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Todesmarsch

Titel: Todesmarsch
Autoren: Stephen King
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jetzt in der Armee«, flüsterte Olson und grinste, aber Garraty ignorierte ihn. Er konnte nicht anders, als den Major zu bewundern. Bevor er von den Soldaten abgeführt worden war, hatte Garratys Vater den Major gern das seltenste und gefährlichste Ungeheuer genannt, das ein Volk hervorbringen konnte, einen von der Gesellschaft geförderten Soziopathen. Aber sein Vater hatte den Major nie persönlich kennengelernt.
    »Aaronson.«
    Ein kurzer, stämmiger Bauernjunge mit sonnverbranntem Nacken stapfte, offensichtlich von der Ausstrahlung des Majors eingeschüchtert, auf ihn zu und nahm seine große Plastikeins in Empfang. Er befestigte sie mit dem Klebestreifen an seinem Hemd, und der Major gab ihm einen Klaps auf den Rücken.
    »Abraham.«
    Ein großer Junge mit rötlichen Haaren in Jeans und einem T-Shirt. Er hatte seine Jacke wie ein Schuljunge um die Hüfte gebunden; sie flatterte ihm heftig um die Knie. Olson kicherte höhnisch.
    »Baker, Arthur.«
    »Das bin ich«, sagte Baker und stand auf. Er bewegte sich mit einer täuschenden Gemächlichkeit, die Garraty nervös machte. Baker war ein zäher Kerl. Er würde lange durchhalten.
    Baker kam zurück. Er hatte seine Nummer - 3 - auf der rechten Brusttasche seines Hemdes festgeklebt.
    »Hat er was zu dir gesagt?« wollte Garraty wissen.
    »Er hat mich gefragt, ob die Hitzeperiode zu Hause schon angefangen hätte«, antwortete Baker scheu. »Ja, er - der Major hat mit mir gesprochen.«
    »Kann gar nicht so heiß sein, wie es hier bald werden wird«, krächzte Olson.
    »Baker, James«, fuhr der Major fort.
    Es dauerte bis 8.40 Uhr und es stimmte alles. Niemand hatte sich gedrückt. Hinten auf dem Parkplatz starteten mehrere Wagen und fuhren davon - es waren die Jungen von der Reserveliste, die jetzt nach Hause fahren und den Wettbewerb auf dem Fernseher verfolgen würden. Es ist soweit, dachte Garraty, jetzt ist es wirklich soweit.
    Als er an die Reihe kam, gab der Major ihm die Nummer 47 und wünschte ihm viel Glück. In seiner Nähe nahm er den sehr wärmlichen, beinahe überwältigenden Geruch des Majors wahr. Er hatte unheimliche Lust, den Mann zu berühren, um sich davon zu überzeugen, daß er wirklich war.
    Peter McVries war Nummer 61. Hank Olson 70. Er stand länger als die anderen beim Major. Plötzlich lachte der Major über etwas, das Olson gesagt hatte, und schlug ihm kameradschaftlich auf den Rücken.
    »Ich hab' ihm geraten, einen Batzen Geld auf Abruf bereitzuhalten«, sagte Olson, als er zurückkam. »Und er hat mir gesagt, daß ich euch die Hölle heiß machen soll. Er sagte, er mag Leute, die es kaum erwarten können, zu siegen. Mach sie fertig, Junge, hat er zu mir gesagt.«
    »Nicht schlecht«, bemerkte McVries und blinzelte Garraty zu. Garraty wußte nicht so recht, was er von Peters Zwinkern halten sollte. Machte er sich 'etwa über Olson lustig?
    Der dürre Junge auf der Kiefer hieß Stebbins. Er nahm seine Nummer mit gesenktem Kopf entgegen und sprach kein Wort mit dem Major. Danach setzte er sich wieder unter seinen Baum. Garraty war von ihm irgendwie fasziniert.
    Nummer 100 war ein rothaariger Junge mit einer vulkanartigen Akne. Er hieß Zuck. Nachdem er seine Nummer erhalten hatte, saßen sie alle herum und warteten auf das, was als nächstes passieren würde.
    Drei Soldaten aus dem Halbkettenfahrzeug verteilten breite Gürtel mit Taschen, die man mit einem Druckknopf verschließen konnte. Diese Taschen enthielten Tuben mit einer Paste aus energiereichem Nahrungskonzentrat. Dann kamen noch weitere Soldaten und verteilten Feldflaschen mit Wasser. Sie banden sich die Gürtel um und befestigten die Feldflaschen. Olson schlang sich den Gürtel wie ein Revolverheld tief um die Hüfte, fand eine Schokoladentafel und fing sofort an, sie zu essen. »Nicht schlecht«, sagte er lachend. Dann nahm er einen großen Schluck aus seiner Feldflasche, um die Schokolade hinunterzuspülen, und Garraty fragte sich, ob Olson nur eine tapfere Miene zur Schau stellte oder ob er etwas wüßte, was ihm selbst entgangen war.
    Der Major musterte sie alle ernst. Garratys Armbanduhr zeigte 8.56 Uhr - wie war es so spät geworden? Sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen.
    »Also gut, Leute, stellt euch bitte in Zehnerreihen auf. Keine besondere Ordnung. Ihr könnt mit euren Freunden zusammenbleiben, wenn ihr wollt.«
    Garraty stand auf; er fühlte sich benommen und wie im Traum. Es war, als gehörte sein Körper nun jemand anderem.
    »Jetzt geht's also los«, sagte
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