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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux
Autoren: Paul Grote
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Seite aus alles gesagt, er blieb höflich und zuvorkommend, sie war schließlich die Freundin seines Freundes.
    Martin kehrte um und ging zum Gasthaus zurück. Heute würde er Petra nicht mehr anrufen, das hatte Zeit bis morgen.
    Das Tor war noch offen, und er stellte den Wagen auf den Hof, nahm den Koffer, kontrollierte alle Wagentüren und ließ sich in der Schankstube eine Flasche Wasser geben. Durch die Vorhänge drang das Flackern der Neonreklame ins Zimmer und ließ ihn nicht einschlafen. Er fragte sich, weshalb Gaston ihm den Haut-Bourton aufgedrängt hatte. Gut, er würde ihn morgen probieren, und Gaston würde sich wieder beruhigen.
    Mitten in der Nacht wachte er schweißgebadet auf, eine Autotür wurde zugeschlagen, ein Wagen fuhr an. Es war stickig im Raum, schlaftrunken stieß Martin das Fenster auf und sah, wie zwei Rücklichter im Nebel verschwanden. Er wusch sich das Gesicht, trank etwas und legte sich wieder hin.
    Zum Frühstück gab es Eier von den Hühnern, die auf dem Hof herumliefen, Wurst aus eigener Schlachtung und selbst gekochte Marmelade - «die macht unsere Oma», sagte die Wirtin, ein wenig freundlicher als gestern. Martin zahlte und ging auf den Hof.
    Als er den Knopf der Zentralverriegelung drückte, passierte nichts. Er versuchte es noch einmal - keine Reaktion. Martin hielt die Luft an - mit wenigen Schritten war er am Wagen. Was war bloß los? Die Heckklappe war unten eingebeult und stand offen. Die Decke über den Kisten hing durch. Ahnungsvoll schlug Martin sie zurück. Es war, wie er befürchtet hatte - eine 12er-Kiste fehlte. Hoffentlich nicht die teuerste, 250 Euro die Flasche, das wäre bitter. Bei diesen Geschäften an der Steuer vorbei war nur das versichert, wofür er die Rechnung vorlegen konnte. Alle anderen Weine, so nebenbei abgefüllt, durfte es gar nicht geben. Ich Narr, dachte er, wieso habe ich den Wagen nicht rückwärts an die Wand gesetzt? Und die Wirtin hatte gelogen und den Hof nicht abgeschlossen.
    Mit fliegenden Fingern zerrte er die Frachtpapiere aus der Aktenmappe, schob die Kisten hin und her und verglich die Namen mit denen auf seinen Listen. Seine Rückenschmerzen vergaß er. Nein, von den offiziellen Weinen fehlte keiner. Wahrscheinlich einer von den «Inoffiziellen», wie er sie nannte. So eine Scheiße!
    Es waren drei mal drei Kisten gewesen, genau in drei Lagen übereinander, damit beim Bremsen nichts verrutschte. Martin stutzte ... der Haut-Bourton?
    Er lehnte sich an den Wagen. Ausgerechnet der Wein, den Gaston ihm zum Probieren gegeben hatte, dabei hatte er ihm erst beigebracht, seine Nase richtig zu nutzen. Gaston hatte ihn zu Verkostungen auf Châteaus und Versteigerungen mitgenommen, in die Keller anderer Winzer geschleppt, so lange mit ihm seine eigenen Weine in den unterschiedlichen Stadien ihrer Entwicklung probiert, bis Martin fast jedes Fass auseinander halten konnte. Gaston hatte ihn gebeten, den Haut-Bourton zu probieren - und er hatte ihn sich klauen lassen. Jetzt konnte er Gastons Wunsch nicht mehr erfüllen. Obwohl - ihm fielen die zwei Flaschen aus dem Lunchpaket ein. Sie standen unberührt hinter dem Fahrersitz.
    Aufgeregt tippte er Gastons Nummer in das Handy. Doch es antwortete ihm nur die Mailbox, die ihm empfahl, eine Nachricht zu hinterlassen.
    Außer Gaston wusste niemand, was er geladen hatte. Also war es kein zielgerichteter Diebstahl. Dann hatte jemand die Gelegenheit genutzt, vielleicht Leute aus dem Dorf? Die Wirtin hatte bestimmt nichts gehört und würde bei allen Heiligen schwören, den Hof abgeschlossen zu haben. Sicher waren die Diebe gestört worden und hatten nur eine Kiste mitnehmen können. Oder wollten sie die gesamte Ladung und konnten den Wagen nicht starten? Aber am Zündschloss fanden sich keine Spuren.
    Was war der Haut-Bourton wert? Ein bekannter Second Cru würde nicht billig sein, bestimmt so an die hundert Euro pro Flasche, das waren - 1200 Euro. Zur Polizei konnte er auch nicht gehen, weil der Wein nicht in den Frachtpapieren war. Wozu hier noch weiter rumstehen und blöde Fragen stellen, dachte Martin grimmig, außerdem begann es zu regnen. Er stieg ein und fuhr mit zusammengebissenen Zähnen weiter.
    An diesem Freitag war die Autobahn so voll wie immer, zu allem Unglück goss es wieder wie aus Kübeln. Für die letzten fünfzig Kilometer nach Frankfurt benötigte er fast anderthalb Stunden - eine Strapaze, bei der er den Diebstahl vergaß. Erst als er unter dem Torbogen auf den Hof seines Weinhandels
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