuerwaffe, wahrscheinlich eine Maschinenpistole. Und den Infrarotsucher, der bis zu hundert Meter Entfernung selbst die Körperwärme einer Maus anzeigte.
    Aber noch war es nicht völlig finster geworden.
    Grams überlegte einen Augenblick, dann entschied er sich für einen Baum, der seiner Meinung nach recht günstig stand. Mit einer Geschicklichkeit, die man ihm nicht zugetraut hätte, kletterte er bis zum Wipfel empor, wobei er die Lanze jedoch in der untersten Astgabelung zurückließ. Hier oben brauchte er sie nicht. Die Fernsehzuschauer konnten ihn sehen, denn die Dunkellichtscheinwerfer hellten die Gegend für die Kameras auf. Ihre für Grams’ Augen unsichtbaren Strahlen wurden aber erst durch Spezialfilter in sichtbare Lichtwellen umgewandelt. Für die Spieler blieb es demnach dunkel.
    Nicht ganz so für den Springer. Sein kleines Infrarotgerät bedeutete eine unschätzbare Hilfe, wenn es galt, in der Finsternis ein lebendes Wesen auszumachen. Und wenn er es auf dem winzigen Bildschirm seines Zielfernrohrs entdeckte, brauchte er nur noch zu schießen.
    Grams rechnete damit, daß der schwarze Springer nicht gleich auf die Idee kam, die Baumwipfel abzusuchen. Er würde sich erst einmal um die Bodenverstecke kümmern. Und da konnte er lange suchen. Außerdem war es immer noch so hell, daß Grams seinen Gegner mit bloßem Auge erkennen konnte. Er hatte den schwarzen Läufer noch gerade rechtzeitig erledigen können.
    Er setzte sich so, daß er schnell in die untere Astgabel zurückgleiten konnte, wo die Lanze auf ihn wartete. Vielleicht würde er sie nicht einmal brauchen.
    Die beiden Gräben rechts und links stießen dort zusammen, wo sich der Springer entscheiden mußte, welchen Weg er nahm. Entweder drang er sofort in Grams’ Gebiet ein, oder er wählte den Umweg über das unbesetzte Nachbarfeld. Der Graben, durch den er jetzt kommen mußte, trennte hingegen zwei besetzte Felder. Sie durfte er nicht betreten.
    Professor Kofoltow, der Erfinder des Todesschachs, hatte bei der Aufstellung seiner Regeln an alles gedacht. Es handelte sich im Grunde genommen um eine Weiterentwicklung des Schachspiels der mittelalterlichen Maharadschas, die mit lebenden Figuren zogen und schlugen. Kofoltow kombinierte dieses an sich harmlose Spiel mit den Gladiatorenkämpfen der altrömischen Kaiserepoche.
    Das Spiel mit dem Tod hatte schon immer seine Reize gehabt, auch in der modernen und angeblich so humanen Zeit. Aber selbst die Rennfahrer auf den Pisten spielten mit ihrem Leben, und die Zuschauer ergötzten sich am Nervenkitzel. Und oft
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