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Tochter des Drachen

Tochter des Drachen

Titel: Tochter des Drachen
Autoren: Ilsa J.Bick
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schlechtere Beweggründe gibt, aber ich möchte doch glauben, dass noch etwas mehr dahintersteckt. Wie dem auch sei, ich habe meinen Weg gewählt und beanspruche Planeten für den Drachen. Manch einer mag glauben, ich sei verrückt geworden, eine Macht von der Größe des Koordinators herauszufordern.
    Und falls Vincent Kurita meinen Tod fordert? Dann gehorche ich. Mit Freude. Denn dann wäre ich endlich zu Hause. Ich wäre wieder jemandes Tochter, nicht die Tochter eines Geistes oder einer Erinnerung, sondern eines echten Vaters aus Fleisch und Blut: eine Tochter des Drachen.
    Ludwig-System, Nadirsprungpunkt Militärdistrikt Benjamin, Draconis-Kombinat
    7. Oktober3134 Katana Tormark.
    Marcus war nicht sicher, was er zuerst tun sollte: ein Fenster einschlagen oder seinen Bruder umbringen. Beides war unmöglich. Zum einen waren die Fenster oder Luken oder Bullaugen, oder wie auch immer sie unter Raumfahrern hießen, aus dreifach gehärtetem Panzerglas und nahezu unverwüstlich. Zum Zweiten und endlos Wichtigeren war es sehr viel wahrscheinlicher, dass Jonathan ihn vorher umbrachte, nicht, weil Jonathan unbedingt stärker oder verschlagener gewesen wäre, sondern einfach, weil Jonathan zwei funktionierende Beine und erheblich mehr Übung besaß. Also drehte sich Marcus stattdessen um und starrte hinaus in das tödliche, schweigende, das wunderbare All.
    Von außen gesehen unterschied sich sein persönliches Sprungschiff in nichts von anderen Schiffen der Magellan-Klasse: ein stämmiger Zylinder mit einem großen Kopf und sechs kapselförmigen Brennstofftanks. Nichts Besonderes. Sofern man die Fenster übersah. Die waren teuer. Marcus war fast so reich wie Jacob Bannson, aber während Bannson seine Milliarden für sein Streben nach dem Heiligen Gral der Respektabilität ausgab, kaufte sich Marcus damit, was für die Rache nötig war: Diskretion.
    Im Innern strotzte die Omega vor Reichtum. Abgesehen vom Fehlen eines Gravdecks, das Marcus nicht im Mindesten vermisste, sowie des leider notwendigen Bordlazaretts war das Schiff eine einzige prächtig ausgestattete Wohnung, die von einem Ende bis zum anderen reichte. Auf allen Decks befanden sich am >Boden< Schreibtische mit Computerkonsolen, beleuchtet von UV-freien Vollspektrumlampen in der >Decke<. Auf Haftflächen lagen dicke, handgeknüpfte Shirarateppiche. Möbel aus Teak und Kirschbaumholz waren am Boden befestigt. Die Bettwäsche bestand aus Satin. Marcus besaß sogar eine echte Bibliothek, mit richtigen Büchern in Ledereinbänden, mit marmorierten Seitenkanten und Goldprägung. Sie waren mehr wert als ihr Gewicht in Platin und mit eigens angefertigten Haltebändern an Ort und Stelle befestigt. Marcus verbrachte Stunden damit, im Gefühl des kühlen, glatten Leders unter seinen Händen zu schwelgen. Und das Panzerglas, ganze Sektionen der Bordwand bestanden aus eleganten, transparenten Kurven, die buttergelb leuchteten oder Millionen diamantharter Sterne zeigten, winzige Brillanten auf schwarzem Samt.
    Jetzt starrte Marcus hinaus - und sein Spiegelbild starrte zurück. Der Weltraum war gut zu ihm gewesen, ganz im Gegensatz zum Leben. Mit vierundfünfzig Jahren hatte er noch immer ein hageres Wolfsgesicht mit hohen Jochbeinen und tiefschwarzen Augen, die ihn zehn Jahre jünger machten. Er trug das kamelblonde Haar militärisch kurz geschoren. Dadurch, dass er sich die meiste Zeit in der Schwerelosigkeit aufhielt, war er den Folgen der Schwerkraft entkommen, die das Gesicht anderer Menschen wie Knetmasse nach unten zog. Seine Schultern waren breit, die Arme massige Muskelbündel, sein Bauch flach wie ein Waschbrett und die Hände kräftig genug, um Walnüsse zu knacken.
    Doch so gut der Weltraum auch zu Marcus gewesen war, mit Jonathan hatte es die Zeit noch besser gemeint. Marcus' mürrischer Blick glitt hinüber zum Spiegelbild seines jüngeren Bruders, der mit kaum erträglicher Nonchalance auf der anderen Seite des Zimmers schwebte. Jonathan war mehr als nur gut aussehend. Er war schön. Sinnliche Lippen, eine prächtige schwarze Haarmähne mit silbernen Strähnen, die in der Schwerelosigkeit lächerlich wirkte, unter Schwerkrafteinfluss aber seidig auf die Schultern fiel, und halb geschlossene, rauchgraue Augen, in denen das Versprechen sexueller Freuden lag. Selbst vor dem Unfall war Jonathan einen Viertelmeter größer gewesen, und er bewegte sich mit der geschmeidigen Eleganz eines Leoparden.
    Marcus verzog das Gesicht. »Warum bestehst du darauf, Risiken
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