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Todescode

Todescode

Titel: Todescode
Autoren: Barry Eisler
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mitanzusehen, wie Alex sich vor ihm wand.
    »Lassen Sie mich die Sache übernehmen, David«, sagte Alex, ein wenig überrascht über die Bestimmtheit in seinem Ton.
    Osborne breitete die Arme aus, Handflächen nach oben, als stünde das außer Frage, als hätte er nicht seit Beginn dieses Gesprächs nach einer Möglichkeit gesucht, Alex auszubooten. »He«, sagte er. »Hab ich Ihnen je Steine in den Weg gelegt?«
    Es war keine Antwort, zumindest keine eindeutige. »Dann gehört Hilzoy mir?«, sagte Alex. »Hab ich das Mandat?«
    »Klingt vernünftig.«
    »Ist das ein Ja?«
    Osborne seufzte. Er schwang seine Stiefel vom Schreibtisch und beugte den Oberkörper vor, als wollte er sich wieder dem widmen, wobei Alex ihn unterbrochen hatte. »Ja, das ist ein Ja.«
    Alex erlaubte sich ein kleines Lächeln. Der schwierige Teil war geschafft. Jetzt kam der richtig schwierige Teil.
    »Da wäre nur noch eines«, sagte Alex.
    Osborne zog die Augenbrauen hoch und blickte skeptisch.
    »Hilzoy … hatte letztes Jahr eine ziemlich fiese Scheidung. Er hat kein Geld.«
    »Ach, verdammt, Alex.«
    »Nein, warten Sie. Er kann unsere Honorare nicht bezahlen. Aber wenn wir ihm bei der Firmengründung helfen, uns einen Anteil daran sichern –«
    »Wissen Sie, wie schwierig es ist, die Partner dazu zu bringen, sich auf so einen spekulativen Scheiß einzulassen?«
    »Sicher, aber sie hören auf Ihre Empfehlungen, oder?«
    Das war ein Schachzug, den Alex durch jahrelange Erfahrung in Verhandlungen für Mandanten gelernt hatte. Wenn die andere Seite sich darauf berief, etwas nicht allein entscheiden zu können, sondern vorher beim Vorstand oder bei der Geschäftsleitung oder wem auch immer nachfragen zu müssen, kitzelte man zuerst ihr Ego und dann ihren Wunsch, konsequent zu bleiben.
    Osborne war zu erfahren, um darauf reinzufallen. »Nicht immer, nein.«
    »Tja, diesmal sollten sie das aber. Diese Software ist außerordentlich vielversprechend. Ich hab sie selbst auf Herz und Nieren geprüft, und Sie wissen, ich kenne mich besser damit aus als die meisten. Ich werde alle anfallenden Aufgaben selbst erledigen. Nicht
statt
meiner sonstigen Arbeit. Zusätzlich.«
    »Alex, hören Sie auf. Es fehlt nicht mehr viel, und Sie stellen uns für dieses Jahr dreitausend Stunden in Rechnung. Sie können nicht –«
    »Doch, ich kann. Und das wissen Sie. Es geht hier um eine prozentuale Beteiligung der Kanzlei an etwas, das richtig groß werden könnte – und die Kanzlei quasi nichts kostet. Meinen Sie wirklich, die Partner werden nichts davon hören wollen, wenn Sie ihnen das vorschlagen?«
    Wenn, nicht falls. Osborne antwortete nicht, und Alex hoffte, nicht zu weit gegangen zu sein. Osborne fragte sich vermutlich:
Wieso ist der bereit, so viel für etwas so Unsicheres zu opfern? Ist die Sache vielleicht doch größer, als er durchblicken lässt?
    Alex versuchte es erneut. »Die Partner hören doch auf Sie, richtig?«
    Osborne lächelte ein wenig, vielleicht weil er widerwillig honorierte, dass Alex sein Blatt so gekonnt ausgespielt hatte. »Manchmal«, sagte er.
    »Dann empfehlen Sie es also?«
    Osborne rieb sich das Kinn und sah Alex an, als wäre er um nichts anderes besorgt als um dessen Wohlergehen. »Wenn Sie unbedingt drauf bestehen. Aber, Alex, Ihnen ist doch klar, dass das der erste Mandant ist, den Sie je selbst an Land gezogen haben« –
der erste, den Sie mich je haben an Land ziehen lassen, meinen Sie
– »und falls das schiefgeht, dann stehen Sie nicht gut da. Das zeugt dann von schlechtem Urteilsvermögen.«
    Schlechtes Urteilsvermögen.
Bei Sullivan, Greenwald galt das als die größte allumfassende Schmach. Wenn irgendetwas schieflief, selbst wenn der Anwalt nichts dafür konnte, wurde ihm schlechtes Urteilsvermögen angehängt. Hätte der Anwalt nämlich ein gutes Urteilsvermögen gehabt, hätte er den Schlamassel auf jeden Fall kommen sehen und verhindert.
    Alex erwiderte nichts, und Osborne fuhr fort. »Ich will damit nur sagen, für ein derartiges Risiko sollte man einen Spielraum für Fehler einkalkulieren, ein Polster, auf dem man notfalls weich landet.«
    Alex fand es abstoßend, dass Osborne alles so darstellte, als sei er Alex’ bester Freund. Er wusste, was er sagen sollte:
Sie haben recht, David. Nehmen Sie den Mandanten auf Ihre Kappe. Danke, dass Sie mich schützen, Mann. Sie sind der Beste.
    Stattdessen sagte er: »Ich dachte,
Sie
wären mein Polster.«
    Osborne blinzelte. »Na, das bin ich auch.«
    Alex zuckte die
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