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Todesküste

Todesküste

Titel: Todesküste
Autoren: H Nygaard
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oder
andere Anzeichen für eine Gewalteinwirkung, und die Narbe unter dem linken Knie
war alt. Lediglich das kleine Loch, etwa zwei Fingerbreit unter dem Magen, wies
auf den Mord hin, an dem Schwälm keinen Zweifel mehr hegte. Die Mediziner, die
sich um das Leben des Opfers bemüht hatten, waren gründlich gewesen und hatten
das Blut, das aus der Wunde gesickert war, und die Stelle rund um das
Einschussloch gründlich gereinigt, aber Schwälm erkannte sofort die typische
Charakteristik der Schussverletzung. Damit erübrigte sich, auf dem Heider
Markplatz nach der Tatwaffe zu suchen, von der sie vermutet hatten, dass es
auch ein Messer gewesen sein könnte.
    Steffen Meiners war durch einen fast aufgesetzten
Schuss ermordet worden.
    »Ich war mir nicht sicher«, versuchte Dr. Al-Nasif
Schwälms Gedanken zu erraten, »ob es eine Kugel war. Ich habe so etwas noch nie
gesehen – nicht als Arzt. Das andere zählt nicht.« Auf Schwälms fragenden Blick
ergänzte der Arzt: »Ich komme aus Ägypten.«
    »Sie müssen doch das Ausschussloch im Rücken gesehen
haben«, sagte der Hauptkommissar mit einem leichten Vorwurf in der Stimme und
hielt für sich fest, dass die Spurensicherung im Umkreis des Tatorts nach dem
Geschoss suchen musste.
    »Es gibt keinen Austritt«, erwiderte Dr. Al-Nasif.
»Der Rücken ist unversehrt.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Hören Sie. Halten Sie mich für blind?«
    Schwälm drehte den Leichnam auf die Seite und warf
einen Blick auf den Rücken. Er konnte mit Ausnahme der Totenflecken nichts
erkennen.
    »Können Sie sicherstellen, dass der Tote unverändert
bleibt? Ich lasse ihn zur Gerichtsmedizin nach Kiel bringen.«
    »Wir kümmern uns hier gemeinhin um die Lebenden. Die machen
uns genug Arbeit. Da müssen Sie sich nicht sorgen, dass sich einer an den
Leichen vergreift«, antwortete der Mediziner, der dem Hauptkommissar die
Zweifel an der Gründlichkeit seiner Untersuchung übel nahm. Dann scholl ein
Piepton aus der Brusttasche des Arztkittels.
    »Ich werde gebraucht. Von einem Lebenden«, sagte Dr.
Al-Nasif und schloss ab, nachdem beide Männer den Raum verlassen hatten.
    Schwälm veranlasste über Handy, dass Steffen Meiners
zur Rechtsmedizin nach Kiel gebracht wurde. Es war ein glücklicher Umstand,
dachte er, dass das Projektil noch im Körper des Opfers steckte und die
Spurensicherung sich nicht auf die mühsame Suche nach dem Geschoss im Gedränge
des Festplatzes begeben musste.
    Dann fuhr der Hauptkommissar zum Heider Marktplatz
zurück.
    »Wir haben bisher nichts finden können, was uns
weiterführt«, empfing ihn Oberkommissar Bongers, einer seiner Mitarbeiter.
»Fast alle Befragungen waren negativ.«
    Schwälm horchte auf. » Fast alle?«
    Bongers nickte. »Lediglich die Frau am Zugang zum
Gelände, die die Eintrittskarten kontrolliert, konnte sich an den Leprakranken
erinnern. Sie fand es merkwürdig, dass sich ein Kostümierter mit einer gelösten
Karte Zutritt verschafft hat.«
    »Wieso?«
    »Die Besucher, die Eintritt zahlen müssen, kommen
nicht verkleidet. Schließlich sind wir hier in Dithmarschen und nicht in Köln
oder Düsseldorf. Die Akteure des Marktfriedens hingegen betreten das Gelände
durch einen anderen Eingang oder haben einen Ausstellerausweis, wenn sie an
einem der Stände tätig sind.«
    »Das könnte bedeuten, dass wir die registrierten
Marktbeschicker im ersten Schritt ausklammern können. Trotzdem möchte ich, dass
wir eine Aufstellung aller Namen bekommen, die beim Veranstalter gemeldet
sind.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht«, sagte Bongers. »Es
gibt einen Marktmeister, der alles überwacht. Mit dem haben wir schon
gesprochen. Der Mann macht einen zugänglichen Eindruck und hat uns seine
Unterstützung zugesichert.«
    Schwälm sah sich um. »Was ist mit der Schmiede dort
drüben?«
    »Da arbeiten der Schmied und ein paar Helfer. Die
haben auch nichts bemerkt. Unglücklicherweise haben die gerade zum Zeitpunkt
der Tat eine Show vorgeführt. Sie haben mit dem Blasebalg das Feuer geschürt,
und der Schmied hat mit seinem wuchtigen Hammer auf glühende Metallstäbe
eingedroschen. Das hat auch die Menschentraube verursacht, in deren Gedränge
der Täter offenbar unbemerkt zuschlagen konnte. Und durch den Lärm, den das
Hämmern verursacht hat, blieb der Schuss unbemerkt.«
    »Was ist mit der Gestalt, die dort hinten auf dem
Boden hockt?«
    »Wo?« Bongers sah sich suchend um und entdeckte jetzt
auch eine in Lumpen gekleidete Gestalt, die am Rande des Weges
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