Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
von ihr bereits als Fischgrätenverpackung zweckentfremdet worden. (Zweifellos versehentlich.) Ich erkannte jetzt, dass es rücksichtsvoll wäre, auch den Rest fallen zu lassen.
    Damit blieben noch meine Satiren. Helena meinte, sie seien gut. Ich hatte sie mit Maia kichern hören, als die beiden sie für mich abschrieben.
    Als ich zu lesen begann, brachten Freunde von Rutilius Wein, um ihn nach seiner Zerreißprobe zu erfrischen; sie waren anständiger, als ich gedacht hatte, und etwas von dem Wein kam auch bei mir an. Das mochte mich ermutigt haben, die Passagen zu vergessen, die ich hatte zensieren wollen. Stattdessen übersprang ich, als ich merkte, dass das Publikum unruhig wurde, all das, was ich jetzt als langweilig und ehrbar empfand. Komisch, wie sich die redaktionelle Beurteilung verschärft, wenn man vor Publikum liest.
    Die Leute waren dankbar für etwas Zotiges. Sie wollten sogar noch mehr hören. Inzwischen hatte ich nichts mehr zu bieten, außer ich kam auf Aglaia zurück und gab preis, einst philosophische Gefühle für eine etwas anrüchige Zirkustänzerin gehabt zu haben, deren Auftritt hauptsächlich aus anzüglichem Schlängeln bestanden hatte. Ich wickelte die Schriftrolle bis zum Ende auf und fand nur noch ein paar Zeilen, die, wie ich wusste, meine Schwester Maia einst selbst verfasst hatte. Sie hatte sie offenbar klammheimlich eingefügt, um mir eine Falle zu stellen.
    Rutilius strahlte glücklich; nachdem seine Feuerprobe hinter ihm lag, hatte er noch mehr Wein getrunken als ich. Dieser Abend war als kultivierte Zerstreuung gedacht gewesen, eine Soiree, auf der wir uns als vielseitige Römer darstellen konnten: Männer der Tat, die Augenblicke nachdenklichen Intellekts schätzten. Ein Exkonsul, einer, der hohe Erwartungen hatte, würde mir nicht dafür danken, seinen vornehmen Bekannten ein rüdes Verslein aufzudrängen, dazu noch geschrieben von einer Frau. Aber eben jene Bekannten hatten uns mit einem erstaunlich starken Gebräu versorgt, also hob ich meinen Weinbecher, und als Rutilius mit verschwommenem Blick den seinen ebenfalls hob, las ich es trotzdem.
    »Meine Damen und Herren, nun müssen wir uns trennen, aber hier ist noch ein letztes Epigramm mit dem Titel ›Gedicht einer Exjungfrau‹:
     
    Es gibt welche
    von denen Blumenkelche
    mich zum Lächeln brächten.
    Und andere
    mit denen wanderte
    ich gern durch die Nächte.
    Ein Kuss in Ehren
    kann niemand verwehren
    und macht auch nicht blind.
    Doch der Götter Zorn
    soll sich bohren wie ein Dorn
    in den, der gezeugt dieses Kind.«
     
    Ich sah, dass Maia sich vor Lachen krümmte. Es war das erste Mal, seit ich ihr die Nachricht von ihrer Witwenschaft überbringen musste, dass sie reine, spontane Heiterkeit zeigte. Das war Rutilius Gallicus ihr schuldig.
    Inzwischen war das Publikum so dankbar für etwas Kurzes, dass es vor Begeisterung brüllte.
    Der Abend hatte sich hingezogen. Die Leute lechzten danach, sich in Weinschenken oder Schlimmeres zu verziehen. Rutilius wurde von seiner altmodischen Frau und seinen unerwartet anständigen Freunden davongetragen. Wir fanden noch die Zeit, einander zu versichern, dass unser Abend gut gelaufen war, aber er lud mich nicht ein, den Triumph mit ihm in seinem Heim zu feiern. Das war in Ordnung, so blieb es mir erspart, ihn in meines einzuladen.
    Ich machte mich auf den Spott meiner eigenen Familie und Freunde gefasst. Den Schriftstellerkreis übersah ich geflissentlich, als sie in ihren ausgelatschten Sandalen davonwatschelten, zurück in ihre Dachkammern, um sie mit ihrem sauren Schweiß zu erfüllen. Petronius Longus drängte sich rücksichtslos an ihnen vorbei. »Wer zum Hades war dieser öde Dingsbums, den ihr zwei für die Eloge eingeladen habt?«
    »Wirf uns das nicht vor.« Ich schaute dem selbstgefälligen Geschäftsmann böse nach, als er inmitten seiner Klienten davonschlenderte. »Wenn ich wüsste, wer das war, würde ich es einrichten, ihn an einem netten, ruhigen Ort zu treffen, und ihn umbringen!«
    Als Privatschnüffler hätte ich wissen müssen, dass man so etwas Dummes nicht sagt.

IV
     
     
    »Merkwürdige Frau, deine Schwester«, sinnierte Petronius Longus am nächsten Tag.
    »Sind sie das nicht alle?«
    Petronius war fasziniert von Maias frechem Vers. Helena musste ihm erzählt haben, wer ihn wirklich geschrieben hatte. Zumindest hatte ihn das davon abgehalten, meine dichterischen Leistungen zu verspotten. Da er jetzt dienstfrei hatte, war er auf dem Heimweg zu einem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher