Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod und Leidenschaft (German Edition)

Tod und Leidenschaft (German Edition)

Titel: Tod und Leidenschaft (German Edition)
Autoren: Cassandra Norton
Vom Netzwerk:
als ich sie ignoriere, in meine Taschen zu greifen.
    Abhacken will ich sie. Allesamt. Seien es Kinder- oder Erwachsenenhände.
    Mein Magen hebt sich konvulsivisch. Erschrocken frage ich mich, wie lange ich noch durchhalten werde.
    Wie unterscheide ich hier Huren von anderen Frauen? Gar nicht! Sie sind alle gleich!
    Eine hebt einen Säugling an ihrer entblößten Brust, während sich ein Kerl gegen sie drückt.
    Seine Bewegungen sind eindeutig. Ein schnelles, gleichmäßiges Stoßen gegen die Frau. Welche Blasphemie!
    Mitten auf der Straße, mitten in dem Gewühl von schreienden, gestikulierenden Menschen. Herrgott … ich muss jetzt eine auswählen.
    Irgendeine. Oder ob Gott mir ein Zeichen gibt? Einen Hinweis?
    Ich zwinge mich, den Weibern in die Gesichter zu sehen. Aufgedunsen. Ausgemergelt. Ausgeschlagene, verrottete Zähne. Geplatzte Lippen.
    Überall scheint es zu husten und Schleim zu speien. Unmöglich zu verhindern, dass etwas von diesem Aussatz mich berührt.
    Oh Gott! Ich ertrage es nicht!
    Wenn ich nur die Augen schließen könnte … Wie kann er nur zulassen, dass solche Kreaturen existieren? Wie?
    Plötzlich erhellen Blitze den Himmel, zerreißen den stickigen Schleier. Beinahe gleichzeitiger Donner. Ich erstarre. Als die schweren Tropfen zu fallen beginnen, ziehen sie sich Tücher über die Köpfe und Jacken. Was wollen sie schützen?
    Es ist lachhaft. Ich bleibe stehen. Der Regen durchtränkt meine Jacke. Als ich ihn auf der Haut spüre, ist es wunderbar.
    Der Horizont beginnt zu brennen! Rote Flammen erheben sich! Und mögen es andere auch lediglich für Brände in den Docks halten … Narren! Ich weiß: Es ist ein Zeichen Gottes!
    Blitze und Donner erheben mich zu den Sternen. Erleuchten die Nacht in meiner Seele!
    Und dann sehe ich sie.
    Bestrahlt vom Licht der zuckenden Blitze. Sie!
    Mein Herz jubelt. Gott hat sie mir gezeigt!
    So schnell die überfüllte Straße es zulässt, eile ich in ihre Richtung. Neben mir schreit jemand auf und geht zu Boden.
    Niemand nimmt von mir Notiz. Niemand!
    Sie reicht mir gerade bis zur Schulter, als ich vor ihr stehe. Was für eine Haube sie trägt. Wie kann sich so ein abgerissenes Weib eine solche Haube leisten? Die ist gestohlen . Daran kann es keinen Zweifel geben …
    „ Wie viel?“
    Sie grinst mich aus zahnlosem Mund an. Da sind schon graue Haare in den dicken braunen Wellen, die sie nachlässig hochgesteckt hat.
    „Fünf Pence. Aber da is nix extra bei, Mister.“
    Würgen steigt in meiner Kehle hoch. Man muss sicher verhandeln mit diesen Weibern. Verhandeln …
    „Das ist zu viel.“ Mehr bringe ich nicht raus. Sie ist besoffen. Stinkt nach billigem Fusel. Ihre ganze Person starrt vor Dreck und der Gestank wird durch den unablässig fallenden Regen noch verstärkt. Es ist zu viel …
    „Oh Mann … Mister … Ich brauch das Geld … Kann sonst heut Nacht nirgends pennen …“
    Soll ich Mitleid mit solchem Abschaum haben?
    „Drei Pence … aber unter drei mach ich´s nicht …“
    Ich nicke. Niemand kann mir zumuten mehr zu reden, als unbedingt nötig.
    Nicht mehr lange … nicht mehr lange.
    „Ja. Schon gut. Aber nicht hier …“
    Sie ist schon losgelaufen und sieht sich jetzt zu mir um.
    „Nee, nee, Mister. Ich weiß n gutes Plätzchen. Ruhig isses da.“
    Sie führt mich in eine Seitengasse. Plötzlich durchfährt mich der Schock. Was wenn sie nur der Lockvogel für eine Bande ist? Diesen dreckigen Huren kann man alles zutrauen.
    Sie wird mich kennenlernen!
    Die Straße ist wirklich ruhig. Zu ruhig. Alle meine Sinne sind geschärft. Der Regen prasselt auf den schlammigen Boden.
    Ich glaube die Essex- Werft im Dunkel zu erkennen. Eine einzige Laterne für diese ganze gottverdammte Straße. Aber ruhig, nur ruhig. Das ist doch gut so. Ja, eine ruhige Gegend. Eine kleine Fabrik, ein Lagerhaus. Kein Licht in keinem Fenster. Sehr gut.
    „Ich weiß, warum se mich angesprochen hamm!“
    Woher weiß sie es? Hat Gott auch ihr ein Zeichen gesandt? Nein – Gott schickt solchem Dreck kein Zeichen! Ich kann die Unruhe kaum noch in Schach halten.
    „Se brauchen nich nervös sein, Mister. Es liegt an meiner Haube!“ Sie deutet nach oben. Etwas Dunkles, Undefinierbares.
    „Die is neu … ich hab vorhin grad nem Bekannten gesagt, dass die mir Glück bringen wird! Dann krieg ich mein Bett für die Nacht!“
    Ich will das Grinsen aus ihrem Gesicht reißen. Was interessiert mich ihr dummes Geschwätz.
    Herrgott – sie soll endlich das Schwatzen aufhören.
    Es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher