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Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens
Autoren: Lindsey Davis
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Veranstaltung beleben würde. Wenn ja, würde sie meine Verbindung zu Rutilius durchschauen? Maia war die Kluge in unserer Familie. Wenn ihr klar wurde, dass ich gemeinsam mit dem Mann las, der ihren verstorbenen Mann verurteilt hatte, was würde sie ihm dann antun – oder mir?
    Besser, ich dachte nicht darüber nach. Ich hatte genug Sorgen. Schon einmal hatte ich versucht eine öffentliche Lesung zu veranstalten, aber aufgrund eines Missgeschicks bei der Werbung war niemand erschienen. Offenbar hatte am selben Abend ein rauschendes Fest stattgefunden. Alle, die ich eingeladen hatte, ließen mich im Stich. Jetzt fürchtete ich mich vor noch mehr Beschämung, war aber trotzdem entschlossen, meinem engsten Freundes- und Familienkreis zu beweisen, dass die Liebhaberei, die sie verspotteten, gute Ergebnisse hervorbringen konnte. Als Rutilius mir gestand, er würde ebenfalls dichten, und diese Lesung vorschlug, hatte ich erwartet, dass er dafür vielleicht seinen eigenen Garten zur Verfügung stellen würde, für eine kleine Gruppe vertrauenswürdiger Bekannter, denen wir in der Abenddämmerung ein paar gemurmelte Hexameter vortragen würden, begleitet von Süßigkeiten und mit viel Wasser verdünntem Wein. Aber er war derart ehrgeizig, dass er loszog und Roms elegantesten Saal mietete, das Auditorium in den Gärten des Maecenas. Ein exquisiter Ort, in dem die Echos von Horaz, Ovid und Virgil herumspukten. Um dem Ganzen Ehre zu machen, erfuhr ich, dass die persönliche Gästeliste meines neuen Freundes von seinem anderen lieben Freund Domitian angeführt wurde.
    Ich stand an der äußeren Schwelle des Auditoriums, eine ganz neue Schriftrolle unter den Arm geklemmt, als mein Kumpel mir stolz diese Nachricht verkündete. Wie er sagte, gehe sogar das Gerücht, dass Domitian Cäsar auftauchen werde. Gute Götter.
    Es gab kein Entkommen. Alle Speichellecker von Rom hatten die Nachricht vernommen, und die sich hinter mir drängende Menge ließ mir keine Möglichkeit, mich zu verdrücken.
    »Was für eine Ehre!«, höhnte Helena Justina, während sie mich mit der flachen Hand zwischen meinen plötzlich schweißnassen Schulterblättern die berühmte geflieste Eingangsrampe runterschob. Es gelang ihr, ihre Brutalität mit einem gleichzeitigen Zurechtrücken ihrer feinen, mit geflochtenen Borten verzierten Stola zu überdecken. Ich hörte zartes Geklimper von den vielen Goldplättchen ihrer Ohrringe.
    »Was machst du da mit mir? Nüsserollen?« Die Rampe war sehr steil. Mumienartig in meine Toga gewickelt, schlitterte ich die lange Schräge hinunter wie eine Haselnuss bis zu dem großen Durchgang ins Innere. Helena schob mich direkt hindurch. Mich überkam Nervosität. »Oh, schau mal, Liebste, man hat einen Sittsamkeitsvorhang aufgehängt, hinter dem sich die Frauen verbergen sollen. Zumindest kannst du dort einschlafen, ohne dass es jemand merkt.«
    »Ich geb dir gleich Nüsserollen«, erwiderte die wohlerzogene Senatorentochter, die ich manchmal wagte meine Frau zu nennen. »Wie altmodisch! Wenn ich ein Picknick mitgebracht hätte, würde ich mich vielleicht dahinter zurückziehen. Da mich niemand vor dieser Abscheulichkeit gewarnt hat, Marcus, werde ich in aller Öffentlichkeit sitzen und bei jedem deiner Worte entzückt lächeln.«
    Ich brauchte ihre Unterstützung. Aber abgesehen von meiner Nervosität staunte ich jetzt mit offenem Mund über die Schönheit der Lokalität, die sich Rutilius Gallicus für unser großes Ereignis unter den Nagel gerissen hatte.
     
    Nur ein außergewöhnlich reicher Mann mit einer Neigung für die Vermischung von Literatur mit üppigen Banketts konnte es sich leisten, diesen Pavillon zu bauen. Ich war noch nie im Inneren gewesen. Als Veranstaltungsort für zwei Amateurdichter war es lächerlich. In hohem Maße übertrieben. Unsere Stimmen würden widerhallen. Die Hand voll unserer Freunde würde jämmerlich aussehen. Wir konnten von Glück sagen, wenn wir es überstehen würden.
    Im Inneren hätte man glatt eine halbe Legion unterbringen können, einschließlich der Belagerungsartillerie. Die Decke schien hoch über dem herrlich proportionierten Saal zu schweben, an dessen Ende sich eine Apsis mit traditionellen marmorverkleideten Stufen befand. Maecenas musste einen eigenen Marmorbruch besessen haben. Die Böden und Wände, die Umrandungen und Simse der zahllosen Nischen in den Wänden waren mit Marmor ausgekleidet. Das Halbrund über den Stufen zur Apsis war vermutlich als prächtiges
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