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Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens
Autoren: Lindsey Davis
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gemeine Volk zu mischen, aber darauf achtet, dass ihre Aura nicht verunreinigt wird. Anacrites fand allerdings keinen Platz mehr auf der Marmorbank, hockte sich ihr zu Füßen und sah aus wie etwas Unappetitliches, in das sie getreten war und jetzt nicht mehr von ihrer Sandale abbekam.
    »Wie ich sehe, hat deine Mutter ihre zahme Schlange mitgebracht!« Mein bester Freund Petronius Longus hatte es nicht deichseln können, als Ermittlungschef der Vierten Kohorte der Vigiles für diesen Abend dienstfrei zu bekommen, aber das hielt ihn nicht davon ab, sich einfach dünnzumachen. Er kam in Arbeitskleidung – solide braune Tunika, schwere Stiefel und ein Schlagstock –, als würde er ein Gerücht überprüfen, dass es hier Ärger gab. Das dämpfte die Stimmung ziemlich.
    »Petro, hier geht es heute Abend um Liebesgedichte, nicht um ein republikanisches Komplott.«
    »Du und dein Konsulkumpel stehen auf einer geheimen Liste möglicher Aufrührer.« Er grinste. So wie ich ihn kannte, konnte das sogar stimmen. Womöglich hatte Anacrites die Liste zur Verfügung gestellt.
    Wenn die Zweite Kohorte, die für diesen Teil der Stadt zuständig war, ihn hier bei der Schwarzarbeit erwischte, würde er eins aufs Dach kriegen. Das kümmerte Petro nicht. Er war in der Lage, ihnen selbst kräftig eins aufs Dach zu geben.
    »Du brauchst einen Rausschmeißer an der Tür«, meinte er, postierte sich an der Schwelle und zückte bedeutungsvoll seinen Schlagstock, als eine Gruppe Fremder hereinströmte. Ich hatte sie bereits wegen ihrer seltsamen Mischung unansehnlicher Haarschnitte und unförmigen Schuhwerks bemerkt. Ich hörte ein paar schrille Töne und roch schlechten Atem. Keine dieser merkwürdigen Gestalten hatte ich eingeladen, und sie sahen nicht so aus, als fände Rutilius Gallicus Gefallen an ihnen. Ja, er hastete sogar mit verärgertem Gesicht hinter ihnen her, konnte sie aber offensichtlich nicht aufhalten.
    Petronius stellte sich ihnen in den Weg. Er erklärte, dies sei eine Privatveranstaltung, und fügte hinzu, dass wir, hätten wir die breite Bevölkerung hier haben wollen, Karten verkauft hätten. Die plumpe Erwähnung von Geld schien Rutilius noch peinlicher zu sein; er flüsterte mir zu, dass er meinte, die Männer gehörten zu einem Schriftstellerkreis, der von einem modernen Literaturmäzen gefördert wurde.
    »Wie aufregend! Sind Sie gekommen, um zu hören, was gute Dichtkunst ist, Herr – oder um uns mit Zwischenrufen zu nerven?«
    »Wenn ihr meint, hier gibt’s kostenlosen Wein, habt ihr euch geschnitten«, warnte Petronius sie mit lauter Stimme. Intellektuelle waren für ihn nur Prügelknaben. Freunden der Literatur begegnete er mit Misstrauen. Er hielt sie alle für Schnorrer – genau wie die meisten Gauner, mit denen er zu tun hatte. Was stimmte.
    Der Mann, der sie mit Taschengeld versorgte, schien gerade anzukommen, denn die Gruppe richtete ihre Aufmerksamkeit auf ein plötzliches Gedränge weiter oben auf der Rampe. Der Mäzen, vor dem sie katzbuckelten, schien der zudringliche Typ mit dem griechischen Bart zu sein, der versuchte, sich einem dickbäuchigen, desinteressierten jungen Mann in den Zwanzigern aufzudrängen, den ich ohne weiteres erkannte.
    »Domitian Cäsar!« , hauchte Rutilius, absolut überwältigt.

III
     
     
    Helena trat mich, als ich fluchte. Meine Verärgerung lag nicht bloß daran, dass ich feinfühlige Lyrik schrieb, die sich meiner Meinung nach nur für den Vortrag in intimem Kreise eignete, und auch nicht an meinen verleumderischen Satiren. Ein Aufflackern kaiserlicher Aufmerksamkeit war mir heute Abend durchaus nicht willkommen. Ich würde meine Schriftrolle zensieren müssen.
    Domitian und ich hatten ein schlechtes Verhältnis. Ich konnte ihn ins Unglück stürzen, und er wusste das. Das ist keine ungefährliche Position bei Inhabern höchster Macht.
    Vor ein paar Jahren, während der chaotischen Zeit, als wir ständig die Kaiser wechselten, waren viele Dinge passiert, die später unglaublich erschienen; nach einem brutalen Bürgerkrieg grassierten die scheußlichsten Komplotte. Mit zwanzig war Domitian in schlechte Gesellschaft geraten, und es mangelte ihm an Urteilsvermögen. Und das war noch freundlich ausgedrückt – wie sein Vater und Bruder es taten, selbst als das Gerücht aufkam, er hätte sich gegen sie verschworen. Sein Pech war, dass am Ende ich als derjenige Agent hinzugezogen wurde, der die Sache aufzuklären hatte. Was natürlich genauso mein Pech war.
    Ich
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