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Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens
Autoren: Lindsey Davis
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Plätzchen zum Herumlümmeln für den Patron und seine Vertrauten gedacht. Es mochte sogar als Kaskade entworfen worden sein – doch falls dem so war, hatten Rutilius’ Geldmittel nicht ausgereicht, das Wasser für diesen Abend anzustellen.
    Wir konnten auch ohne das auskommen. Es gab genug anderes zur Ablenkung des Publikums. Die Ausstattung war hinreißend. All die rechteckigen Wandnischen waren mit herrlichen Gartenszenen bemalt – kniehohe gekreuzte Spaliere, alle mit Ausbuchtungen, in denen eine Urne, ein Springbrunnen oder ein besonderer Baum stand. Es gab zarte Blumenbeete, alle wunderschön gemalt, zwischen denen Vögel herumflogen oder aus Brunnenschalen tranken. Der Maler hatte einen erstaunlichen Strich. Seine Palette basierte auf verschiedenen Blautönen, Türkis und subtilen Grüntönen. Es war ihm gelungen, die Fresken so realistisch wirken zu lassen wie den tatsächlichen Garten, den wir durch die weit geöffneten Türen gegenüber der Apsis sehen konnten. Ein Blick, der sich über die üppig begrünte Terrasse bis zu den fernen Albanerbergen erstreckte.
    Helena pfiff durch die Zähne. Mich überlief ein Angstschauer, dass sie diese Art von Kunst auch in unserem neuen Haus haben wollte. Sie erriet meine Gedanken und lächelte.
    Sie hatte mich so hingestellt, dass ich die Gäste begrüßen konnte. (Rutilius drückte sich immer noch im äußeren Portikus herum, in der Hoffnung, dass Domitian Cäsar unsere Zusammenkunft beehren würde.) Das bewahrte mich zumindest davor, meinen Gefährten beruhigen zu müssen. Er wirkte gelassen, aber Helena meinte, er sei innerlich vor Angst ganz aufgewühlt. Manche Leute müssen sich schon bei dem Gedanken an einen öffentlichen Auftritt übergeben. Ein Exkonsul zu sein, verlieh keine Garantie für einen Mangel an Schüchternheit. Schneid gehörte seit den Tagen der Scipios nicht mehr zum Berufsbild. Heutzutage musste man nur jemand sein, dem der Kaiser einen billigen Gefallen schuldig war.
    Freunde des favorisierten Rutilius trafen allmählich ein. Ich hatte schon gehört, wie ihre lauten Oberschichtstimmen ihn aufzogen, bevor sie heruntergeschlendert kamen. Sie strömten herein und schlenderten weiter, ohne mich zu beachten, und begaben sich dann automatisch zu den besten Plätzen. Inmitten einer Gruppe Freigelassener kam eine pummelige Frau herein, die ich als seine Ehefrau erkannte, mit steifer, gekräuselter Hochfrisur und für den Abend ordentlich herausgeputzt. Sie schien zu überlegen, ob sie mich ansprechen sollte, beschloss aber stattdessen, sich Helena vorzustellen. »Ich bin Minicia Paetina. Wie schön, Sie hier zu sehen, meine Liebe …« Sie beäugte den Sittsamkeitsvorhang, woraufhin Helena ihr rundheraus abriet, sich dahinter zu setzen. Minicia schaute schockiert. »Oh, ich würde mich vielleicht wohler fühlen, wenn ich nicht den Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt bin …«
    Ich grinste. »Heißt das, Sie haben Ihren Mann schon früher lesen hören und wollen nicht, dass die Leute sehen, was Sie davon halten?«
    Die Frau von Rutilius Gallicus warf mir einen Blick zu, der meine Magensäfte gerinnen ließ. Diese Leute aus dem Norden wirken auf uns in Rom Geborene oft sehr kalt.
    Klinge ich eingebildet? Olympus, das tut mir aber Leid.
    Meine eigenen Freunde kamen spät, doch wenigstens kamen sie diesmal überhaupt. Meine Mutter war die Erste, eine kleine misstrauische Gestalt, die sofort mit finsterem Blick den Marmorboden betrachtete, der ihrer Meinung nach besser gewischt gehörte, bevor sie mir, ihrem einzigen noch lebenden Sohn, ihre Zuneigung zeigte. »Ich hoffe, du machst dich nicht zum Narren, Marcus!«
    »Danke für dein Vertrauen, Mama.«
    Sie wurde von ihrem Untermieter begleitet, Anacrites, meinem ehemaligen Partner und Erzfeind. Von diskreter Gepflegtheit, hatte er sich einen der schmissigen Haarschnitte zugelegt, die er bevorzugte, und trug jetzt einen protzigen Goldring, um allen zu zeigen, dass er in den mittleren Rang aufgestiegen war (mein Ring, den Helena mir gekauft hatte, war einfach nur hübsch).
    »Wie läuft’s mit der Schnüffelei?«, höhnte ich, wobei mir natürlich bekannt war, dass er am liebsten so tat, als wüsste niemand, dass er der Oberspion des Palastes war. Er überging die spitze Bemerkung und führte Mama zu einem der besten Plätze, mitten unter Rutilius’ hochnäsigsten Anhängern. Da saß sie, kerzengerade, in ihrem besten schwarzen Kleid, wie eine strenge Priesterin, die sich gestattet, sich unter das
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