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Todesküste

Todesküste

Titel: Todesküste
Autoren: H Nygaard
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Krankenhaus.«
    »Es ist aber wichtig. Ich muss dringend mit einem Arzt
sprechen. Es geht um …«
    Sie musterte ihn von oben bis unten. Ihr Alter war
schwer einzuschätzen, aber Schwälm taxierte sie seiner Altersgruppe zugehörig.
»Junger Mann. Dies ist ein Krankenhaus. Hier ist alles wichtig. Und in welcher
Reihenfolge die Sachen erledigt werden, bestimmen einzig wir .«
    An der resoluten Frau schien kein Vorbeikommen
möglich.
    »Irrtum«, blaffte er Schwester Elke an. »Jetzt habe
ich das Kommando übernommen. Also? Wo ist der Arzt.«
    Erschrocken fuhr sie zusammen. Eine solche Reaktion
schien ihr auf »ihrer« Station neu zu sein. »Kommen Sie«, sagte sie eine Spur
verbindlicher. »Der Doktor versorgt gerade einen Notfall.« Sie zeigte auf ein
paar Stühle auf dem Flur. »Warten Sie hier. Fünf Minuten.« Dann verschwand sie
durch eine Tür mit Milchglas.
    Es dauerte zehn Minuten, bis ein dunkelhäutiger Mann
mit krausem Haar und zerfurchtem Gesicht auf den Flur trat.
    »Dr. Al-Nasif«, stellte er sich vor und reichte
Schwälm die schlanke Hand. »Ich bin der zuständige Arzt. Was kann ich für Sie
tun?« Er ließ sich vom Hauptkommissar den Dienstausweis zeigen und studierte
ihn aufmerksam.
    »Es geht um Steffen Meiners, der vor Kurzem als
Notfall bei Ihnen eingeliefert wurde.«
    Der Mediziner fasste Schwälm am Ärmel und zog ihn
hinter sich her, nachdem er einen Blick über den leeren Flur geworfen hatte.
»Kommen Sie, wir gehen ins Ärztezimmer.«
    Der Hauptkommissar folgte ihm in den nüchternen Raum,
in dem zwei einfache Schreibtische, ein kleiner Kaffeetisch und zwei Holzstühle
standen. Dr. Al-Nasif nahm hinter dem Schreibtisch Platz, kramte aus einer
Schublade eine Zigarettenpackung hervor und zündete sich eine an.
    »Das muss jetzt sein«, sagte er entschuldigend.
»Manchmal ist es ruhig, aber heute …« Er sog tief den Rauch in seine Lungen und
entließ die blaue Wolke wenig später in den Raum. »Sie müssen nicht erstaunt
sein. Auch Ärzte sind nur Menschen«, erklärte er ungefragt. »Das war eben ein
Beinbruch. Gottlob ohne Komplikationen. Der Mann wollte nur eine Glühbirne
auswechseln und hat dazu zwei Stühle übereinandergestellt. Das hat aber nicht
gehalten. Auf diese Weise kommen wir zu unserer Sonntagsarbeit.«
    »Entschuldigen Sie, aber wir stehen unter Zeitdruck.
Meine Mitarbeiter suchen den vermeintlichen Tatort ab. Das ist der Festplatz.
Da es dort vor Menschen wimmelt, ist für uns jede Minute kostbar. Wichtig ist
es, zu wissen, ob Herr Meiners mit einer Stichverletzung eingeliefert wurde.
Wir müssen dann nach der Tatwaffe suchen. Kann ich schon mit ihm sprechen?«
    Erneut inhalierte Dr. Al-Nasif an seiner Zigarette,
bevor er den Kopf schüttelte. »Nein, das ist nicht möglich.«
    »Dann liegt er noch in Narkose. Wann, glauben Sie,
wird er ansprechbar sein?«
    »Gar nicht.«
    »Was heißt das?«
    Der Arzt sah Schwälm mit traurigem Blick an. »Als er
bei uns eintraf, war er bereits tot. Er hat den Transport nicht überlebt.«
    »Woran ist er gestorben?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Der Notarzt hat alles
versucht. Wir haben im Schockraum auch noch eine Reanimation durchgeführt.
Leider vergeblich. Es sieht aus, als wäre die Bauchschlagader verletzt gewesen.
Da läuft das Blut so schnell in den Bauchraum, dass Sie mit dem Nachfüllen
nicht hinterherkommen.«
    »Wo ist das Opfer jetzt?«
    Der Arzt zog ein letztes Mal an seiner Zigarette und
drückte den Stummel in einem Aschenbecher aus. Dann stand er auf. »Kommen Sie«,
sagte er und ging zu einem grün gekachelten Raum, in dem auf einem Gestell eine
Trage stand. Unter einem weißen Tuch zeichneten sich die Konturen eines
Menschen ab. Dr. Al-Nasif zog das Laken von den sterblichen Überresten Steffen
Meiners’.
    Schwälm suchte in seinen Taschen. »Hier«, sagte der Arzt
und reichte ihm von einem Bord Einmalhandschuhe, die sich der Hautkommissar
überstülpte. Dann tastete er vorsichtig das bleiche Gesicht des Toten ab,
versuchte, in den Mund zu sehen, schob den Ansatz der dunkelbraunen Haare nach
hinten, hob den Kopf und versuchte ihn ein wenig zu drehen.
    Er konnte keine Auffälligkeiten feststellen. Das galt
auch für den Hals und die Extremitäten. Akribisch begutachtete Schwälm Meiners’
Hände. Sie sahen nicht aus, als hätte der Mann seinen Lebensunterhalt als
Handwerker verdient. Auch unter den Fingernägeln fand er mit bloßem Auge
nichts, was seine Aufmerksamkeit erregt hätte. Es gab keine Hämatome
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